Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Sonntag, 23. Oktober 2016

Tag 7 Review: Attack on Titan - Part 1




Trailer

Aus lizenzrechtlichen Gründen nicht verfügbar




Japan 2015

Attack on Titan - Part 1
Originaltitel: Shingeki no kyojin
Vorlage: Hajime Isayama (Manga)
Regie: Shinji Higuchi
Darsteller: Haruma Miura, Kiko Mizuhara, Kanata Hongo, Jun Kunimura, Hiroki Hasegawa
Laufzeit: Circa 98 Minuten
Genre: Action, Horror, Endzeit-Drama
Deutscher Verleih: AV Visionen
Veröffentlichung: 24.02.2017
FSK: Ab 16


Weltweit feierte Hajime Isayamas düsterer Manga Attack on Titan (Shingeki no Kyojin in Japan) Erfolge. Diesen regelrechten Hype zu krönen, dafür sorgte anschließend noch die gleichnamige Anime TV-Serie, die im nächsten Jahr in Japan eine lang ersehnte zweite Staffel erhält. Die Fragen wurden schnell lauter, wann denn endlich die Live-Action Verfilmung in die japanischen Kinos kommen sollte. Nicht wenige machten sich dabei jedoch sorgen, die Japaner könnten überfordert mit einer Verfilmung sein, da besonders im Bereich Spezialeffekte nicht unbedingt die größten Stärken der Japaner liegen. Was allerdings viel mehr mit dem meist wesentlich geringerem Budget (im Vergleich zu Hollywood oder auch anderen Ländern) für die Filme zusammenhängt als der Mangel an fähigen Leuten, die mit Spezialeffekten umgehen können. Eine kleine Kostprobe, wie die Japaner eine mögliche Verfilmung von Attack on Titan handhaben, konnte man bereits 2014 in einem kurzen Werbespot einer bekannten japanischen Automarke entdecken. Man kann davon ausgehen, dass die gleiche Technik, die man später für den Film einsetzte, vorher für diesen Werbespot verwendet wurde.



 
(Werbespot wird für "Am Meer ist es wärmer" nicht zu Werbezwecken und nur als Zusatzmaterial für die Besprechung verwendet)





Das erste Material für den ersten Abendfüllenden Attack on Titan Spielfilm ließ dann nicht lange auf sich warten. Geplant hatte man einen Zweiteiler, der weniger auf Isayamas bekannter Vorlage basiert, als viel mehr von einem Original-Script Gebrauch macht und lediglich einige Charaktere und das Grundkonzept aus dem Manga übernimmt. Theoretisch optimale Voraussetzungen, wenn man bedenkt, wie umfangreich das Material rund um Manga/Anime doch ist. Eine Entscheidung, die eingefleischte Fans vermutlich nicht begrüßen, aber für ein rundes Filmerlebnis sicherlich nicht die schlechteste Wahl, was eine Adaption angeht. Dafür muss man dann aber zusehen, eine brauchbare Geschichte zu schreiben, die die Zuschauer über 2 Filme lang fesselt. Ist der Attack on Titan Verfilmung dieses Wagnis gelungen? Ich wills nicht weiter ausschmücken und die Frage mit "Nein" beantworten. Attack on Titan - Part 1 mag kein Rohrkrepierer sein, da gibt es ganz andere japanische Live Action Produktionen bekannter Manga, die gleich mehrere Ligen unter Attack on Titan spielen, allerdings ist diese Adaption nach freier Interpretation auch alles andere als gelungen oder sehenswert.

Die ersten 30 Minuten folgen relativ strikt (mit Ausnahme der Familienverhältnisse und den Charaktereigenschaften einiger Protagonisten) der Originalvorlage. Eren und Co. sind von Beginn an bereits junge Erwachsene, Eren selbst ist ein bisschen zu sehr von sich überzeugt und die Motivationen der Charaktere unterscheiden sich ebenfalls von den Vorbildern aus der Originalvorlage. Nach einer Weile greift der große Titan an, reißt ein Stück der Mauer nieder, der letzten großen Festung der Menschheit vor den menschenfressenden Titanen, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Schon danach folgt die Verfilmung ihrer eigenen Geschichte, die weder originell, noch mitreißend ist, dafür jedoch häufig mal konfus und auch als relativ stirnrunzelnd anzusehen ist. Das größte Problem ist nicht nur das Script an sich, welches man als relativ dünn bezeichnen kann, auch die Darsteller sind alles andere als überzeugend. Eren Darsteller Haruma Miura kann das über-dramatische Overacting nicht sein lassen, Mikasa Darstellerin Kiko Mizuhara (unter anderem zu sehen als Midori in der Adaption zu Haruki Murakamis "Norwegian Wood") scheint ebenfalls überfordert mit ihrer Rolle zu sein. Schuld daran ist jedoch nicht Kiko Mizuhara sondern viel mehr eine unausgegorene Charakterentwicklung. Besonders darunter leiden musste letztendlich Mikasa selbst, wo man mit Fug und Recht behaupten kann, die Autoren haben absolut nicht verstanden, wie man diesen Charakter umsetzt. Eine derartige Entgleisung fällt Kennern des Originals sofort auf, Zuschauer, die mit der Verfilmung zum ersten mal etwas von Attack on Titan sehen, denen wird vermutlich nur auffallen, wie seltsam unsympathisch dieser Charakter (wie so ziemlich die meisten Figuren in diesem Film) ist.




Die größte Sorge, die Spezialeffekte, hat man relativ solide hinbekommen. Etliche Hintergründe sind wenig ansehnlich, da man die CGI-Effekte sofort bemerkt. Der große Titan, der leider nur einen sehr kurzen Auftritt hat, sieht schon sehr authentisch aus. Die kleineren Titanen variieren von einfallsreich bis weniger gut. Auch in diesem Bereich werden sich viele Zuschauer vermutlich mehr gewünscht haben, jedoch ist zu weiteren Eskapaden wohl nur Hollywood selbst fähig. Die Action-Szenen sind ebenfalls noch relativ gut choreografiert. Vom technischen Aspekt her kann man Attack on Titan durchaus als oberes Mittelmaß ansehen.

Regie führte Shin Godzilla Co-Regisseur Shinji Higuchi. Ein alter Weggefährte von Evangelion-Schöpfer Hideaki Anno (mit dem er letztendlich gemeinsam Regie beim neuen Godzilla führte). 
Fürs Writing engagierte man den durchaus bekannten Yusuke Watanabe (Gantz) und Tomohiro Machiyama. Das erste, was an den Änderungen rund um das Szenario auffallen dürfte: Die Autoren trennten sich von den Nachnamen der Protagonisten. Die kultigen deutschen Nachnamen wie "Jäger" oder "Ackerman" findet man in dieser Verfilmung nicht mehr vor, die Charaktere werden nur noch mit ihren Vornamen angesprochen. Auch wurden relativ viele japanische Ortsnamen eingebaut, was ebenfalls für die Reihe recht ungewöhnlich ist, da das Setting definitiv europäisch, und nicht japanisch ist. Dies dürfte aber der Live Action Verfilmung per se geschuldet sein, denn alle Darsteller sind durchweg ostasiatischer Herkunft (vielleicht hätte man dann aber auch "Armin" noch umbenennen sollen). Tatsächlich funktioniert bei dieser Verfilmung so einiges nicht, wie es sollte. Bester Beweis ist dafür noch der Song, der während des Abspanns läuft.


Deutsche Veröffentlichung

Für die deutsche Version ist AV Visionen verantwortlich. Hierhinter stecken vermutlich Kaze und/ oder Koch Media. Ende September lief der Film in einer etwas größeren Kinoauswertung einmalig während der Kaze Anime Night. An der deutschen Vertonung gab es sicherlich nichts auszusetzen. Besser macht sie den Film jedoch nicht, man wird vermutlich einfach nur ein wenig mehr von Haruma Miuras Overacting verschont bleiben. Trotz seines recht hohen Anteils an Gewalt/Splatter hat der Film von der FSK den "Ab 16" Segen erhalten (ähnliche Geschichte wie bei dem Zweiteiler zu Gantz). Am 24. Februar 2017 kann der Film dann auch fürs Heimkino erworben werden.


Fazit:

Meine Vorfreude auf Part 2 hält sich arg in Grenzen. Gegen Ende folgt die Verfilmung wieder etwas mehr dem ursprünglichem Material und prompt hat auch das Finale des ersten Teils an Fahrt gewonnen. Aus meiner anfänglichen Begeisterung, eine eigenständige Geschichte könnte dem Film zugute kommen, hat sich leider Enttäuschung entwickelt. Solide Technik wird begleitet von einem schwachen Script, mäßigen Darstellern und einigen teils haarsträubenden Dialogen und Situationen. Hier hätte man vielleicht doch darauf setzen sollen, sich etwas mehr an die Vorlage zu halten, denn gleich mehrmals steuert die Verfilmung auf eine Sackgasse zu. Was bleibt ist eine mäßige Live Action Verfilmung, der es so ziemlich an allem mangelt, was die Vorlage so bekannt machte. 

Ob neutrale Zuschauer hier ihre Freude haben werden, auch die Frage ist schwer zu beantworten. Nicht selten driftet die Geschichte in einige seltsame Momente ab die von sehr abstrusen Szenen begleitet wird. Auch für die neutralen Zuschauer wird der Mehrwert dieses Filmes sich wohl als relativ gering erweisen.

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