Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Dienstag, 25. September 2018

Review: Outrage Trilogie




Mit der Unterwelt legte sich Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Takeshi Kitano in seinem ersten Kinofilm "Violent Cop (1989)" bereits an. Einen Yakuza spielte er erstmals in "Boiling Point (1990)". Doch sein erster Film, wo er tief in die Welt der japanischen Yakuza eindrang, der hieß "Sonatine (1993)". Es sollte eine Liebeserklärung an das filmische Werk von Jean.-Luc Godard werden. Sonatine ging als Meisterwerk in Kitanos Vita ein. Die teils blutigen Auseinandersetzungen wurden mit einer nahezu unerträglichen Stille begleitet und sollten Zuschauer zusammenzucken lassen. Schaut man sich nun Kitanos neusten und letzten Film aus der Outrage Trilogie an, nämlich "Outrage Coda (2017)", so erkennen besonders langjährige Wegbegleiter des Japaners Parallelen, die sich ganz und gar nicht leugnen lassen. Es ist eine Wiederkehr und gleichzeitig ein Abschied. Und diesmal meint Kitano es vermutlich wirklich ernst. Keine Yakuza-Filme mehr, es ist alles erzählt. Kitano sei "Müde von der all der Gewalt", lamentierte er bei der Premiere von Outrage Coda nahezu melancholisch. Ja, diesmal, so scheint es, ist es ein Abschied für immer. Mit 71 Jahren hat sich Takeshi Kitano diesen Ruhestand aus der Unterwelt aber auch redlich verdient.

In meiner Review Trilogie möchte ich mir Kitanos großartige Outrage Trilogie vornehmen. Hat es Kitano mit Outrage Coda geschafft, seine Saga zu einem würdigen Ende zu bringen? Dazu gleich mehr!



Outrage


Japan 2010
Outrage - Autoreiji
Regie, Drehbuch, Schnitt: Takeshi Kitano
Musik: Keiichi Suzuki
Darsteller: Takeshi Kitano, Kippei Shina, Ryo Kase, Fumiyo Kohinata, Renji Ishibashi, Jun Kunimura, Hideo Nakano
Laufzeit: Circa 109 Minuten
Verleih: Capelight Pictures (DE)
Genre: Unterwelt-Drama
FSK: Ab 18



Ganze 10 Jahre sollte es dauern, bis sich Takeshi Kitano dem Yakuza-Film nach "Brother" aus dem Jahr 2000 noch einmal widmen sollte. Für Kitano stellte sich seine erste und bislang letzte US-Produktion (als Regisseur) als Fiasko heraus. Kitano war unzufrieden mit so ziemlich allem, besonders aber der Sprachbarriere. Besonders das ins englische übersetzte Script und die fast hauptsächlich gesprochenen englischen Dialoge ließen Kitano verzweifeln, denn sowohl er als auch seine japanischen Schauspielkollegen konnten sich hier nicht wie gewohnt entfalten. Nach Brother schwor sich Kitano, keinen Film mehr in den Staaten zu drehen und wandte sich zugleich noch dem Yakuza-Film ab. Er wollte seine Vita intelligent erweitern und möglichst viele Genres abdecken, was er sogleich meisterhaft mit Dolls aus dem Jahr 2002 und seiner ganz eigenen Interpretation von Zatoichi aus dem Jahr 2003 auch unter Beweis stellte. Es folgte zwischen 2007-2008 Kitanos skurrile wie surreale Autobiographical-Trilogy (inhaltlich waren die Filme nicht miteinander verknüpft) bevor er sich nach einer Pause dem ersten Teil seiner Outrage-Trilogie widmete. Obwohl Kitano laut eigenen Aussagen keine Yakuza-Filme mehr drehen wollte, schien wohl auch das Angebot und die Möglichkeiten des Budgets seitens Warner Japan ein überzeugendes Argument gewesen zu sein. Outrage selbst war nie wirklich als Trilogie geplant, ließ sich die Möglichkeiten für Fortsetzungen aber immer offen. Teil 1 war besonders lukrativ und das Ende relativ offen gehalten, eine Fortsetzung war somit beschlossene Sache.

Yakuza-Filme verbindet man wohl hauptsächlich mit den Namen Kinji Fukasaku, Takashi Miike und Takeshi Kitano. Fukasaku prägte das Genre in den 70ern, nach einer längeren Durststrecke erlebte das Subgenre des Gangsterfilms gegen ende der 80er ein Revival. Miike und Kitano prägten den Yakuza-Film bis kurz nach der Jahrtausendwende, danach wurde es erneut sehr ruhig um die japanische Unterwelt. Kitanos Outrage kam da vermutlich zur richtigen Zeit. Die Leute waren nicht mehr übersättigt (besonders durch kleine Low-Budget Videoproduktionen) und mit Outrage lieferte Kitano einen Yakuza-Film ab, der auf Hochglanz getrimmt war und problemlos mit einer Produktion aus Hollywood mithalten konnte. Und genau dieser Hochglanz, der nie zu plastisch wirkt, zeichnet Outrage aus. Kitanos etablierter Stil bleibt dem Film jedoch nicht fern. Immer wieder ist im ansonsten sehr ernsten Film Kitanos herrlich trockener Humor zu finden, der dann auch gerne mal auf die Spitze getrieben wird (die Szenen mit dem afrikanischen Botschafter sind Gold wert). Kitano übernimmt im Film wie immer den schmutzigen Part. Er tritt hier nicht als mächtiger Yakuza-Patriarch auf. Sein Charakter Otomo besitzt eine kleine Familie, die sich größtenteils um die Drecksarbeit der hohen Tiere kümmert. Ein Großteil der Story dreht sich um die verschiedenen Yakuza-Familien, die sich gegenseitig durch Intrigen ausspielen. Die Suche nach charismatischen Helden kann man sich sofort abschminken, die wird man nicht einmal bei der durch und durch korrupten Polizei finden.

Die durch die Bank weg blutigen Gewaltspitzen finden besonders zum Showdown ihren Höhepunkt. Gewalt wird von Kitano wie immer als Stilmittel eingesetzt. Die Schießereien werden spektakulär in Szene gesetzt, die Opfer sterben schnörkellos und der Sound der Waffen ist so echt, dass man als Zuschauer immer wieder bei einem Schuss aus den Sitzen gerissen wird. Begleitet wird der Film stets durch den minimal eingesetzten Soundtrack von Keiichi Suzuki. Die langjährige Arbeit zwischen Kitano und Komponist Joe Hisaishi endete im Jahr 2002 mit Dolls. Danach gingen die beiden Kollaborateure aufgrund einiger Unstimmigkeiten beim Dolls Soundtrack fortan getrennte Wege. Keiichi Suzuki liefert hier natürlich einen ganz anderen Soundtrack in Outrage ab als es Hisaishi je tun würde. Suzukis Stil, der sehr minimal gehalten und dennoch durchweg präsent ist, zeichnet sich durch elektronische Klänge aus. Seine Musik unterstreicht die Eleganz des Filmes, wirkt aber gleichermaßen bedrohlich. Auch langjährige Fans werden hier vermutlich zustimmen, dass Hisaishis melancholische Klänge nicht zu Outrage passen würden.


Resümee

Outrage präsentiert sich als Big Budget Produktion. Was als seelenloser Actionfilm hätte enden können, wird durch Takeshi Kitanos Zutun zu einem Hochgenuss. Outrage unterscheidet sich stilistisch stark von anderen Werken Kitanos, aber sein unverwechselbarer Charme bleibt dennoch unverkennbar. Es ist eine beispiellose Rückkehr zu den Filmen, die ihn international bekannt gemacht haben. Ein Niveau, was das japanische Multitalent sich auch für die Fortsetzung bewahren sollte. Otomos Geschichte ist nämlich noch nicht komplett erzählt.




Beyond Outrage


Japan 2012
Beyond Outrage - Autoreiji: Beyondo
Regie, Drehbuch, Schnitt: Takeshi Kitano
Musik: Keiichi Suzuki
Darsteller: Takeshi Kitano, Toshiyuki Nishida, Fumiyo Kohinata, Ryo Kase, Hideo Nakano, Yutaka Matsushige, Tokio Kaneda
Laufzeit: Circa 112 Minuten
Verleih: Capelight Pictures (DE)
Genre: Unterwelt-Drama
FSK: Ab 16



Spät im Jahr 2012 setzte Kitano die Saga mit Beyond Outrage (oder auch gerne mal Outrage: Beyond) fort. Als direkte Fortsetzung zum Erstling ist das Wissen aus dem Original quasi unabdingbar. Die wenigen Charaktere, die das Massaker am ende des ersten Teils überlebt haben, führen ihre düsteren Machenschaften in Teil 2 fort. Kitano kann die Atmosphäre des Vorgängers in Beyond sehr gut einfangen, aber etwas vermisst man relativ schnell: Der Offbeat Humor. Beyond Outrage dürfte in Kitanos umfangreicher Filmografie wohl den düstersten Platz einnehmen. Nicht einmal auf ein Minimum wurde der Humor reduziert, Kitano verzichtet komplett darauf. Beyond wirkt kühler, skrupelloser und aggressiver. Seine ruhige art behält der Film bei, dennoch wirkt Beyond Outrage wie eine Kampfansage Kitanos gegen Gott und die Welt. Der Film ist bissig, ein Fakt, den der Zuschauer sehr schnell zu spüren bekommt.

Obwohl ich mir an der ein oder anderen Stelle gerne etwas Auflockerung gewünscht hätte, so zerbricht der Film an seiner Ernsthaftigkeit nicht. Grund hierfür sind die großartig geschriebenen Charaktere. Im Zentrum dieser großartigen Charaktere steht in der Fortsetzung umso mehr der verschlagene und höchst korrupte, Karriere-Cop Kataoka (brillant gespielt von Fumiyo Kohinata). Beyond Outrage etabliert neue Charaktere und einen neuen rivalisierenden Klan, den Hanabishi-Klan aus Osaka. Kitanos Charakter Otomo greift erst relativ spät ins Geschehen ein. Er lässt sich vorab Zeit, die neuen Charaktere zu etablieren und zu erklären, was in den vergangenen fünf Jahren in der Welt von Outrage passiert ist. Als ausgestoßener des Sanno-Klans hat Otomo noch etliche alte Rechnungen zu begleichen, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wird. Ein alter Feind wird zum Verbündeten und die Klans wappnen sich noch einmal für einen großen Showdown, der die Machtverteilung dieser großen Yakuza-Vereinigungen klären wird.

Für die Musik war erneut Keiichi Suzuki verantwortlich. Stilistisch ist hier zwar alles beim alten, doch auch seine Musik passt sich noch einmal umso mehr der düsteren Atmosphäre des Films an. Die Musik wirkt bedrohlicher und beklemmender. Und obwohl die FSK hier mit der Altersfreigabe deutlich gnädiger war, so hält sich auch Beyond Outrage nicht mit blutigen Schießereien oder anderen, durchaus fragwürdigen Todeswerkzeugen der Yakuza zurück.


Resümee

Abseits des leider fehlenden Humors, der den ersten Teil noch etwas auflockern konnte, braucht man zu Beyond Outrage gar nicht viel schreiben, denn dieser setzt den Weg dieser düsteren Gangster-Saga ohne Einbuße fort. Das Wissen über die Geschehnisse im Erstling ist essentiell wichtig, um in Beyond Outrage der Geschichte folgen zu können (was durch die vielen Namen und Begriffe an sich schon einmal etwas schwerer werden kann). Eine gelungene, gut durchdachte Fortsetzung, die einige lose Enden aufklärt, um die ein oder andere neue zu erschaffen. Otomos Geschichte scheint nun am Ende angelangt zu sein, oder etwa doch nicht? Wie schon beim Erstling hat sich Takeshi Kitano hier sämtliche Möglichkeiten offen gelassen.




Outrage Coda


Japan 2017
Outrage Coda
Regie, Drehbuch, Schnitt: Takeshi Kitano
Musik: Keiichi Suzuki
Darsteller: Takeshi Kitano, Ren Osugi, Yutaka Matsushige, Toshiyuki Nishida, Tokio Kaneda
Laufzeit: Circa 104 Minuten
Verleih: Capelight Pictures (DE)
Genre: Unterwelt-Drama
FSK: Ab 16



Sonatine und Outrage Coda. Der Kreis scheint sich zu schließen. So, wie alles begann, so scheint es wieder zu enden. Mit einem Knall. Oder besser gesagt, mit einem Maschinengewehr. Was die Atmosphäre und Machart betrifft, sowie aber auch einige Szenen in Outrage Coda selbst, gibt es ein paar Parallelen zu Kitanos Sonatine aus dem Jahr 1993.

Die Geschichte von Outrage war mit Beyond Outrage eigentlich erzählt. Es gab ein paar wenige lose Enden, die sicherlich keinen neuen Film gerechtfertigt hätten. Eines dieser losen Enden war eindeutig Kitanos Charakter Otomo, der alteingesessene, traditionelle Yakuza. Es war seine Geschichte, die sich am Ende von Teil 2 noch nicht wirklich vollständig anfühlte. Wer Kitanos Filme kennt, weiß, dass seine Charaktere, die er spielte, meistens ein tragisches Ende erwartete. Ob Otomos Ende in Outrage Coda tragisch ist oder er glücklich und zufrieden bis an sein Lebensende auf einer einsamen Insel leben wird, werde ich hier natürlich nicht verraten. Outrage Coda hatte das Potential, aus der Reihe zu tanzen und vieles zu zerstören, was man sich mit den beiden Vorgängern aufgebaut hat. Essentiell wäre Outrage Coda sicherlich nicht nötig gewesen, aber als runden Abschluss der Trilogie mit einem Ende , was sich diese Saga verdient hat, beweist Takeshi Kitano, dass ihm nicht die Puste ausgegangen ist. Obwohl zahlreiche Charaktere schmerzlich vermisst werden, so ist Coda von allen drei Filmen sogar der kurzweiligste. Ein paar wenige Charaktere, die Teil 2 überlebt haben, findet man auch in Coda wieder. Zudem werden wieder eine menge neue Charaktere eingeführt, darunter auch Takeshi Kitanos langjähriger Weggefährte Ren Osugi als neuer Boss des Hanabishi-Klans. Traurigerweise handelt es sich hier um eine der letzten Rollen von Ren Osugi, der zu Beginn des Jahres leider verstorben ist. Mit Ren Osugis Charakter Nomura kehrt jedoch wieder ein wenig Kitanos Offbeat-Humor zurück. Nomura ist eine skurrile Figur. Nomura ist kein traditioneller Yakuza, handelte vorher mit Wertpapieren und ist nicht einmal tätowiert. Zu unterschätzen ist dieser herrlich überzeichnete Charakter aber dennoch nicht. Ein weiterer Charakter, der sich hier einreiht ist Hanada, ein etwas dümmlicher Yakuza Patriarch der von Pierre Taki verkörpert wird.

Outrage Coda spielt insgesamt 10 Jahre nach dem Erstling. Genau wie Kitano selbst der Gewalt in seinen Filmen gegenüber müde geworden ist, agieren auch seine von ihm geschaffenen Charaktere. Und auch Otomo ist müde. Müde, aber nicht gelangweilt. Otomo ist ein Yakuza vom alten Schlag. Ein Mann, der all seine offenen Rechnungen begleicht. Die Fehde mit dem Sanno- und Hanabishi-Klan nimmt hier ihren Höhepunkt. Besonders die Gesellschaftskritik gegenüber der Korruption in den höchsten Ebenen ist ein zentrales Thema im Film. Outrage Coda widersetzt sich sämtlichen Regeln, die die Vorgänger aufgebaut haben. Kein Charakter ist mehr sicher (falls das überhaupt je der Fall war), es herrscht pure Anarchie. Eine Anarchie, die den ganzen Film über zu spüren ist.

Musikalisch komplettiert Keiichi Suzuki die Outrage Trilogie. Sein Score heizt die knisternde Atmosphäre im Film ein und steuert gewohnt zum Gesamtbild dazu. Obwohl Kitano selbst den Blutrünstigkeiten der Yakuza überdrüssig geworden ist, ist im Film davon nicht viel zu spüren. Wie die beiden Filme zuvor spritzt der rote Lebenssaft in Outrage Coda und hält sich eigentlich nur in den ganz drastischen Momenten zurück, wo sich die wahren Bilder dann wohl eher in den Köpfen der Zuschauer abspielen werden.

Interessanterweise lässt das Ende sogar noch Spielraum für einen weiteren Film. Auch wenn dies mehr als unwahrscheinlich ist, so wird der Zuschauer auf die große Schießerei am Ende wohl vergebens warten. Was wichtig ist, und nur das zählt, Otomos blutige Geschichte ist erzählt. Ob er den Film überlebt oder nicht, verrate ich zwar nicht, aber es sei so viel gesagt, dass seine Reise hier endet. Das relativ offen gehaltene Ende spielt für Otomo aber auch den Zuschauern gegenüber keine Rolle mehr. Ob sich der Sanno- und der Hanabishi-Klan weiter zerfleischen und massakrieren, ist für alle außenstehenden ziemlich uninteressant. Es ist ein Finale mit Stil und Fans der Saga werden vielleicht einige Zeit brauchen, dieses Finale richtig einordnen zu können.



Resümee

Obwohl besonders Charaktere wie der verschlagene Kataoka oder aber auch der Yakuza Kimura vermisst werden, so hat Takeshi Kitano es gemeistert, mit Outrage Coda einen würdigen Abschluss seiner Yakuza-Saga zu finden. Noch einmal Ren Osugi in Höchstform sehen zu dürfen ist ein zusätzlicher Bonus. Outrage Coda ist ein Film, der alleine nicht funktionieren würde und das Wissen der Vorgänger wieder einmal unabdingbar ist. Aber auch darüber hinaus ist Outrage Coda wohl der Film, der bei einigen Fans wohl erst nach mehrmaligem ansehen zünden wird. Was mich betrifft, so begeisterte mich bereits die erste Sichtung. Vermutlich habe ich aber auch zusätzlich davon profitiert, kurz vorher noch einmal Sonatine geschaut zu haben. Sonatine ist, wie ich finde, der Schlüssel, um Outrage Coda noch mehr genießen zu können.

Takeshi Kitano wird sich wohl endgültig aus den Angelegenheiten der Yakuza raushalten. Ein Abschied, den es bereits mit Brother geben sollte. Mehr als Kitano wird wohl niemand aus diesem Genre mehr herausholen können. Dabei könnte man es auch einfach belassen, wenn Yakuza-Filme dann nicht so unterhaltsam wären. Ob jemand das Genre so gut handhaben kann wie Takeshi Kitano bleibt abzuwarten. Aber wer weiß schon, was dieser verrückte alte Kerl selbst noch so in Petto hat!

Freitag, 14. September 2018

Rezension: Star Wars - Thrawn




USA 2017

Star Wars: Thrawn
Autor: Timothy Zahn
Verlag: Blanvalet
Übersetzung: Andreas Kasprzak
Genre: Science Fiction



Das Expanded Universe ist tot, lange lebe das Expanded Universe! So ähnlich hört es sich an, wenn man über das erweiterte Star Wars Universum der heutigen Zeit redet. Das Expanded Universe war zu Beginn der 90er maßgeblich daran beteiligt, dass das Star Wars Franchise sich wieder ins Gespräch brachte. Dieses Universum bestand zu einem Hauptteil zwar aus Romanen, dazu gabs aber auch noch andere Medien wie Comics, Videospiele und gar Spielzeug, was das Star Wars Universum um viele neue Geschichten erweiterte. Vor einiger Zeit thematisierte ich den Fall dieses Universums hier auf "Am Meer ist es wärmer" und die Geschichte dürfte unter Fans quasi ein alter Hut sein. George Lucas respektierte das Expanded Universe, äußerte sich nur nie wirklich über die Kanonisierung. Natürlich ist darunter auch viel Schund dabei, der absolut gar nichts im Star Wars Universum zu suchen hat. Ein Fakt, der gerne mal verschwiegen wird bzw. stillschweigen darüber vereinbar wird. Als Disney die Rechte an Star Wars erwarb, flog letztendlich auch das Expanded Universe nun hochoffiziell aus der offiziellen Star Wars Chronologie. Seitdem heißt dieses Universum und alles, was sich dort abspielte, "Star Wars: Legends". Disney führt jedoch auch noch eine offizielle Variante von all dem weiter, was das Expanded Universe bot, nur eben in wesentlich geordneteren Strukturen.

Als 1991 "Erben des Imperiums" erschien und später als sogenannte "Thrawn Trilogie" zum Kult wurde, war quasi der Startschuss des Expanded Universe, der von Autor Timothy Zahn damals eingeleitet wurde. Vermutlich sehen einige eingefleischte Fans die Thrawn Trilogie noch heute als einzig wahren legitimen Nachfolger zu "Die Rückkehr der Jedi Ritter" an. Zahns ikonischer Bösewicht Thrawn stand einem Darth Vader oder dem Imperator in nichts nach. Im Gegenteil, Thrawn war eher noch gnadenloser und gerissener. Mit dem Wegfall des Expanded Universe starb auch Thrawn. Zumindest so, wie wir ihn bisher kannten. Allerdings war sich auch Disney der großen Beliebtheit von Thrawn bewusst und konnte diesen Charakter nicht einfach wegwerfen wie einen Gegenstand, der nicht mehr gebraucht wird. Umso überraschender war es, dass der Charakter in der animierten TV-Serie "Star Wars Rebels" wieder aufgetaucht ist. So groß die Freude bei manchen war, so stirnrunzelnd nahm man diesen Auftritt auch zur Kenntnis. Der große Bösewicht Thrawn nun in einer Serie, konzipiert für Kinder. Grund genug für alle Beteiligten, diesem Charakter ein angemessenes Revival zu verpassen. Und kein geringerer Autor als Timothy Zahn wurde damit beauftragt, den Großadmiral aus dem Ruhestand zu holen.

Für Zahn war die Rückkehr zu einem neuen Thrawn-Roman eine Herzensangelegenheit. Als heißblütiger Fan muss man hier seine Erwartungen jedoch anders verteilen. Obwohl Name und Erscheinung gleich sind, agiert und handelt der neue Thrawn anders als der alte Thrawn (jetzt wirds verwirrend). Zeitlich spielt Thrawn nicht nach den Ereignissen von Episode IV-VI sondern davor. Hier lernen wir Thrawns Vergangenheit und somit ihn selbst besser kennen, als je zuvor. Und wir erfahren, wie er zu dem begnadeten Taktiker wurde, der von Imperator Palpatine so hoch geschätzt wurde. Der neue Thrawn ist nahbarer als zuvor und Zahn hat es geschafft, dass die Leser sich in diesem Update des Charakters besser hineinversetzen können. Überraschenderweise, obwohl er der Namensgeber des Romans ist, ist die Rahmenhandlung des Romans deutlich weiter gefächert. So verlagert sich die Geschichte nicht nur auf Thrawn, sondern auch sein Protegé Eli Vanto spielt eine wichtige Rolle. Ich habe mich zusätzlich dabei ertappt, die Kapitel rund um Eli spannender zu finden als die des eigentlichen Protagonisten, Thrawn. Politik und Intrigen kamen im Roman ebenfalls nicht zu kurz. Durch den enormen Umfang gibt es aber leider auch ein paar Durststrecken, mit denen Timothy Zahn jedoch schon immer zu kämpfen hatte. Das Ende selbst weist geschickt auf eine Fortsetzung hin, die in den USA im Juli dieses Jahres erschienen ist. Ebenfalls verfasst von Zahn.



Resümee

"Thrawn" ist eine spannende Neuinterpretation eines ikonischen Charakters, der wohl hauptsächlich den eingefleischtesten Star Wars Fans ein Begriff sein wird. Damit will ich Thrawn als Charakter natürlich nicht degradieren, im Gegenteil. Die Relevanz der Filme ist nur so enorm, dass die Roman-Charaktere praktisch ihre komplett eigene Fangemeinde haben. Genug Potential besitzt der Taktiker auch heute noch, um sämtliche Antagonisten der neuen Trilogie gegen die Wand zu spielen. In dieser Prequel-Story beweist Timothy Zahn noch immer, dass die Macht ihn in all den Jahren nicht verlassen hat (Zahn ist für wesentlich mehr Romane aus dem Star Wars Universum verantwortlich und es wäre unfair, sein Werk nur auf "Erben des Imperiums" zu reduzieren). Mit Ausnahmen einiger vermeidbarer Längen ist das Thrawn-Reboot zu einem gelungenem Star Wars Abenteuer geworden, welches sicherlich nicht so einen Einfluss haben wird wie Zahns alte Trilogie, aber seine Daseinsberechtigung mehr als nur unter Beweis gestellt hat. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Donnerstag, 6. September 2018

Ranking of the Dead: Romeros Zombies



George A. Romero prägte 1968 mit seinem Low Budget Indie-Film "Night of the Living Dead" das Genre des Horrors neu. Weniger mit blutrünstigen Effekten, dafür aber mit vollen Fokus auf eine beklemmende Atmosphäre. Night of the Living Dead glich einem Bühnenstück. Obwohl der Film, technisch gesehen, heute ziemlich altbacken wirkt, so ist er aber unverkennbar noch immer ein Highlight des Genre und der Beginn einer Ära, die bis heute nichts von ihrer Popularität eingebüßt hat. Denn, am Ende kommen sie immer wieder. Sind die Leute einmal übersättigt von den wandelnden Toten, wie es aktuell bei "The Walking Dead" der Fall ist, werden sie in einigen Jahren wieder auferstehen und vermutlich erneut die Kabelsender, Streaming-Dienste oder gar die Kinos unsicher machen.

Vor einem Jahr, im Juli 2017, verstarb George Romero im Alter von 77 Jahren. Sein letzter Film, "Survival of the Dead" erschien 2009 und konnte weder Fans, Kritiker noch Investoren großartig überzeugen. Ein Mann wie Romero wurde anscheinend nicht mehr gebraucht. Dabei hatte Romero noch längst nicht vor, sich in den Ruhestand zu setzen. Seine "Of the Dead" Reihe war noch nicht abgeschlossen. Sein Projekt "Road of the Dead" nur eine Idee.
Mit dem Tod Romeros sollen nun zwei Projekte, darunter "Road of the Dead" und "Rise of the Living Dead", realisiert werden. Der Altmeister musste also erst die Welt verlassen, damit seine nicht realisierten Projekte endlich umgesetzt werden. Romero wollte sich bereits bei "Road of the Dead" nicht mehr selbst auf den Regiestuhl setzen. Er wäre für die Story mitverantwortlich, und als Produzent und Supervisor tätig gewesen. "Road of the Dead" wird also vermutlich das letzte Werk sein, was noch auf Ideen und Konzepte des Altmeisters basiert. Bei "Rise of the Living Dead" wird sein Sohn Cameron Romero für Drehbuch und Regie zuständig sein.

Die Qualität dieser Projekte darf natürlich ganz offiziell noch angezweifelt werden. Selbst Romeros mäßigere Filme in dem Genre waren immer noch gute Filme. Zuletzt veröffentlichter Schund wie "Day of the Dead: Bloodline" geben jedoch keine große Hoffnung darauf, dass sich etwas ändern wird. Fairerweise muss man jedoch sagen, dass dieses unsägliche Remake von Romeros vermutlich bestem Film nicht unter seiner Riege entstanden ist und auch keiner der Verantwortlichen, die an den neuen Projekten beteiligt sind, an Bloodline beteiligt waren.

In letzer Zeit war ich George A. Romeros schleichenden Kannibalen noch einmal auf der Spur. Die Idee zu einem Ranking, was auf den ersten Blick sicher überraschen wird, kam mir spontan in den Sinn. Qualifiziert für dieses Ranking sind alle Zombie-Filme, die unter Romero entstanden sind. Darunter zählt auch das "Night of the Living Dead" Remake von Romeros Weggefährte Tom Savini. Dort fungierte Romero als Writer, Supervisor und Produzen.
Zack Snyders ausgezeichnetes Remake zu Dawn of the Dead hingegen hat es nicht in das Ranking geschafft, da die Mitarbeit von George Romero hier sehr limitiert war. Entstanden ist eine Filmografie des Todes, die sich über mehrere Dekaden erstreckt.




7. Land of the Dead (2005)




Nach dem sensationellem Erfolg von Zack Snyders Dawn of the Dead Remake witterte Universal ein lukratives Geschäft. Mit Land of the Dead dachte man sich wohl folgendes: "Wenn ein Remake bereits so erfolgreich ist, wie erfolgreich wird dann der Film sein, wo George Romero persönlich die Regie übernimmt?" Die Antwort darauf erhielt man relativ schnell. Land of the Dead ist an den Kinokassen relativ deutlich untergegangen. Das Dawn of the Dead Momentum war verflogen und den Altmeister aus dem nicht ganz so freiwilligen Ruhestand zu holen erwies sich als nicht so lukrative Idee für das Studio. Dabei war Land of the Dead gesegnet mit einem Budget, wovon Romero bisher immer nur träumen könnte. Zusätzlich war Land of the Dead auch Romeros erster Zombie-Streifen, der mit einem R-Rating in die amerikanischen Kinos kam, etwas, wovor er sich immer gesträubt hat. Man versprach ihm jedoch, den Film für den Heimkinomarkt in einer Unrated-Fassung veröffentlichen zu dürfen. Und die sollte Land of the Dead durchaus gut tun. In Sachen Handlung wurde der Film sinnvoll erweitert, doch auch zusätzlicher Gore, der fürs R-Rating weichen musste, wurde in die Unrated-Fassung wieder eingefügt. Entstanden ist ein groß angelegtes Projekt, in das noch Ideen ihren Weg fanden, die Romero bereits für "Day of the Dead" plante. Auch schauspielerisch gewann man mit Simon Baker, John Leguizamo und sogar einem Dennis Hopper bekannte Namen. Mit dabei auch Asia Argento, der Tochter eines anderen Weggefährten Romeros, Dario Argento.

Auf dem Papier klingt hier durchaus alles nach Extraklasse. Das Endergebnis wirkt jedoch relativ ernüchternd. Oftmals wirkte es, als sei Romero mit dem großen Budget überfordert gewesen. Kein wunder für einen alternden Filmemacher, der immer wieder Budgetkürzungen hinnehmen musste. Land of the Dead ist bei weitem kein schlechter Film, er ist sogar ziemlich unterhaltsam. Doch haftet ihm nicht das an, was Romeros Filme vorher, aber auch danach immer ausmachte. Land of the Dead ist zugeschnitten für eine breite Masse. Der Plot und die Gesellschaftskritik sind dünn gehalten, die Charaktere bleiben äußerst Flach und berechnend im Verlauf des Films. Alles, was Zack Snyder mit seinem Dawn of the Dead Remake aufgebaut hat, wurde in Land of the Dead gegen verhältnismäßig einfache Unterhaltung eingetauscht. Snyders Remake lebte von einer ungeheuren Dichte und Spannung, der Altmeister hingegen war mit Land of the Dead nicht in der Lage, diese Essenz einzufangen. Stattdessen greift er das ein oder andere mal zu sehr auf alte Erfolgsrezepte zurück, die in Land of the Dead aber ungewohnt überflüssig wirken.



6. Survival of the Dead





Mit "Diary of the Dead" aus dem Jahr 2007 traf Romero den Zahn der Zeit. Wenn auch bei den Kritikern nicht gut angekommen, begrüßten seine Fans den Weg zurück zu einer eher kleineren Produktion. Survival of the Dead hingegen war vielleicht, nur zwei Jahre später, thematisch nicht die klügste Wahl, einen neuen Film zu präsentieren. Es sollte nicht nur Romeros letzter Zombie-Streifen werden, sondern gleichzeitig auch sein letzter Film überhaupt, rund 8 Jahre bevor er verstarb. Survival of the Dead kostete Romero die Leute, die in sein Schaffen investieren. Es war durchaus noch eine Zeit bevor Crowdfunding und Netflix zu unserem Alltag gehörten. Romero musste Studios noch auf altmodische art und weise von seinen Ideen überzeugen. Nach dem Misserfolg von Survival of the Dead nahmen die Studios jedoch Abstand.

Survival of the Dead ist der Film eines älteren Herrn über andere ältere Herrn, die auf einer Insel leben. Fälschlicherweise wird Survival of the Dead oftmals als Horror-Komödie betitelt, dies ist jedoch falsch. So melancholisch und bierernst wie Diary ist Survival durch seine eher lockere Atmosphäre und vieler Oneliner zwar nicht, aber die Lacher im Film halten sich doch arg in Grenzen. Survival of the Dead ist ein klassisches Spätwerk das weder das Genre revolutioniert, noch aber irgendeinen Schaden anrichtet. Es ist mal wieder eine interessante Studie von Romero in die menschlichen Abgründe. Das Setting rund um eine Insel, die von zwei rivalisierenden Familienclans beherrscht wird, ist interessanter, als es den Anschein macht. Was der Film verpasst, ist, einen richtigen Treffer zu landen. Zwar findet man hier wieder mehr Romero als in Land of the Dead, aber es haftet auch nicht sehr viel an Survival, was ihn relevant erscheinen lässt. An sich ist Survival of the Dead ein Film, der relativ kurzweilig ist und durchaus zu unterhalten weiß. Mit dem Wissen jedoch, dass es sich um George R. Romeros letzten Film handelt, hätten wir uns wohl alle gewünscht, dass ein großer Filmemacher sich mit einem großen Knall verabschiedet. Dies wird dem Film leider immer anhaften.




5. Dawn of the Dead (1978)




Romero Cut? Argento Cut? Oder doch lieber der Krekel Cut? Dawn of the Dead bietet für jeden etwas, doch die meisten Fassungen findet man sicherlich in Deutschland. Als ein in Zelluloid gebannter Albtraum für die deutschen Jugendschützer der damaligen Zeit, wurde Dawn of the Dead aka Zombie aka Zombies im Kaufhaus wohl zu einem der meist zensierten Filme in Deutschland. Bis heute noch bundesweit beschlagnahmt fristet er sein Dasein auf schummrigen Filmbörsen. Wer keine gekürzte Fassung oder ein Bootleg ergattern will, der muss hier auch weiterhin bei einer österreichischen oder anderen ausländischen Fassung zugreifen.


Dawn of the Dead ist, ohne Frage, Romeros wohl bekanntester Film zusammen mit Night of the Living Dead. Der Film erschien rund 10 Jahre nach dem Überraschungserfolg des Erstlings und führt die Geschichte mit neuen Charakteren auf einer wesentlich größeren Ebene fort. Mit David Emge und Kult-Darsteller Ken Foree in den Hauptrollen, spielt die Handlung diesmal nicht mehr in einem verlassenem Farmhaus sondern in einem Einkaufszentrum. Romero führt seine Gesellschaftskritik auf ein Maximum und hat ein schauriges Bild der Gesellschaft der 70er hinterlassen. Handwerklich brillant und doch aus heutiger Sicht ein wenig angestaubt was Präsentation und Lauflänge angeht. Hier kommt es wirklich drauf an, welche Schnittfassung man sich ansieht. So ist es   Dario Argentos Fassung, die den Film ein wenig an Balast nimmt, ihn mit einem Soundtrack der italienischen Band Goblin versieht und ihn etwas zugänglicher macht. In diesem Ranking wohl die kontroverseste Platzierung, besonders im Anbetracht der Tatsache, welcher Film hiernach folgt.



4. Diary of the Dead



Diary of the Dead war Romeros Rückkehr zu den Zombies nach Land of the Dead. Allerdings vom Budget her wieder in wesentlich kleineren Regionen angesiedelt und mit größtenteils unbekannten Schauspielern versehen. Zumindest macht dies den Anschein. In Wahrheit gibt es hier doch viele prominente Cameos von alten Weggefährten oder langjährigen Fans von Romero. Gastauftritte gibts hier in Form von Radiosprechern, deren Stimmen geliehen werden von Quentin Tarantino, Guillermo del Toro, Wes Craven, Stephen King, Simon Pegg und Tom Savini. Selbst Romero selbst ist hier in einem Cameo zu sehen. Diary of the Dead war auch, obwohl bei den Kritiken relativ durchwachsen aufgenommen, Romeros Rückkehr zu einer alten, fast vergessenen Stärke. In diesem relativ melancholisch angehauchtem Roadmovie, das chronologisch angesiedelt ist nach den Ereignissen in Night of the Living Dead, nimmt es Romero erstmals mit der modernen Generation auf. Der YouTube und Social Media Generation. Ein kleines bisschen war Romero 2007 mit seiner Filmidee dem Zeitgeist etwas voraus. Je mehr Jahre vergehen, desto relevanter scheint Diary of the Dead zu werden. Interessanterweise bestand die Idee, eine art Found Footage Film zu drehen, schon seit vielen Jahren in Romeros Kopf. Inwiefern die Umsetzung seinen alten Konzepten gleicht wird nun nicht mehr aufgeklärt werden, aber spielt nun auch sicherlich keine Rolle mehr.

Überraschend für mich selbst ist, wie frisch der Film sich auch jetzt noch anfühlt. Sein Low Budget Charakter erinnert wieder ein wenig an Night of the Living Dead. All das macht Diary of the Dead zu einem sehr ehrlichen Film. Auch wenn er in Romeros Zombie-Universum wohl nie eine sehr große Aufmerksamkeit erregen wird, so hat er durchaus seine Fans und somit seinen verdienten Platz im Ranking gefunden.



3. Night of the Living Dead (1968)




Alles hat einen Anfang, sogar ein ganzes Subgenre. Night of the Living Dead war ein überraschender Indie-Hit, der mit einem lächerlich geringem Budget auskam. So gering, dass in einer Zeit, wo unlängst in Farbe gedreht wurde, hier noch Schwarzweiß angewandt wurde. Teils als Stilmittel, größtenteils jedoch um kostengünstig drehen zu können. Natürlich ist das Schwarzweiß das Stilmittel, wieso dieser Film so verdammt gut funktioniert.Vom Aufbau her gleicht der Film einem Bühnenstück. Der Fokus liegt hier auf einer lauernden, unbekannten Furcht, die, so unglaublich es klingen mag, die Toten aus ihren Gräbern aufsteigen lässt. Eine genaue Erklärung über das "Wieso" bleibt uns Romero in eigentlich allen Filmen schuldig, doch genau das macht die Filme mitunter so ansprechend. In Night of the Living Dead könnte es die Strahlung eines Satelliten sein, die die Katastrophe ausgelöst hat. Im Tom Savinis Remake belächelt man diese Theorie eher. Die Ursprünge werden nie vollständig geklärt und es ist völlig in Ordnung so.

Night of the Living Dead hatte es nie einfach. Ein großer Faktor ist hier das Copyright, welches durch einen Fauxpas damals nicht unter dem Titel "Night of the Living Dead" registriert wurde, sondern unter einem anderen Titel. Seit seiner Veröffentlichung ist der Film somit Public Domain und frei zugänglich für nicht autorisierte Versionen. Weder die Farbfassung, noch die berüchtigte 30th. Anniversary Edition, die in Deutschland fälschlicherweise auf Liste B für jugendgefährdende Medien landete, sind autorisierte Versionen von Romero. Und ja, es gibt sogar Fassungen, wo der Soundtrack durch Techno oder Heavy Metal ausgetauscht wurde. In den letzten Jahren ist es um diese obskuren Versionen oder nicht autorisierten Remakes sehr ruhig geworden, aber da die Copyright-Lage anscheinend noch immer nicht geklärt ist, wird der Film wohl auch weiterhin vor solchen Fassungen nicht geschützt sein.

Technisch gesehen könnte Night of the Living Dead als C-Movie durchgehen. Die Dialoge wirken öfters sehr hölzern, die Kulissen improvisiert und es gibt visuelle Filmfehler wie Sand am Meer, die durch die hohen Auflösungen der heutigen Zeit noch wesentlich deutlicher werden. Aber all das macht den Charme dieses großartigen Werks aus. Anders als vielleicht bei Dawn of the Dead schadet das hohe Alter des Films der Präsentation weniger, lässt ihn noch kultiger erscheinen und macht ihn somit zu einem zeitlosen Klassiker.



2. Night of the Living Dead (1990), Regie: Tom Savini




Tom Savinis Spielfilmdebüt als Regisseur gilt heute mittlerweile beinahe als verschollener Film. Es ist, als würden wirklich nur noch die sehr eingefleischten Fans darüber bescheid wissen, dass zu Romeros Klassiker ein großartiges Remake existiert. In Farbe, mit wundervollen Effekten und einer alternativen Storyline. Romero schrieb für dieses Remake das Script und ließ Ideen mit einfließen, die es damals nicht ins Original geschafft haben. Barbara zur ultimativen Protagonistin zu machen war eine dieser verworfenen Ideen. Der Altmeister fungierte hier zusätzlich noch als einer der Produzenten und übernahm am Set die Rolle des Supervisor. Die Regie übernahm hier, für viele sehr überraschend, Special Effects Künstler Tom Savini. Savini grämte sich immer, nicht für die Effekte im Original verantwortlich gewesen zu sein. Romero arbeitete mit Savini bereits bei Dawn of the Dead und Day of the Dead zusamment und beförderte ihn bei diesem Remake sogar auf den Regiestuhl.

Die Rollen der Charaktere wurden, wenig überraschend, allesamt neu besetzt. Barbara wurde hier von Patricia Tallman, Ben von Tony Todd und Cooper von dem viel zu früh verstorbenen Tom Towles übernommen. Die Darsteller überzeugen und funktionieren allesamt. Film- und Logikfehler des Originals wurden größtenteils ausgebessert und der Umfang der Geschichte teilweise erweitert. Die Zombies sind bedrohlicher als je zuvor. Um dem Original zu huldigen, entschied man sich bereits vor Drehbeginn dafür, Blut und Splatter sehr gering zu halten. Die Effekte sind jedoch durchgehend aufwendig gehalten. Und dennoch mussten für das R-Rating einige Frames von der einen oder anderen Szene entfernt oder umgeschnitten werden. Diese Szenen findet man in einem Workprint wieder. Allerdings hält sich die Relevanz der Szenen stark in Grenzen.

Savini selbst beschreibt den Dreh als "Schlimmsten Albtraum". Eine menge Szenen konnte er nie realisieren und auch über die Anpassungen fürs R-Rating war er alles andere als begeistert. Oftmals, wenn Romero nicht am Set war, kämpfte er sogar damit, seine Contenance zu bewahren. Bei den Kritikern wurde der Film eher durchwachsen aufgenommen. Erst im Verlauf der Jahre gewann das Remake an Signifikanz und gilt auch heute als Kultfilm und eines der besten Remakes im Horrorgenre. Verdient, wie ich finde. Es ist das wunderbare Zusammenspiel einer menge Parteien. Von Perfektion ist auch dieses Remake weit entfernt, jedoch kann man darüber leicht hinwegsehen. Von Anfang bis zum Ende ein unglaublich kurzweiliger Film, der mit einem überraschend kontroversem Ende aufwartet und den Übergang zu Dawn of the Dead verständlicher macht. Ein Remake, welches hoffentlich in den kommenden Jahren auch mal wieder einer größeren Zielgruppe zugänglich gemacht wird. Besonders in Deutschland sollte einer Neuprüfung praktisch nichts mehr im Wege stehen, doch gab es erst 2017 wieder eine unnötige Folgeindizierung.



1. Day of the Dead (1985)



Day of the Dead hatte geringeres Glück als Night of the Living Dead und Dawn of the Dead und erhielt bereits zweimal ein unsäglich schlechtes Remake. Noch einmal verstärkt werden sämtliche Fehlversuche dadurch, dass George A. Romero hier einen unfassbar guten Film abgeliefert hat. Oft kopiert, besonders von den Italienern, doch eigentlich nie erreicht thront Day of the Dead an der Spitze der Zombiefilme. Alles, was Romeros Filme ausmacht, findet man in diesem Film. Für seine künstlerische Freiheit verzichtete Romero sogar auf die Hälfte des Bugdets und brachte den Film ungeprüft in die amerikanischen Kinos. Mit einem Einspielergebnis von über 34 Millionen Dollar weltweit ein voller Erfolg. Trotz seiner teils drastischen Gewaltdarstellungen im letzten Abschnitt des Filmes (auch hier war wieder Tom Savini mit seinem Team am Werk und ließ sie, wörtlich gesagt, durch die Hölle gehen), bleibt überraschenderweise nicht der Splatter in Erinnerung, sondern der Film als Gesamtwerk. Auch Day of the Dead gleicht einem Bühnenstück. Die erste Hälfte des Filmes sind wenig Zombies zu sehen und es ist die Isolation, die einen Großteil der Handlung bestimmt. Der Film baut sich langsam, aber nicht zäh auf und steuert von Minute zu Minute auf ein großartiges Finale zu.

Bedanken kann man sich für die überzeugende Aufführung bei den Schauspielern, die fast allesamt aus dem Bereich Theater stammen. Mit Lorie Cardille, die hier die Rolle der Sarah übernahm, wählte Romero erstmals eine weibliche Protagonistin (etwas, was er eigentlich schon für Night of the Living Dead vorgesehen hatte). Doch besonders die Auftritte von Terry Alexander, Joseph Pilato und Richard Liberty sind es, die für mich diesen Film besonders hervorheben.

Isolation, Wahnsinn und Verzweiflung in einer Zombie-Apokalypse. Zum Abschluss seiner ersten Trilogie ließ Romero nichts anbrennen und verabschiedete sich hier für viele Jahre mit einem Feuerwerk. Etwas, was man sich sicherlich auch bei Survival of the Dead gewünscht hätte. Doch die Zeiten waren halt andere damals, das Feuer in allen Beteiligten brannte mehr als je zuvor und gemeinsam wollte man erneut mit relativ einfachen Mitteln einen großartigen Film erschaffen. Und tatsächlich kann man hier sagen, man hat das Maximum aus dem Genre geholt und mit Day of the Dead einen fantastischen Film geschaffen.