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Sonntag, 12. November 2023

Lost Media: Der verlorene Zeichentrickfilm zu Asterix und die goldene Sichel

 



Erst vor wenigen Wochen erschien mit "Asterix und die Weiße Iris" das neuste Asterix-Album Nummer 40, erstmals getextet vom neuen Schreiber Fabcaro (Fabrice Caro). Doch kehren wir zurück ins Jahr 1962, als das zweite offizielle Asterix-Abenteuer (bei uns erst als fünfter Band erschienen) in Frankreich erschienen ist: "Asterix und die goldene Sichel" (Astérix et la Serpe d'Or). Im direkten Vergleich zum Erstling "Asterix der Gallier" etablierte das zweite Abenteuer bereits etliche bekannte Stilmittel, die die Comicreihe über Jahrzehnte noch prägen sollten. Allen voran war es das erste Abenteuer, wo Obelix als zweiter Hauptcharakter neben Asterix etabliert wurde.

Als 1967 die erste Zeichentrick-Adaption zu einem Asterix-Album erschienen ist (Asterix der Gallier), waren die beiden Asterix-Schöpfer Goscinny und Uderzo außer sich. Der Film ist ohne irgendeine Kontaktaufnahme zu den beiden Machern der Comics entstanden und beide erfuhren von der Existenz des Filmes erst kurz vor dessen Fertigstellung. Der Film entstand mithilfe des Comicverlags Dargaud (benannt nach seinem Gründer Georges Dargaud) und für die Animationen zeichnete sich das Studio Belvision aus. Das Fazit von Goscinny und Uderzo fiel bei einer Testvorführung mehr als verhalten aus und beide waren sich einig darüber, so sollen zukünftige Asterix-Adaptionen nicht aussehen.

Was den beiden zu dem Zeitpunkt da schon klar gewesen sein muss, es war nahezu komplett die Filmadaption zum zweiten Album abgeschlossen sowie bereits ein dritter Film in Auftrag gegeben, der später als "Operation Hinkelstein" bekannt werden würde, was jedoch erst viele Jahre später (1989) und nach dem Tod von Goscinny realisiert wurde. Die Verfilmung zu "Die goldene Sichel" sollte mit rund 68 Minuten eine originalgetreue Umsetzung des Comics werden und war laut Aussagen der Verantwortlichen weit in der Produktion fortgeschritten. Erneut war Belvision für die Animationen verantwortlich, diesmal fiel das Fazit der beiden Schöpfer aber noch gnadenloser aus. Goscinny und Uderzo sollen außer sich gewesen sein. Etliche Dekaden später wurde Uderzo noch einmal nach der verworfenen Adaption gefragt worden sein und schmunzelnd soll dieser beteuert haben, dass die Animationsqualität des Films unterirdisch war.

Goscinny und Uderzo ordneten bei ihrem Verleger Dargaud an, sämtliches Material zur Verfilmung zu beseitigen, der anschließend den kritischen Schöpfern gegenüber nachgab.

Es heißt, bis auf einige wenige Negative, die präserviert werden konnten (und in Belgien auf einer Ausstellung namens "Astérix: le Monde Miroir" vorgestellt wurden), sei von dem fertiggestelltem Material nichts mehr übrig geblieben. Zudem muss man bedenken, die komplette Produktion war schon damals noch nicht zu 100% abgeschlossen und der Film wurde vor seiner Fertigstellung bereits abgesägt.

Ob es nicht wirklich noch irgendwo bewegtes Material gibt, kann man nicht mit Gewissheit sagen. Aber bedenkt man, wie ernst es dem Duo war, kann man davon ausgehen, dass diese verlorene Adaption waschechtes Lost Media Material ist.

Die Frage, ob man sich noch einmal an eine Adaption wagen wird, steht ebenfalls in den Sternen. Die meisten der 40 Asterix-Comics wurden nie adaptiert. Und die vorhandenen Adaptionen sind häufig Eigenkreationen die entweder lose auf mehreren Comic-Abenteuern basieren oder komplett aus Originalmaterial bestehen, wie auch schon die neuen 3D animierten Filme, wo lediglich zu Beginn "Asterix und die Trabantenstadt (2014)" relativ authentisch der Comic adaptiert wurde. Da aber besonders die neuen Filme auf Spielfilmlänge setzen und die Comics mit ihren 45-47 Seiten pro Album nur selten genug Material für einen kompletten Spielfilm bieten ohne Lückenfüller-Material einbauen zu müssen, sind weitere originalgetreue Adaptionen der Comics eher auszuschließen.

Aber das soll die Sache nicht schmälern, immerhin kann das wundervolle Original als Comic weiterhin druckfrisch genossen werden. Und durch die vielen Filme kann man sich zumindest seine Lieblingsstimmen aus den deutschen Synchronfassungen zu den Textblasen denken!



 


Alle Bilder stammen aus der Lost Media Wiki. Dort ist zudem noch ein kompletter Artikel zur Adaption (auf Englisch) sowie weiteres seltenes Bildmaterial verfügbar: Lost Media Wiki Eintrag (Link öffnet ein separates Fenster)


Nachtrag 17.11
Wenn schon, dann auch richtig! Als ich gerade in meine eigene kleine Asterix-Sammlung geblickt habe, habe ich sehr häufig auf den Covern von ein paar Sonderausgaben "Dargaud" gelesen. Hierbei handelte es sich nie um die Filmproduktionsfirma, die die Rechte an den Filmumsetzungen besaßen, Dargaud, benannt nach seinem Gründer George Dargaud, ist der Verleger der Asterix Comics in Frankreich und übernahm später das wohl bekannteste Comic-Magazin Frankreichs, Pilote.
Für die Ungereimtheiten bitte ich zu entschuldigen, der Text wurde bereits angepasst. Getrennt hat man sich vom Animationsstudio Belvision.

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