Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Donnerstag, 30. Mai 2013

Ein Hauch von Westeros in Dortmund: Das George R.R. Martin Event


In 12 großen Städten macht das von Blanvalet veranstaltete Event rund um George R.R. Martin in Deutschland halt. Das heißt also, 12 mal kehrt die Welt von Westeros in deutsche Buchhandlungen, Kinos und sogar Burgen ein. Der große Meister selbst bleibt dabei aber daheim. Was vielleicht auch gut so ist, denn er hat ja auch noch eine Aufgabe zu erfüllen. Trotzdem, oder gerade vielleicht deshalb, war dieser Ausflug nach Westeros, die Heimat von Das Lied von Eis und Feuer, nicht nur interessant, sondern auch sehr informativ.



Ich hatte das Vergnügen, in Dortmund dabei sein zu dürfen. Und wurde dabei auch noch ganz persönlich vom Blanvalet Verlag eingeladen. Trotz all der sorgfältigen Planung die daraus entstanden ist, habe ich Gestern Abend doch eher Hals über Kopf meine Wohnung verlassen. Damit verbunden: Ich hatte weder meine Kamera mit, noch eines meiner Eis und Feuer Exemplare, um am Ende noch ein Autogramm abgreifen zu können. Zumindest konnte mir für einige Fotos meine Begleitung noch ihr Handy leihen (wovon genau 2 Fotos ganz brauchbar geworden sind, und nur eines davon für den Artikel verwenden werde). Ich glaube aber, mein Gedächtnis ist so zuverlässig, dass ich selbst ganz gut beschreiben kann, wie angenehm ein Abend nach 20 Uhr in einer Buchhandlung doch sein kann.

Die drei deutschen Gäste, die für die Diskussion zuständig waren, fand ich ziemlich interessant. Ich gehe mal der Reihe nach, von Links nach Rechts, wie sie Gestern auf dem Event vertreten waren.

Werner Fuchs (Der Herr Links auf dem Titelbild dieses Eintrags) ist Literaturagent und und kann dank jahrzehntelanger Erfahrung ordentlich aus dem Nähkästchen plaudern. Ganz zufällig ist Werner Fuchs aber auch noch ein Freund von George R.R. Martin, was ihn somit als die Stimme des Autors an diesem Abend auszeichnete. Dazu aber später mehr.

Denis Scheck (Der Herr in der Mitte auf dem Titelbild dieses Eintrags), ein Gast, auf den ich mich ganz persönlich sehr gefreut habe. Seit einiger Zeit verfolge ich seine Literatursendung Druckfrisch auf der ARD bereits. Mehrmals habe ich sein Interview mit George R.R. Martin bereits gesehen. Am Ende des meines Artikels werde ich dieses Interview noch präsentieren. Denis Scheck ist durch sein lockeres Mundwerk und ein nicht minder beachtliches Vokabular der perfekte Gastgeber für solch eine Veranstaltung.

Tom Wlaschiha (Der Herr ganz Rechts auf dem Titelbild dieses Eintrags) war dann schließlich der Mann, der Westeros bei diesem Event repräsentierte. Tom Wlaschiha spielt in der zweiten Staffel von Game of Thrones die Rolle des Mannes ohne Gesicht, Jaquen H'ghar. Ein Charakter der mich ziemlich faszinierte und auch nach seinem Auftritt ziemlich mysteriös bleibt. Als ich die zweite Staffel im letzten Jahr gesehen habe, wusste ich jedoch gar nicht, dass es sich bei dem Darsteller um einen deutschen Schauspieler handelt. Etwas später verriet mir ein Blick in die IMDb jedoch diese Information. Tom Wlaschiha war jedoch nicht nur aus dem Grund Gast, etwas aus seiner Zeit als Schauspieler in Game of Thrones zu plaudern, sondern er las auch noch aus dem vierten Band von Das Lied von Eis und Feuer vor.

Die Veranstaltung fand statt auf der zweiten Etage der Mayersche Buchhandlung mitten in der Dortmunder Innenstadt. Der Abend, verregnet, kühl und düster. Die noch hell beleuchtete Buchhandlung wies jedoch den Weg und pünktlich um 20:15 betraten die Gäste die Bühne. Und so wie ich das an den vielzähligen Stühlen sehen konnte, war die Veranstaltung auch bis auf den letzten Sitz ausverkauft.

"Ich muss natürlich gestehen, wenn ich sehe, dass ein älterer Herr tausende von Ritterfiguren besitzt, muss ich sagen: Der macht mir schon ein wenig Angst." - Denis Scheck

Die Atmosphäre war locker, entspannt und durch viele Gags auch alles andere als konservativ gehalten. Ein absoluter Brüller war jedoch, als Denis Scheck Tom Wlaschiha fragte, wie man sich als deutscher Schauspieler fühlt, wenn man mal keine Nazi Uniform tragen muss. Hier sei noch anzumerken, dass Tom Wlaschiha in Operation Walküre mitgespielt hat und eben jenes Klischee erfüllte.

Literaturagent Werner Fuchs eröffnete die Diskussion und erzählte einiges aus der Branche, und der Zeit, wo er George R.R. Martin kennengelernt hat. Fuchs kannte Martin bereits als er noch Science-Fiction Romane schrieb und war maßgeblich dafür verantwortlich, dass sein Werk in die deutsche Sprache übersetzt wird. Die beiden Männer hielten damals lediglich Briefkontakt (ja, es gab einmal eine Welt ohne Internet) und lernten sich erst später persönlich kennen. Es entwickelte sich eine Freundschaft. Martins Obsession für das Mittelalter wurde Fuchs schon recht früh bekannt. Bei einem Besuch in Deutschland, besichtigte der Autor sämtliche Burgen und Schlösser. Er wollte einfach alles sehen. Für einen Amerikaner, so Fuchs und Scheck, stellen diese Burgen und Schlösser in Deutschland immer noch eine riesige Faszination dar. Martin war sogar so begeistert, dass er daraufhin Werner Fuchs und einem weiteren Agenten eine Kurzgeschichte widmete. Besser gesagt, Martin hat seine beiden deutschen Agenten als Charaktere in eine seiner Geschichten verewigt.
Der Kontakt von Werner Fuchs und George R.R. Martin besteht bis Heute. Fuchs schätzt sehr, wie bodenständig Martin selbst als Multimillionär geblieben ist. Er witzelte über eines der wenigen Dinge, die sich aber dennoch verändert hätten: Martin sieht heutzutage etwas gepflegter aus, als noch vor einigen Jahrzehnten.



Nach einer Weile kam dann auch endlich Jaquen H'ghar, an diesem Abend in der Rolle von Schauspieler Tom Wlaschiha, zu Wort. Natürlich ist es falsch, Tom Wlaschiha ständig an diese Rolle zu messen. Aber er war auch wirklich verdammt gut. Da die Zukunft der Rolle weiterhin sehr ungewiss bleibt, kann man noch nicht genau sagen, ob man Wlaschiha je wieder in Game of Thrones sehen wird. Zwar, und das ist eher eine Überraschung in der Welt von Westeros, überlebt der Charakter am Ende seines Story Arc, aber da er wohl beliebig sein Gesicht wechseln kann, wäre ein Wiedersehen mit Wlaschiha eher eine Überraschung. Tom Wlaschiha, die Person, der Schauspieler hinter Jaquen H'ghar, ist jedoch ein ziemlich cooler Typ. Am Anfang ein kleines bisschen nervös, taute er jedoch sehr schnell auf. Was auch keine Überraschung war, wurde er doch so dermaßen von der Beleuchtung geblendet. Wlaschiha erzählte, wie er an die Rolle kam. Und für ihn war die Zusage eine völlige Überraschung, da er nach dem Online Casting mit der Geschichte eigentlich schon abgeschlossen hatte. Wlaschiha fand diesen Part, den ihm seine englische Agentur zusendete, ziemlich seltsam. Er sollte den Dialog eines abstrakten Typen sprechen, der von sich selbst immer nur in der dritten Person spricht "Dieser Mann". HBO war jedoch so von seiner Darstellung begeistert, dass die Verantwortlichen die Rolle des Jaquen an Wlaschiha vergeben haben. Skeptisch war er jedoch auch nach der Zusage noch. Bis er sich dann einmal informierte, schmunzelte er während seiner Erzählung, was Game of Thrones überhaupt ist. Dieses Angebot sausen zu lassen wäre für einen Schauspieler das gleiche gewesen, als wenn Indiana Jones es sich entgehen lassen würde, ein wertvolles Artefakt zu suchen.
Tom Wlaschiha erwähnte aber auch, wieso man bei HBO so sehr auf europäische Schauspieler setzt. Die Serie an sich wird hauptsächlich zwar in Belfast, Irland gedreht, dies sei aber nicht der Grund, wieso man gerne europäische Schauspieler castet. Natürlich geht es wie immer ums Geld. Europäische Schauspieler bekommen einen Mindestlohn. Darin ist alles mit inbegriffen. Die Darsteller müssen somit auch nicht bezahlt werden, wenn die Serie in anderen Ländern gesendet wird. Das schöne jedoch war, Wlaschiha nahm seine recht unsichere Zukunft bei Game of Thrones mit Humor.
Als Tom Wlaschiha aus dem vierten Band vorlas, und in diesen Abschnitten auch noch Jaquen H'ghar vorkam, hätte ich ihm noch stundenlang zuhören können. Eine sehr angenehme und geheimnisvolle Stimme. Dieser Mann hat es sehr genossen, ihm zuzuhören.



Die Gäste waren sehr offen, was den Bezug zum Publikum anging. So konnte man bei Interesse seine eigenen Fragen stellen (wenn auch das Publikum etwas schüchtern gewesen zu sein schien). Werner Fuchs plauderte noch ein wenig mehr über Details, die George R.R. Martin betrafen. Denis Scheck fragte Fuchs zum Beispiel, wann Martin die Sucht seiner Junkies nun endlich stillen würde. Wann würde denn der sechste Band (Deutsch: Band 11), The Winds of Winter, endlich erscheinen? Der letzte Band, A Dance with Dragons, erschien 2011. Fuchs antwortete darauf, viel mehr Infos als Wikipedia oder der der offizielle Blog von Martin hätte er auch nicht. Aber, als er das letzte mal mit Martin im letzten Jahr privat sprach, waren circa 500 Manuskriptseiten fertiggestellt. Der letzte Band hatte um die 1500 Manuskriptseiten. Das fertige Buch wird wohl wieder um die über 1000 Seiten in der original amerikanischen Buchhandelsausgabe haben. Fuchs hielt sich mit Euphorie zurück, und rechnet mit einer Veröffentlichung zwischen 2014 oder 2015. Auf eine Frage aus dem Publikum, ob George R.R. Martin bereits ein Ende für die Serie hätte, für den Fall, dass er es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schaffen wird, die verbleibenden Bände zu beenden, antwortete Fuchs mit einem bestimmten und sicheren Ja.
Der TV-Sender HBO sei bei den aktuellen Rekordquoten zudem sehr daran interessiert, Game of Thrones fortzusetzen. Man Plane mehr als 10 Staffeln, so Fuchs weiter. Um den Romanen mehr gerecht zu werden, wird seit der aktuellen dritten Staffel, ein Buch sogar auf zwei Staffeln aufgeteilt. Band 4, A Feast for Crows, soll wieder in 10 Folgen thematisiert werden, da der Roman etwas kürzer ist als A Storm of Swords (Staffel 3).  Noch nicht einmal begonnen, steht zumindest der Titel für den siebten und letzten Band fest. A Dream of Spring, soll der Roman heißen.

Um kurz vor 22 Uhr endete die Diskussion. Es war ein sehr angenehmer und informativer Abend. Im Anschluss konnte man sein persönliches Eis und Feuer Exemplar noch persönlich signieren lassen, und den drei Herren, ganz im privat, Fragen stellen. Das ärgert mich umso mehr, da ich leider nach der Diskussion gehen musste, weil sonst das Parkhaus dicht gemacht hätte. Ich kann daher nicht genau sagen, wie lange noch signiert wurde.

Mein Dank geht hier aber auf alle Fälle an den Blanvalet Verlag, der mich zu diesem schönen Event eingeladen hat. Es war ein gelungener Abend mit sympathischen Gastgebern und vielen interessanten Hintergrundinformationen. Ein Glas Wein dazu, und man hätte sich tatsächlich ganz wie in Westeros gefühlt.

Das Event läuft vom 26.05.2013 bis zum 08.06.2013 in folgenden Städten:

Kiel: 26.05, Buchhandlung Hugendubel. Eintritt: 12 Euro
Köln: 27.05, Burg Bielstein. Eintritt: 15 Euro
Dortmund: 29.05, Mayersche Buchhandlung. Eintritt: 12 Euro
Dormagen: 30.05, City Buchhandlung. Eintritt: 14 Euro
Lüdenscheid: 31.05, Kornbrennerei Rönsahl. Eintritt: 20 Euro
Wiesbaden: 01.06, Buchhandlung Hugendubel. Eintritt: 12 Euro
Berlin: 02.06, YOU Messe. Eintritt: Frei, erfordert aber eine Tageskarte für die Messe
Hamburg: 03.06, Abaton Kino. Eintritt: 10 Euro
Bielefeld: 04.06, Thalia Universitätsbuchhandlung. Eintritt: 12 Euro
Kerpen bei Köln: 06.06, Moewes Stiftsbuchhandlung. Eintritt: 12 Euro
Hannover: 07.06, Lehmanns Media GmbH. Eintritt: 10 Euro
Nürnberg: 08.06, Stadtbücherei. Eintritt: 5 Euro


Anhang:

Wie versprochen möchte ich den Artikel mit der Druckfrisch Ausgabe vom 23.09.2012 beenden. Wer bei dem George R.R. Martin Event nicht dabei sein kann, für den dürfte das knapp 10 minütige Interview von Denis Scheck, geführt mit George R.R. Martin, ziemlich interessant sein. Damit möchte ich mich nun verabschieden und wünsche allen Eis und Feuer Lesern einen guten Start in einen hoffentlich sonnigen Juni. Denn eines steht bereits jetzt wieder fest: Der Winter naht!

Montag, 27. Mai 2013

Der Pleitegeier verschont auch die Tradition nicht: Suhrkamp meldet Insolvenz an




Im Jahre 1950 von Peter Suhrkamp gegründet, stellte der Verlag aus Berlin in der Zeit nach dem Krieg den wichtigsten Vertreter für Literatur in Deutschland dar. Bis Heute gilt der renommierte Verlag in Deutschland als Kult. Zum 50ten Todestag von Herman Hesse im letzten Jahr gönnten die Berliner dem Autor eine Verjüngungskur und legten einen Großteil seines Werkes neu auf.

Nun berichtet die Süddeutsche, der Verlag habe die Insolvenz angemeldet, um den Pleitegeier noch einmal in die Schranken zu weisen. Und da geht es um ziemlich viel Geld. Zwar bleiben die Geschäftsführer durch das Schutzschirmverfahren im Amt, müssen sich aber fortan vor einem Sachwalter verantworten. Wer mehr über die ganzen Hintergründe erfahren will, sollte den verlinkten Artikel der Süddeutschen lesen.

Zwar besteht Suhrkamp weiterhin, ob der Verlag sich aber auch noch in Zukunft behaupten kann, bleibt abzuwarten.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Haruki Murakami bleibt DuMont treu: Neuheiten 2013/2014


DuMont (es möge mich bitte jemand korrigieren, falls diese Schreibweise nicht mehr aktuell ist) und Haruki Murakami. Eine Beziehung, die einfach passt. Seit der Jahrtausendwende ist der Buchverlag aus Köln für die Erstveröffentlichungen des japanischen Schriftstellers verantwortlich. In den Neunzigern veröffentlichte DuMont zwar auch bereits das Werk von Murakami, allerdings waren an der deutschen Veröffentlichung auch noch der Insel Verlag (Heute Suhrkamp Insel) und Rowohlt beteiligt. Erst mit der im Jahre 2000 veröffentlichten deutschen Übersetzung zu Gefährliche Geliebte, wurde Murakami durch den DuMont Buchverlag in Deutschland populär. Dies war der Anbeginn einer wirklich schönen Zusammenarbeit.
Darüberhinaus etablierte sich Übersetzerin Ursula Gräfe durch ihre absolut passenden Übersetzungen zur ersten Adresse, wenn es um die Übersetzungen aus der komplizierten japanischen Sprache ging.
Und genau diese Zusammenarbeit wird nun auch weiter fortgesetzt. Gleich 3 Neuerscheinungen erwartet die deutschen Murakami-Leser zwischen 2013 und 2014. Auch wenn die meisten Leser vermutlich denken, ihre Sammlung sei längst komplett.


Südlich der Grenze, westlich der Sonne (erhältlich seit dem 21. Mai 2013)

Von vielen Lesern seit Jahren gefordert, ist vorgestern die neue Hardcover Ausgabe zur ehemaligen Gefährlichen Geliebten erschienen. Ehemalig aus diesem Grund, weil der deutsche Titel endlich dem Original angepasst wurde. Eine Gefährliche Geliebte, nun, um solch eine Person geht es in diesem Roman nicht wirklich. Somit ist Südlich der Grenze, westlich der Sonne nicht nur der korrekte Titel,  sondern er klingt einfach auch wesentlich schöner (unsere deutsche Sprache hat eindeutig was zu bieten). Das zweite Problem, welches Gefährliche Geliebte anhaftete, war die Übersetzung des Textes an sich. Genau wie Mister Aufziehvogel basierte die deutsche Veröffentlichung auf der englischen Übersetzung. In diesem Falle die Übersetzung von Philip Gabriel. Übersetzer PhilipGabriel gab jedoch zu, sich von dem japanischen Text etwas abgegrenzt zu haben, und ihn mehr auf die amerikanische Leserschaft zugeschnitten zu haben. Der übersetzte Text war somit vulgärer als das Original, und sorgte Seinerzeit für einige Diskussionen. Die deutsche Veröffentlichung wurde also aus der englischen Sprache von Giovanni Bandini und Ditte Bandini übersetzt. Leider sorgte die pikante Übersetzung nicht nur für ein Streitgespräch im Fernsehen (Das Literarische Quartett), sondern auch zu einer ziemlich ungenauen deutschen Übersetzung, die dem Original noch weniger gerecht wurde, als die Übersetzung von Philip Gabriel.
Das ist die Geschichte, die hinter der Gefährlichen Geliebten steckt. Haruki Murakami bestand daraufhin, dass seine Texte fortan nur noch aus dem japanischen übersetzt werden. Und genau das hat Ursula Gräfe bei dieser neuen Übersetzung auch getan. Und ich habe bereits kurz verglichen, und muss sagen,die neue Ausgabe liest sich einfach wunderbar. Südlich der Grenze, westlich der Sonne ist somit keine simple Neuauflage, sondern ein eigenständiges Werk, welches endlich in einer Fassung vorliegt, die bereits von Anfang an in den deutschen Bücherregalen hätte stehen müssen. Somit kann diese Debatte nach über zehn Jahren endlich beendet werden.


Die unheimliche Bibliothek (08. Oktober 2013)

Haruki Murakamis Kurzgeschichten sind nicht minder beeindruckend als seine Romane. Vielleicht, und da ringe ich noch ein wenig mit mir, gefallen mir seine Kurzgeschichten sogar noch etwas besser als seine Romane. Ob Frachtschiff nach China oder Der Spiegel, es sind diese unscheinbaren Erzählungen, die mir entweder glasige Augen oder einen Schauder bereitet haben. Fast alle von Murakamis Kurzgeschichten wurden in Deutschland auch in mehreren Sammelbänden veröffentlicht. Die unheimliche Bibliothek gehört jedoch nicht dazu. DuMont hat sich dazu entschlossen, die Kurzgeschichte als Hardcover Edition im Oktober zu veröffentlichen. Wie auch schon bei den Hardcover Ausgaben zu Schlaf und Die Bäckereiüberfälle, liefert die Berliner Zeichnerin Kat Menschick die Illustrationen dazu. Und ich bin seit Schlaf ziemlich fasziniert von ihren surrealen Zeichnungen, die perfekt zu den nicht minder surrealen Geschichten von Haruki Murakami passen.


Illustration: Die unheimliche Bibliothek, Kat Menschik


Der farblose Tasaki Tsukuru und das Jahr seiner Pilgerreise (Titel nicht offiziell, 2014)

Murakami-Leser sind geduldige Menschen. Denn meistens müssen sie mehrere Jahre auf eine Übersetzung eines neuen Romans warten. Allerdings erschienen sowohl After Dark, als auch die drei Bände von 1Q84 ziemlich zügig in Deutschland. Nun kündigte DuMont Murakamis neuen Roman (der in Japan mal wieder eine Rekordauflage erzielt hat) für das Verlagsprogramm 2014 an. Eine genaue Jahreszeit konnte für diesen Titel jedoch noch nicht genannt werden. Meistens erscheinen neue Werke von Haruki Murakami im Frühjahr oder Herbst. Wieder einmal dürfte die deutsche Veröffentlichung aber vor der US-Ausgabe erscheinen. Die Ankündigung war jedoch bereits sehr wichtig, und jeder Leser dürfte darüber ziemlich erfreut sein. Mehr zu Tasaki Tsukuru findet ihr in einem anderen Beitrag von mir: Zurück zu den Anfängen: Der farblose Tasaki Tsukuru und das Jahr seiner Pilgerreise


Murakamis neuster Roman vervollständigt die Vorschau. Der Autor, den ich so sehr verehre, bleibt dem DuMont Verlag auch weiterhin treu. Für alle Fans dürften das ziemlich gute Neuigkeiten sein, und ich persönlich kann es kaum erwarten, auch die kommenden Veröffentlichungen endlich zu lesen.

Montag, 20. Mai 2013

Das Meer besteht nur aus Buchstaben: Eslite Buchhandlung Taiwan





Wenn Singapur einen Wolkenkratzer haben darf, dessen Dach ein riesiger Swimmingpool ist, dann darf Taiwan auch eine Buchhandlung haben, die nicht nur größer ist als die meisten Kaufhäuser in Deutschland, sondern auch noch 24 Stunden täglich geöffnet hat. Asien muss man vermutlich selbst erleben, um es zu verstehen. Und, obwohl ich ich vorgewarnt bin, dass aus Asien immer eine Überraschung kommen kann, bin ich doch immer wieder erstaunt, was ich noch so alles über diesen magischen Kontinent erfahre. So erging es mir dann auch, als ich vorhin das erste mal von der Eslite Buchhandlung in Dunhua, Taipeh, erfuhr.

Persönlich war ich natürlich nicht da. Auf Weltreise gehe ich dafür fast täglich mit einem meiner Weltempfänger. Man möge das Hören der Kurzwelle als antiquiert ansehen, aber, genau wie Asien, hat sie doch täglich etwas neues überraschendes oder kurioses zu bieten. Bei meiner wie immer spontanen Sendersuche stieß ich auf das deutschsprachige Programm von Radio Taiwan International. Normalerweise bin ich es eher von den unzähligen chinesischen Sendern gewohnt, die auch ein deutsches Programm anbieten, dass es erneut einen Sprach Crashkurs für Ausländer zu hören gäbe. Ich irrte mich aber, und lauschte stattdessen einem interessanten Beitrag. Dort berichtete eine Reporterin  über eine Buchhandlung namens Eslite in Taiwan. Das Unternehmen (Welches erst in Ende der Achtziger gegründet wurde) besitzt laut Wikipedia 48 Buchhandlungen in Taiwan. Dann erwähnte die Reporterin, wie ungemein beliebt die 24 Stunden Buchhandlung in Taipeh ist. Hörte man der Reporterin weiter zu, hätte man meinen können, sie hätte über irgendeinen angesagten Club in der Stadt berichtet. Doch keine Frage, es handelte sich eindeutig um eine Buchhandlung. In Deutschland praktisch völlig unvorstellbar, aber, die Eslite Buchhandlung ist in der Nacht genau so gut besucht wie am Tage. Während Bücherwürmer hierzulande mit Filialen von zum Beispiel Mayersche oder Thalia vorlieb nehmen müssen (und man selbst dort meistens mit leeren Tüten den Laden verlässt, weil ständig etwas nachbestellt werden muss), hat man mit der Eslite Buchhandlung in Taipeh gleich den Umfang eines ganzen Kaufhauses vor sich. Die Filiale in Dunhua verfügt darüber hinaus auch noch über das größte Sortiment an englischsprachigen Büchern in ganz Taiwan.

Als ahnungsloser Europäer fragt man sich natürlich, was für einen Nutzen eine Buchhandlung hat, die auch in der Nacht geöffnet hat? Die Frage klärte sich recht zügig. Als die Reporterin einige Bewohner von Taipeh fragte, was diese Buchhandlung so einzigartig macht, wurde eigentlich immerzu die Öffnungszeit nach Mitternacht genannt. In einer Buchhandlung, in der man sich vermutlich verlaufen könnte, ist es vielleicht auch angebracht, eine Öffnungszeit von 24 Stunden anzubieten. So schwärmte eine Besucherin über die Einrichtung der Buchhandlung. Findet sie eine Nacht einmal keinen Schlaf, oder langweilt sich, geht sie mitten in der Nacht zu Eslite. Und nicht immer liest sie dort, so die Besucherin. Sie genießt die Atmosphäre. Die Ruhe. Sie erwähnte die stilvoll eingerichteten Lese-Lounges. Problemlos könne man es sich da bequem machen, mit, oder aber auch ohne Buch. Aber meistens würde man sich doch dazu entscheiden, ein Buch zu lesen, so die Besucherin. Und, ehe man sich versieht, hat man 1 oder 2 Bücher ausgelesen und die Nacht ist bereits rum. Ein weiterer Besucher berichtete, er arbeite tagsüber, und finde grundsätzlich nur am späten Abend dazu Zeit, einkaufen zu gehen. Als passionierter Leser, der in seiner Freizeit praktisch nichts anderes tut als zu lesen, packt ihn des öfteren die Motivation, Eslite zu besuchen. Ziellos durch die Gänge zu schlendern, sich interessante Cover anzuschauen, und sich dann irgendwann einen Titel zu kaufen, der ihn anspricht. Ein Student berichtete, selbst in der Nacht würde er noch unzählige Gleichaltrige antreffen. Das Sortiment sei gigantisch, ob Belletristik oder Sachbücher.

Je länger ich den Bericht hörte, umso mehr hätte man meinen können, er stamme aus einer anderen Welt. Ein Utopia. Die Feierbiester, die sich dazu entschieden haben, ihre einst geliebten Clubs und Diskotheken gegen eine riesige Buchhandlung einzutauschen, in der am Tage und in der Nacht so viel Betrieb herrscht, wie in einer gesamten Kleinstadt. Ich muss gestehen, die Eslite Buchhandlung ist tatsächlich eine Attraktion. Für einen Nachtschwärmer wie mich wäre das wohl dann die richtige Adresse. Alleine die Vorstellung klingt noch etwas befremdlich für mich. Allerdings dürfte das wohl besonders für uns Deutsche gelten. Immerhin herrscht hier ja noch ein recht konservatives Ladenschlussgesetz.

Mein nächster Gang in die Buchhandlung wird daher wohl wesentlich wehmütiger sein als bisher.
Wer einmal Eslite besuchen will, der sollte über den großen Teich marschieren und nach Taiwan reisen. Dieser Marsch wird wohl recht angenehm sein, da das Meer dorthin vermutlich nur aus Buchstaben besteht. Bevor man aber endlich die Oase der Bücher betreten kann, muss man es erst einmal durch die laute City von Taipeh schaffen. Und ich glaube, darin liegt immer noch die größte Herausforderung.

Samstag, 18. Mai 2013

Blanvalet und das Cover: Moderne Neuaflage gegen Fantasy Kitsch?



Es passiert eher selten, dass ein Verlag einen Titel beherbergt, der knapp 15 Jahre nach seiner Veröffentlichung (in diesem Falle die deutsche Veröffentlichung) einmal auf der Spiegel Bestsellerliste landen wird. Zwischen 1997 und 1998 veröffentlichte der Blanvalet Verlag "A Game of Thrones", einen Dark Fantasy Roman des amerikanischen Schriftstellers George R.R. Martin, als Zweiteiler in Deutschland. Der aufgeteilte erste Band erschien unter den Titeln "Die Herren von Winterfell" und "Das Erbe von Winterfell". Blanvalet machte Moderne Fantasy Werke wieder salonfähig, ähnlich wie es der Klett Cotta Verlag seit Uhrzeiten tut. Salonfähig bedeutet aber nicht unbedingt, dass man mit Fantasy Geschichten jemals auf irgendeiner deutschen Bestsellerliste landen wird (wenn nicht unbedingt der Name J.R.RTolkien, J.K. Rowling oder Dan Brown auf dem Cover steht). So konnte Martins große Saga um "Das Lied von Eis und Feuer" zwar nicht Hunderttausende von Lesern in Deutschland begeistern, wurde aber verehrt von treuen Fans. Blanvalet veröffentlichte recht zeitnah weitere aufgeteilte Bände (insgesamt 5 Romane gibt es bisher im Original, aufgeteilt auf 10 Bände wurden diese in deutscher Sprache). Und ist man sich einmal ganz ehrlich, viele Leser dürften alleine die Cover der alten deutschen Fassung nicht angesprochen haben. Die Cover bestanden aus einem Motiv, auf denen die Helden der Geschichte heroisch oder nachdenklich posierten. Diese Motive verliehen den Romanen den Charme eines Dreigroschenromans wie man ihn auch Heute noch bei Bastei Lübbe findet. Allerdings werden solche Cover-Motive von High und Dark Fantasy Fans sehr begehrt, was ich fairerweise hier einfach erwähnen muss.

Noch vor der Ankündigung der TV-Serie "Game of Thrones" des TV-Senders HBO machte Blanvalet gegen Ende 2010 einen cleveren Schachzug. Man legte "Das Lied von Eis und Feuer" neu auf. Die Romane waren praktisch so unbekannt für die breite Leserschaft, dass man die Werke gleich als neue Veröffentlichung hätte ankündigen können. Man entschied sich nicht nur für neutrale, einheitliche Cover ohne Fantasy Kitsch, man präsentierte gleich auch noch eine abgeänderte Übersetzung. Die neuen Cover-Motive, die allesamt mit den Wappen und Zitaten der verschiedenen Familien aus der Geschichte verziert sind, richten sich eindeutig an eine komplett andere Leserschaft. Die neue Übersetzung löste dazu Empörung bei den Stammlesern aus. So wagt es die neue Übersetzung, einige Begriffe einzudeutschen. Aus Jon Snow wurde Jon Schnee. Aus Casterly Rock wurde Casterly Stein. Selbstverständlich fügen die bearbeiteten Namen und Begriffe der Geschichte keinen Schaden zu. Eher finde ich es schade, wie sehr ein Verlag dafür verurteilt wird, sich der deutschen Sprache zu bekennen. Endgültig mutierten die besagten Stammleser schließlich zu HB-Männchen, als bekannt wurde, dass der aktuelle und bisher letzte Band, A Dance with Dragons, nur mit dem einheitlichen Cover und der neuen Übersetzung erscheinen wird (In Deutschland aufgeteilt in "Der Sohn des Greifen" und "Ein Tanz mit Drachen"). Für den Verlag wird dies keine leichte Entscheidung gewesen sein. Immerhin wird das neue Cover in einer alten Sammlung nicht unbedingt schön aussehen, und die neue Übersetzung dürfte nicht unbedingt mehr Anhänger bei dieser sehr speziellen Leserschaft gefunden haben. Die Entscheidung von Blanvalet,  logisch, es würde keinen Sinn machen für eine kleine Leserschaft eine Auflage mit alternativem Cover und alter Übersetzung anzubieten (es sei denn man schmeißt gerne mit Geld um sich). Mit dem beinahe schon absurdem Erfolg der TV-Serie, stürmten die Neuauflagen von Eis und Feuer die Bestsellerlisten. Und das auch noch International. Und nein, nicht nur in Deutschland lamentieren die Urgestein-Fans. Weltweit wurden die Cover von den jeweiligen Verlagen angepasst. Und ich bezweifle ganz einfach, dass die Romane solch einen Erfolg hätten, würden die Bücher immer noch von den ollen Fantasy Motiven geschmückt werden.

Geschichte scheint sich jedoch zu wiederholen. Eine anderes, ebenfalls recht erfolgreiches High Fantasy Werk, scheint ebenfalls bei Blanvalet fortan eine Schönheitskur verschrieben bekommen zu haben. Die Rede ist von "Das Spiel der Götter (The Malazan Book of the Fallen)" vom kanadischen Autor Steven Erikson. Schon länger steht die abgeschlossene Reihe mit 10 Bänden (19 Ausgaben werden es insgesamt in deutscher Sprache werden) zur Diskussion, verfilmt zu werden. Genau wie bei Martins Eis und Feuer hat sich Blanvalet dazu entschieden, dem Werk ein neutraleres Cover, ohne den Einfluss von Fantasy, zu spendieren. Anders als bei Eis und Feuer bleibt man sich der bestehenden deutschen Übersetzung jedoch treu. Und, wie es ausschaut, sollen die verbleibenden Bände noch mit den bekannten Cover-Motiven erscheinen. Allerdings will man auch eine neue Leserschaft ansprechen, und so werden nach und nach die Cover ausgetauscht werden. Trotzdem sollen die Stammleser noch genügend Gelegenheit haben, ihre Sammlung zu vervollständigen. Zumindest habe ich das so in einem Malazan Forum gelesen. Somit sind die Angaben ohne Gewähr. Das einzige, was ich sehr sicher sagen kann, ist, weil ich persönlich nachgefragt habe, die Neuauflage von "Das Spiel der Götter" wird fortgesetzt werden. Band 1, "Die Gärten des Mondes", ist im November 2012 erschienen. Die Originalausgabe ist schon längst nicht mehr erhältlich und wird auch nicht mehr nachgedruckt.

Meine persönliche Meinung zu der ganzen Geschichte ist, ich stehe total hinter dem, was Blanvalet hier tut. Denn ohne diese Neuauflagen würde ich vermutlich keinen Band dieser beiden Werke besitzen. Und das gleiche wird wohl für tausende von anderen Lesern in Deutschland gelten.
Die Fans der Reihen werden auch weiterhin die Neuauflagen verdammen. Sie werden sich sogar vermutlich wünschen, es hätte nie eine TV-Serie zu "Das Lied von Eis und Feuer" gegeben. Aber, die Literatur ist natürlich auch im Wandel. Fantasy für Erwachsene ist wieder begehrt. Und das nur, weil die vielen verschiedenen Verlage sich für geschickte Neuauflagen entschieden haben. Game of Thrones dürfte natürlich den größten Beitrag dazu geleistet haben. Aber, wie bereits erwähnt, bei den Romanen bezweifle ich weiterhin, dass sie solch einen Erfolg auch verbuchen würden, hätte man einfach die bereits bekannte Auflage erneut veröffentlicht.

Wer sich die vielen verschiedenen Motive zu den ersten Bänden von "Das Lied von Eis und Feuer" und "Das Spiel der Götter" ansehen will, der sollte das Bild am Anfang des Artikels anklicken. Oben Links und Rechts befinden sich jeweils die Neuauflagen.

Falls ich mit einigen Daten durcheinander gekommen sein sollte (was ich in diesem Artikel gar nicht mal ausschließe), Feedback ist wie immer erwünscht und so auszuführen wie im Video, welches sich eine Zeile unter diesem Text befindet, damit mir so etwas auch nicht erneut passieren wird.

Dienstag, 14. Mai 2013

Rezension: Solanin (Band 1, Inio Asano)






Japan 2005/2006 (Abgeschlossene Geschichte in 2 Bänden)

Originaltitel: Soranin
Veröffentlichung (Deutschland): April 2013
Verlag: Tokyopop
Zeichner: Inio Asano
Übersetzung: Sakura Ilgert
Genre: Slice of Life, Musik
Kategorie: Seinen
Altersempfehlung des Verlags: Ab 15
Preis: 12 Euro





"In Tokyo lauert ein Ungeheuer in seinem Versteck." - Meiko


Niemand hat je behauptet, es würde leicht werden, diese Sache mit dem Erwachsenwerden. Genau das ist die Essenz, um die es in Inio Asanos vermutlich bekanntestem (Punpun ist ja noch nicht abgeschlossen) Werk geht. Der Zweiteiler ist eine ordentliche Portion tägliches Leben, verfeinert mit etwas Musik. Verdammt guter Musik, muss ich gestehen. Dazu aber später mehr.
Mit Solanin spricht Mangaka Inio Asano die Generation an, die in den 80ern geboren wurde, und in den 90ern und der Zeit nach der Jahrtausendwende aufgewachsen ist. Eine Generation, nach den großen Kriegen und Konflikten, deren einziger Konflikt darin besteht, mit sich selbst zu kämpfen. Keine Überraschung, dass diese erfrischend bodenständige Geschichte so erfolgreich war. Erfolgreich auch im Sinne von internationalen Auszeichnungen. Im Jahre 2010 wurde der Manga dann in Japan auch noch verfilmt.

Die Ereignisse von Solanin (nach einem Song im Manga) werden erzählt von Meiko. Mit ihren 24 Jahren weiß sie noch nicht viel mit ihrem Leben anzufangen. Fühlt sich überflüssig in der Gesellschaft, und, ganz besonders, ist von dieser Gesellschaft extrem genervt. Seit fünf Jahren ist Meiko mit Taneda zusammen. Beide lernten sich auf der Universität kennen. Doch Taneda weiß genau so wenig was mit seinem Leben anzufangen. Er lebt von einen Tag in den nächsten hinein und hat einen Nebenjob als Zeichner bei einer kleinen Firma angenommen. Allerdings ist die große Leidenschaft von Taneda die Musik. Er selbst spielt Gitarre und fungiert als Frontsänger. Mit seiner Band, so träumt er, möchte er einmal den großen Durchbruch schaffen. Seine Band besteht aus zwei weiteren Mitgliedern. Bassist Kato, ein Langzeitstudent, der mit seinem Studium vermutlich niemals fertig wird, und Billy, der Drummer, der, weil er keine andere Alternative bisher sah, den Job in der Apotheke seiner Familie angenommen hat. Meiko und Taneda sehen sich aber zu höherem bestimmt. Beide kündigen sie ihren Job und Taneda nimmt sich fest vor, mit der Musik zukünftig sein Geld zu verdienen. Noch weiß Meiko aber nicht, was das Schicksal für eine grausame Wendung für sie auf Lager hat.



Ich gehöre zu dieser Generation, die Inio Asano in dem Manga thematisiert. Ich fühle somit nicht nur mit den Charakteren mit, ich fühle mich auch angesprochen. Solanin handelt von Menschen, die sich in einer überfüllten Gesellschaft überflüssig fühlen. Lebt man seine Träume, und zieht den Hauptpreis, oder soll man sich doch lieber für die einfache Methode entscheiden, einen Job annehmen, der einem vielleicht nicht so liegt, aber dafür dann auf der sicheren Seite ist? Vielleicht ist der Trostpreis ja die bessere Alternative? Immerhin ist das Wagnis nicht sehr groß, und man fällt relativ weich, wird man aus einem Job entlassen, den man sowieso nicht leiden konnte. Ja, wir Twens haben es eindeutig nicht leicht, so mitten im Leben. Ab wann darf man sich alt fühlen? Und wann ist der letzte Zug abgefahren? Inio Asano spricht für eine komplette Generation. Und egal ob man gerne Manga liest und Videospiele spielt, ein erfolgsorientierter Junggeselle ist oder sich mit Personen aus dem RTL II Abendprogramm identifiziert, sie alle werden sich irgendwie in Solanin wiederfinden. Und am Ende des ersten Bandes zündet Inio Asano die Bombe, und lässt den Leser mit einem fiesen Cliffhanger zurück.

Der Zeichenstil ist, wie nicht anders erwartet, hinreißend. Noch nicht ganz so detailliert und verspielt wie bei Gute Nacht, Punpun, aber Asanos Handschrift ist eindeutig zu erkennen. Die realistischen Artworks werden immer mal wieder von einigen abstrakten Zeichnungen und Grimassen der Charaktere durchzogen. Die Hintergründe sind meistens schlicht gehalten, passen aber perfekt zum Stil des Manga. Hin und wieder fährt Inio Asano auch größere Geschütze auf und präsentiert einen idyllischen Strand oder die beklemmende Großstadt. Von den Artworks sollte man sich aber selbst ein Bild machen. Mir fehlt das dazugehörige Talent, Kunst zu erklären und zu beurteilen ;)

Die Veröffentlichung von Tokyopop ist wieder einmal vielen aktuellen Veröffentlichungen diverser anderer Verlage erhaben. Wie bereits bei Gute Nacht, Punpun, wird Solanin in einer Klappenbroschur präsentiert. Die Verarbeitung ist damit wesentlich robuster als ein normales Taschenbuch und sieht auch schöner aus. Anders als bei Punpun wird Solanin jedoch im Großformat veröffentlicht. Und wie ich sehe, will man so auch bei den kommenden Inio Asano Veröffentlichungen im Herbst bei Tokyopop verfahren. Knapp 200 Seiten ist der erste Band dick, und bei 12 Euro investiert man keinen Cent vergebens. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass diese Geschichte bereits nach zwei Bänden abgeschlossen ist.


Resümee

Der erste Band des Zweiteilers ist bereits jetzt ein beeindruckendes Werk. Solanin spricht eine Zielgruppe an, die ihren Platz in der Gesellschaft noch finden muss. Weniger vergleichen darf man den Manga jedoch mit Beck von Harold Sakuishi (eine Serie, die nicht minder fantastisch ist). Zwar ähneln sich beide Werke ein wenig was die Thematik angeht, und, ja, es geht auch um Musik, allerdings verfolgen beide Manga dann doch ein anderes Ziel. Zumal der Fokus bei Beck eindeutig auf die Musik gerichtet ist.

Fans von Inio Asano werden Solanin sowieso nicht verpassen. Daher gilt mein Aufruf eher an die Leser, die bisher von seiner Arbeit nichts wissen: Leute! Solanin (wie auch alle anderen Werke von Asano) ist eine Pflichtlektüre. Selten hat sich die japanische Zeichenkunst nach der Jahrtausendwende so sehr von seiner goldenen Seite gezeigt wie in Asanos Geschichten. Und genau das macht diesen Mangaka so unverzichtbar für unsere Generation.

Mein Dank geht an das Team von Tokyopop, die mir den ersten Band von Solanin als Rezensionsexemplar zugesendet haben. Domo Arigato Gozaimasu.




Zugabe

Jetzt möchte ich aber noch den Soundtrack erwähnen, von dem ich vorhin sprach. Zwar könnte ich auch nun etwas aus dem Film posten, allerdings könnte das zu viel von der Story verraten. Stattdessen möchte ich die Rezension mit dem Song Solanin von der Asian Kung-Fu Generation verabschieden. Zwar gehört der Song auch zum Film, versetzt die Hörer aber besser in die Welt des Manga, als die Version, die im Film gesungen wird (und der dazugehörige Auftritt der Band zeigt zudem keine Szenen aus der Verfilmung). Der Text des Songs wurde aus dem Manga übernommen und stammt somit von Inio Asano persönlich.



Montag, 13. Mai 2013

Kommentar: Was der Aufziehvogel nicht im Fernsehen schaut: Add a Friend





Als Zusatz müsste hier eigentlich in der Überschrift stehen: "Was der Aufziehvogel weder im Fernsehen schauen würde, noch kostenlos über Stream und schon gar nicht als illegalen Download".

Social Media meets HBO

So bezeichnet ein Kritiker die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete, erste deutsche Pay-TV Serie im, man halte sich fest, HBO Serienformat. Alleine bei dem Vergleich ziehen sich bei mir die Härchen zusammen. Ist HBO zum Beispiel für hochklassige TV-Serien wie Die Sopranos, Game of Thrones, True Blood, In Treatment und Entourage verantwortlich.

Mit Add a Friend will man an diesem erfolgreichen Format anknüpfen, wo deutsche TV-Serien seit Jahren scheitern. Aus dem ganz einfachen Grunde, dass solch ein Format in Deutschland kaum realisierbar ist. Denn im Gegensatz zu HBO steckt hinter TNT Serie nicht Warner, und für eine Episode bekommt man keine Crew an talentierten Autoren bereitgestellt, noch verpflichtet man einen namhaften Regisseur. So sehr man dann auch bei den Amerikanern abguckt, so gerne man Trends erschaffen will wie es derzeit HBO und AMC (The Walking Dead) tun, so sehr scheitert man an den Ressourcen. Und am Ende bekommen wir so etwas wie Add a Friend. Was vielleicht nun unfair klingen mag, da ich immer sofort nach wenigen Momente wegschalte, aber alleine dieser furchtbare Trailer zur zweiten Staffel beweist, dass dieser Facebook trifft Mad Men im Gute Zeiten, Schlechte Zeiten Universum Trash, es wohl kaum auf mehr als drei Staffeln schaffen wird. Und wenn man unbedingt Ted Mosby und Barney Stinson sehen will, kann man immerhin auch weiterhin How I Met Your Mother als Alternative schauen.

So ist der Ansatz vielleicht gar nicht schlecht, aber anstatt die Gelder der Abonnenten für so etwas aus dem Fenster zu schmeißen, sollte TNT Serie (oder wer auch immer der Geldgeber ist) an einem originellen Konzept arbeiten, was nicht zweifelhaft versucht, ein Original zu kopieren, sondern mit einzigartigen Ideen neue Zuschauer zu gewinnen. Ansonsten kann man gleich bei dem deutschen Kulturgut, den Soaps, bleiben. Auch wenn die Aussichten bei Müll wie Köln 50667 und Berlin Tag und Nacht eher düster aussehen. Aber sei es drum. In der Mülltonne findet sich immer ein gemütlicher Platz.