Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film
Mittwoch, 1. April 2015
Einwurf: Gilt man jetzt eigentlich als uncool, wenn man Nolans Filme feiert?
Regisseur, Autor, Produzent. Christopher Nolan ist einer der letzten Architekten Hollywoods. Ein Filmemacher alter Schule. von seiner Präsenz her zurückhaltend, ja, beinahe schon kühl und unnahbar. Aber es sind diese Eigenschaften, die Nolans Faszination ausmachen. Genau wie Ridley Scott und Stanley Kubrick in ihren besten Zeiten, so erfindet sich auch Nolan immer wieder neu.
Die Statistiken und der Renommee sind deutlich: Nolan ist nicht nur einer der kommerziell erfolgreichsten Regisseure seit der Jahrtausendwende (darunter befinden sich leider auch weniger illustre Namen), er genießt auch bei Kritikern und Filmfans gleichermaßen ein hohes Ansehen.
Nolan ist nicht nur bekannt dafür, den dunklen Rächer aus der Klamauk-Kiste befreit zu haben, in die er von Joel Schumacher gesteckt wurde, Nolan ist auch bekannt dafür, das PG-13 Genre revolutioniert zu haben. Spätestens seit Batman Begins funktionierte die Nolan-Formel. Düster und ernst sind seine Filme und sprechen dabei überraschenderweise auch noch ein riesiges Publikum an.
Lange musste ich mir für diesen Einwurf eine Überschrift ausdenken. Ich wollte sie ein wenig überzeichnen und fragte mich selbst, mit einem Schmunzeln auf den Lippen, gilt man jetzt eigentlich als uncool, wenn man Nolans Filme feiert? Pünktlich zum Heimkino-Release von Interstellar (Rezension wird auch zeitnah hier erscheinen) stelle ich mir diese Frage. Denn wofür Christopher Nolan vor wenigen Jahren noch gefeiert wurde, scheint in der heutigen Zeit sein Verhängnis zu werden. Gleichermaßen von Regie-Kollegen und Filmfans hagelt es Kritik. Landsmann sowie Kick-Ass und X-Men: First Class Regisseur Matthew Vaughn wirft Nolans Filmkunst vor, zu pessimistisch zu sein in einer Zeit, wo die Menschen unterhalten werden wollen. Die Aussage hielt Interstellar nicht davon ab, ebenfalls in die Top 250 Liste der IMDb einzusteigen, in der Nolans Filme nun ganze 7 mal vorzufinden sind. Und auch Online ist es unbehaglich geworden, wenn man sich für Nolans Filme ausspricht. Bekennt man sich zu Nolan, wird man vom gemeinen Pöbel häufig als ignorant und exzentrisch betitelt die keinerlei Kritik an ihren geliebten Regisseur zulassen. Ja, vom Papier her scheint meiner Überschrift tatsächlich etwas wahrhaftiges anzuhaften.
Allerdings dürfte mein Einwurf wesentlich dramatischer klingen, als er es letztendlich ist. Meine persönliche Meinung ist, ja, es ist schade wenn man sich in Foren mittlerweile rechtfertigen muss, wieso man Nolans Filme gerne sieht. Solch ein überraschender Erfolg bringt mit der Zeit natürlich Neider mit sich. Und dennoch stelle ich mir die Frage: Wieso feiere ich Nolans Filme? Für mich ganz einfach zu erklären. Christopher Nolan hat Kino verstanden. Er weiß, wie Blockbuster-Kino funktioniert. An seinen Filmen haftet ein Glanz, der den meisten Modernen Big Budget Produktionen völlig abhanden gekommen ist. Dies ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass ich automatisch jeden Film von Nolan in den Cineasten-Himmel hieve. Wenn ein Matthew Vaughn einem Christopher Nolan vorwirft, zu pessimistisch zu sein, ist das natürlich sein gutes Recht. Aus dem ganz einfachen Grund, weil Vaughn sich unlängst als Filmemacher bewiesen hat und seine Kritik sehr wohl mit der Welt teilen darf, wie es ihm beliebt, da er aufgeblasenen Trash-talk aufgrund seiner Erfolge nicht nötig hat. Die Kontroverse liegt eher darin, ob man seiner Aussage auch zustimmt und wer hier vielleicht etwas zu viel hineininterpretiert.
The Dark Knight Rises katapultierte Batman für mich in eher düstere Gefilde zurück (qualitativ gesehen). Ein schwacher, unspektakulärer Abschluss einer Erfolgsgeschichte. An The Dark Knight Rises kann man sehr gut erkennen, wie müde Nolan gewesen sein muss, als er diesen Film drehte. Für ihn war der Film mehr eine Auftragsarbeit als wirkliche Passion (er schuldete Warner 3 Batman Filme). Und dies sieht man dem Film auch leider sehr häufig an. Handwerklich hebt sich The Dark Knight Rises natürlich noch immer von Bays oder Emmerichs (oder wie sie alle heißen mögen) Œuvre ab.
Wenn Filme wie Inception oder Interstellar bei den Oscars aber so sträflich ignoriert werden, kann man dies eigentlich schon als kriminell bezeichnen. Die Frage muss nicht gestellt werden, ob Nolan reif für den Oscar ist. Er ist sogar längst überfällig dafür. Genau wie bei Scorsese (der lediglich ausgezeichnet wurde, weil der Academy endgültig die Argumente ausgingen) oder aber auch DiCaprio glaube ich, wird Nolan auch in absehbarer Zeit nicht für die Auszeichnung berücksichtigt werden. Die Debatte, ob Nolans Filmkunst also der Meilenstein des Blockbuster Genre ist, oder aber aufgeblasener Humbug, wird noch genau so lange andauern wie die Wartezeit auf den Oscar (auf den jeder Filmemacher mittlerweile genau so gut auch verzichten kann).
Alle Filmfreunde, die solche Diskussionen jedoch unberührt lassen: Ihr seid die Gewinner!
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