Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Mittwoch, 16. August 2023

Einwurf: Rehragout-Wahnsinn und das ewig leidige Thema rund um Buchadaptionen



Heile Welt und Sonnenschein in der gemütlichen fiktiven Provinzidylle Niederkaltenkirchen, Exakt 10 Jahre nun scheinen die Provinzkrimis von Rita Falk gemeinsam mit den Verfilmungen von Constantin Film in friedlicher Harmonie in einer Koexistenz zu leben. Selbst ich, der deutschen Krimis fremder nicht sein kann und bei den Rosenheim Cops sowie Hubert und/ohne Staller schnell das Weite sucht, ist bewusst, wie erfolgreich die Eberhofer-Krimis sowohl als Buch wie auch als Film sind. Für Leser und Filmfans ist jeder neue Fall eine Rückkehr in die zweite Heimat zu guten Freunden. Von den aktuell 11 erhältlichen Romanen wurden via Constantin Film 9 Bücher verfilmt. Die beiden aktuell nicht verfilmten Bücher "Zwetschgendatschikomplott" sowie "Weißwurstconnection" (Bücher 6 und 8) wurden, laut Info von Constantin Film, aktuell aufgrund des Umfangs des Buchstoffes bisher noch nicht realisiert. Die Rechte an diesen beiden Verfilmungen liegen noch immer bei Constantin Film und man hält sich die Möglichkeit offen, diese noch zu adaptieren.

Pünktlich zur Premiere der Adaption von Rehragout-Rendezvous ist im Spiegel ein Interview mit der Autorin Rita Falk erschienen, wo sie noch einmal erläuterte, wieso sie nicht zur Premiere des neusten Films erschienen ist. Da der Artikel von Spiegel hinter einer Paywall steht, werde ich nur die Worte der Autorin hier mal zusammenfassen. So bezeichnete sie den neuen Film als platt, trashig und gar ordinär. Wenn im Abspann "Nach einem Roman von Rita Falk" auf der Kinoleinwand zu sehen sei, sei diese Bezeichnung nicht ganz korrekt, da die Verfilmung mit ihrem Roman nicht mehr viel zu tun habe. Die Autorin habe darüber, laut ihren eigenen Aussagen, sogar Tränen vergossen. Sie bezweifle, dass es weitere Verfilmungen geben wird was vermutlich auch bedeuten mag, die Filmrechte für den nun kommenden 12. Band "Steckerlfischfiasko" im Oktober, scheinen noch nicht ausgehandelt zu sein.

Nun aber die Rolle rückwärts, sowohl von Constantin Film als auch Rita Falk. Man gibt sich versöhnlich. Constantin Film schätze seit Jahren die Zusammenarbeit mit der Autorin und gab sich bestürzt und betonte, wie viel Arbeit und Passion in diesen Filmen stecke, sowohl was die Darsteller als auch die Arbeit hinter der Kamera angeht. Wertschätzung für die Darsteller und die anderen Verfilmungen gab es nun auch von der Autorin, ihre Kritik gegenüber dem neuen Film bleibt jedoch bestehen. Dennoch war es ihr wichtig, dass man ihr nicht die Worte nun im Munde verbiegt. Dazu besteht auch kein Grund, da die Autorin im Originalzitat ausschließlich die neueste Verfilmung im Fokus der Kritik stand. Im Rahmen der Emotionen können dann auch solche Worte fallen wie das vermeintliche Ende weiterer Adaptionen. Natürlich wird hier von beiden Seiten auch Schadensbegrenzung betrieben. Denn bei solchen Geschichten geht es um viel Geld sowie gleich drei Parteien an Fans, die die Bücher schätzen, die die Filme schätzen, die beides schätzen. Eine Reihe, die generell für ihre urdeutsche Provinzidylle und Heimatfeeling geschätzt wird.

Und dennoch dürfte das letzte Wort hier bestimmt noch nicht gesprochen sein. Ob die Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien weiterhin möglich sein wird, wird sich erst noch zeigen müssen. Und selbst wenn es nicht so kommt, die Rechte für die aktuell nicht verfilmten Bücher liegen weiterhin bei Constantin Film, die somit im Rahmen dieser Lizenzvergabe diese Bücher jederzeit umsetzen könnten.

Dieses hochaktuelle Thema bringt aber viel mehr ein deutlich älteres Thema zurück auf den Speiseplan. Die Problematik rund um Buchadaptionen. Wie weit darf sich ein Film vom adaptierten Buch unterscheiden? Blockbuster wie Peter Jacksons Herr der Ringe und Harry Potter geben genaue Auskunft darüber. Besonders bei Jacksons Trilogie-Auftakt "Die Gefährten" wurde die Story so dermaßen umgeschrieben, dass ein Kenner des Buchs hier kaum noch irgendwas wieder erkennen dürften. Völlig verschiedene chronologische Abläufe, fehlende Charaktere, fehlende Abschnitte ersetzt durch teilweise Original-Content, den es nur in den Filmen zu sehen gibt. Bei Harry Potter ist es da noch ein wenig anders, dort werden massive Teile der Bücher einfach in späteren Filmen nahezu ersatzlos gestrichen, was besonders in den letzten Filmen zu einer menge Anschlussfehlern führt.

Doch wie soll man ein 800-1000 seitiges Epos originalgetreu umsetzen, wenn bereits eine leichtere Lektüre wie die Provinzkrimis von Rita Falk für den filmischen Massenmarkt gestrafft und gekürzt werden müssen, und natürlich darf es auch nicht zu komplex sein. Während Peter Jackson mit seiner etwas eigenbrötlerischen Adaption dennoch den Nerv der Zeit getroffen hat, bewies etliche Jahre später die Hobbit-Trilogie ja das genaue Gegenteil. Die Adaption eines Kinderbuchs auf 3 epische Filme zu verteilen und dabei Dinge hinzudichten zu müssen, die gar nicht aus diesem Buch stammen war ein Balanceakt, der nie funktionierte.

Buchadaptionen sind auch nach wie vor beliebt wie nie zuvor. Ob The Witcher, Das Rad der Zeit oder House of the Dragon. Fantasy-Schwergewichte konsumentenfreundlich aufbereitet für Fans von TV-Serien. Bei The Witcher, wo nach viel Fanfare in beiden Staffeln zuvor die nun aktuelle dritte Staffel mit Henry Cavills Abschied als Geralt von Riva rekordweise Negativkritiken einfährt, bekommen Netflix und die Showrunner nun die Quittung dafür, wenn man sich zu weit von dem Quellmaterial entfernt.

Und genau hier liegt wohl auch die Crux. En Buch 1:1 als Film oder Serie umzusetzen ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Viel wichtiger ist es jedoch, sich nicht vom Ton, der Vision des Autors oder der Autorin und zu weit vom Quellmaterial zu entfernen. Eine menge Adaptionen leiden exakt darunter, dass sie sich zu weit von dem Stil und der geschaffenen Welt des Schriftstellers entfernen. Game of Thrones ist hier weiterhin ein gutes Beispiel, Doch besonders in dem Fall, wenn ausreichend Quellmaterial existiert wie zum Beispiel bei The Witcher und den Eberhofer-Krimis, so sollte es die oberste Priorität sein, das zu adaptierende Buch zu respektieren. In den seltensten Fällen funktioniert die andere Alternative und wenn ich hier die Original Bond-Romane von Ian Fleming anführen würde, würde ich direkt einen weiteren Einwurf benötigen.

Eine Buchadaption ist ein Balanceakt. Fast schon zu vergleichen mit bergsteigen. Eine Debatte, die eigentlich schon zu oft durchgekaut wurde und trotzdem immer aktuell bleiben wird. Aber besonders die Eberhofer-Debatte dürfte allen voran mal wieder Werbung für eines der ältesten Medien dieser Welt sein, das Buch. Für mich eine gute Gelegenheit, mal in die Provinz zu reisen.



 

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