Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Mittwoch, 19. Januar 2022

Rezension: Shepard of Sins (Martin Gancarczyk)

 




Deutschland 2021
Shepard of Sins
Autor: Martin Gancarczyk
Verlag: Selbstverlag
Format: eBook, Taschenbuch
Genre: Urban Fantasy


So, meine Lieben, dieses Mal ein vielleicht ungewöhnlich ernster Start: Ich bin hier nicht die Hausherrin, aber dennoch nehme ich mir an dieser Stelle heraus, vorab eines klar zu stellen: Anfeindungen, Angriffe, Homophobie und was auch immer bestimmten Menschen noch so einfällt, haben hier nichts und zwar absolut GAR NICHTS verloren! Wer keine Lust hat, quere Bücher (verständlich für alle auf das Einfachste heruntergebrochen: Jede_r kann Jede_n lieben) zu lesen: Kauft sie nicht. Wer keine Lust hat, einen Blogbeitrag darüber zu lesen: Weiterscrollen zum nächsten Eintrag. Wer meint, stänkern zu müssen: Bitte (habe ich wirklich „bitte“ gesagt? Höflich – kann ich) entferne Dich einfach von diesem Blog.

Damit geht es nun aber richtig los. Mit „Shepard of Sins“, einem deutschen Titel, nicht verwirren lassen, liefert Martin Gancarczyk meinen ersten Favoriten des Jahres 2022 – erschienen zwar im Dezember 2021, aber gelesen habe ich es erst am zweiten und dritten Januar als erstes Buch in 2022. Schlaf wurde überbewertet, obwohl ich zugeben muss, dass ich vorher schon immer mal ein wenig im eBook gelesen habe. Die Messlatte für mein Buchjahr 2022 liegt damit hoch.

Warum? Verrate ich Euch gleich. Vorher muss ich mich in aller Form bei Martin Gancarczyk beschweren! Was haben wir getan, um so ein Ende zu verdienen? Die Bezeichnung „Cliffhanger“ ist dafür noch sowas von untertrieben! Kennt Ihr das Lied „Habgier und Tod“ von Saltatio Mortis (reinhören, lohnt sich)? Dann stellt Euch mich als Zombie vor, der statt „Braaaaaiiiiiiiiins“ immer wieder den Refrain murmelt: „Ich will meeeehr! […] Gib mir meeeeehr!“ 

Ich meine, das … das geht doch einfach nicht. Einfach vorbei, nach gerade mal 400 Seiten? Nein, schämen sollte er sich! 

Ja, das war Sarkasmus, auch wenn das Buch für meinen Geschmack auch problemlos doppelt so dick hätte sein können. Beim Lesen ist man in einer ganz eigenen persönlichen Zeitblase, man fängt zu lesen an und plötzlich, gerade mal fünf Minuten später, fällt der Blick auf die Seitenzahl, nur dass da nicht eine um fünf Seiten, oder wie schnell auch immer man liest, höhere Seitenzahl steht, sondern eine um zweihundert Seiten höhere. Upsi.

Bevor ich zum eigentlichen Inhalt komme, etwas zur Gestaltung vorneweg. Never judge a book by its cover, das gilt nicht nur im metaphorischen Sinne, sondern auch für richtige Bücher. Trotzdem ist es natürlich so, dass interessante oder auffällige Cover den Blick schneller anziehen als das dreihundertfünfundneunzigste Cover einer Frau aus der viktorianischen Zeit, wie sie in die Ferne in die Landschaft oder über das Meer blickt (gilt aber da selbstverständlich auch, da sind auch tolle Bücher dabei). „Shepard of Sins“ ist einer dieser interessanten Fälle. Es ist nicht hell und es ist nicht dunkel, es beobachtet Dich und schaut gleichzeitig durch Dich hindurch, es zieht geradezu den Blick auf sich und lenkt ihn doch an keine bestimmte Stelle. Dieses Vorhandensein von Gegensätzen findet sich übrigens auch im Inhalt das eine oder andere Mal wieder, so wie die Motte und die Schmetterlinge auf der Rückseite. Persönlich mag ich außerdem goldene Töne nicht so gerne wie silberne, ich ziehe normalerweise eine Gestaltung mit silbernen Akzenten immer vor, auch weil Gold oft zu überladen wirkt. Hier ist sogar der Schnitt goldfarben besprüht (vom Autoren selber, er hat sich wirklich hingestellt und hat alle diese vorbestellten Bücher von Hand eingesprüht, find ich richtig cool) aber irgendwie ist es genau richtig, das passt wie Arsch auf Eimer (sorry, wie die Faust auf’s Auge … ach, lassen wir das, wird nicht besser). Ich hab’s jedenfalls selbst jetzt beim Schreiben neben mir liegen und schaue es immer wieder an.




Die tolle Gestaltung setzt sich auch im Innern fort. Der Einband hat zwei tolle Illustrationen bekommen und alle Seiten sind am unteren Rand unaufdringlich aber prägnant gestaltet. Das gilt ebenfalls für Kapitelanfänge und die Episoden, wenn der Protagonist Nicolas Schäfer träumt, obwohl sie nicht zu übersehen sind. Von so einem Kapitelanfang, recht zu Beginn, wegen Spoilern und so, habe ich Euch ein Foto mitgebracht und versucht so viel wie möglich von der restlichen Gestaltung mit drauf zu packen: Die anderen Kapitel sind übrigens „normal“, schwarze Buchstaben auf weißem Grund, gehalten. Hier seht ihr alles in einem Bild. Im eBook geht das leider weitestgehend verloren, das sollte eBook-Fans aber nicht vom Kaufen und Lesen der digitalen Version abhalten. Schließlich geht es in erster Linie („endlich hört die Alte auf, immer drumrum zu labern“, werden sich einige wohl schon denken) um den Inhalt.

Wir befinden uns im Hamburg des Jahres 2022, da wir uns hier aber in Richtung Urbanfantasy mit ein paar Cyberpunk-Einsprenklern bewegen, ist es nicht unser bekanntes Hamburg sondern das der Neuen Weltordnung. Diese besteht seit 2000, als die Schattenwesen die Herrschaft übernommen und die ihnen unterlegenen Menschen von der Spitze der Evolution vertrieben haben. Die Menschen werden als schwach angesehen, belächelt, stehen sogar in Europa unter Naturschutz. Hamburg selbst, die neue Hauptstadt in diesem Europa der Neuen Weltordnung, ist explosionsartig gewachsen, vor allem ist es dabei in die Höhe expandiert und in sogenannte City-Level aufgeteilt, wobei City-Level 0 das am Boden gelegene ursprüngliche Hamburg bezeichnet.

Mitten in dieser Welt lebt Nicolas Schäfer. Ein Paracog (ja, den Wortwitz bekommt Ihr recht zu Anfang auch um die Ohren geknallt, ich schenke ihn mir daher an dieser Stelle, und egal wie flach der ist, ich fand ihn gut), also ein Mensch, der Magie wirken kann, und zugleich der Schäfer der Sünden (Achtung, da kommt der nächste Wortwitz angeflogen, ducken!). Ich will gar nicht zu viel vorweg nehmen, er ist jedenfalls jemand, der sich die Erinnerungen anderer einverleiben kann und diese dann im Traum durchwandert. Eigentlich eine ziemlich coole Sache, diese ganze Schäfer der Sünden-Geschichte kommt noch mit weiteren tollen Extras daher, aber sie hat auch ihre Schattenseiten. Erfahrt Ihr aber alles, wenn Ihr das Buch lest, das kann ich gar nicht dem ursprünglichen Inhalt und Hintergrund gerecht werdend auf ein paar Zeilen herunter brechen.

Nic zur Seite stehen drei Dobermänner, Wandler, die in ihrer menschlichen Gestalt reichlich pubertär und in ihrer tierischen sehr instinktgesteuert daherkommen, die aber dennoch zu Nicolas‘ besten Freunden zählen, ihn mit ihrem Leben beschützen würde und wenn sie wollen auch Vollprofis sind. Zu allem Überfluss wohnen die vier übrigens zusammen, gemeinsam mit Aiden, der der Sohn vom Schäfer der Sünden und … naja, einer anderen sehr wichtigen Person ist. Werdet Ihr früh genug erfahren, wahrscheinlich auch erstmal genervt sein, dann schwanken zwischen „hey, eigentlich ist der ja doch ganz cool“, „Nic, ich halte ihn fest, dann kannst Du ihm ein paar auf’s Maul geben“ und „Waaaaaaaaas?“ und kompletter Verwirrung.

Da gibt es aber noch weitere ziemlich coole Charaktere, wie beispielsweise Nics beste Freudin Sal, eine Sirene und Diebin, die Waffen vermutlich etwas zu sehr liebt und – erst sehr spät auftauchend aber direkt zu einem meiner Lieblinge emporgestiegen – Wilma bzw. Delphi. Wie in das Orakel von Delphi, ja, und die im Körper von Wilma lebt und eigentlich, zumindest nach eigener Aussage, bedient sich Wilma der Fähigkeiten des Orakels und ist sie selbst. Ist aber eigentlich auch egal, denn die alte Dame – immerhin ist Wilma 180 Jahre alt – hat eine diebische Freude daran, ihre Freunde etwas zu spät vor kleinen Missgeschicken wie verschüttetem Kaffee zu warnen. Ebenfalls super sind Wish und Alexis, zwei Häuser, die überall und nirgends existieren und verdammt alt und manchmal verdammt launisch sind. Wish ist ein Markt, wo einfach alles zu finden ist, während Alexis quasi die Bibliothek zu Alexandria ist aber so ganz nebenbei auch alles andere, das jemals geschrieben wurde, beinhaltet. Ihre Rivalitäten bringen dabei stets frischen Wind in die alten Gemäuer.

Da gibt es noch mehr, aber das sind die Wichtigsten, und irgendwie halten sie alle zusammen, helfen einander, können sich aufeinander verlassen. Sie haben nämlich einen irrwitzigen Plan: In die bestgesicherte Bank einzubrechen und die bestgesicherten Geheimnisse, die Geheimnisse von Europa, aber auch die über Nics Vergangenheit zu klauen. Dadurch werden sie zur Zielscheibe ganz anderer Mächte und Organisationen und finden sich nicht nur einmal in Lebensgefahr wieder.

Gewürzt wird das Ganze mit viel Humor und flotten Sprüchen. Besonders auf die Sprache der Charaktere bezogen ist mir aufgefallen, dass sie realistisch sprechen, womit ich nicht nur das Fluchen meine. Viele Autoren und Autorinnen neigen dazu, auch ihre Figuren eher eine geschriebene Sprache sprechen zu lassen, korrekte Zeitformen und umgangssprachlich seltenst genutzte Wörter inklusive. Ich glaube, dass es eine Kunst für sich ist, die Charaktere natürlich klingen zu lassen ohne dabei zu sehr ins Umgangssprachliche abzudriften aber es eben dennoch zu schaffen, auf diesem schmalen Grat zu bleiben anstatt vor lauter verkniffener Mühe ins Konstruierte und ins gestellte Sprechen zu stürzen. In diesem Fall: Kunststück geglückt, ich bin begeistert.

Die Charaktere selbst sind toll beschrieben, sie haben Tiefe und werden lebendig. Bei ihnen allen verbirgt sich unter der Oberfläche und unter dem ersten Eindruck viel mehr, sie alle haben ihr eigenes Päckchen zu tragen. Das gilt natürlich vor allem für Nicolas, der bald an seiner eigenen Vergangenheit zu zweifeln beginnt. Auch die Dynamik zwischen den Charakteren ist super beschrieben, Verwicklungen, Entwicklungen und Probleme inklusive. Das fügt sich gut in die gesamte Geschichte ein. Viel zu oft ist soetwas zu gewollt, dann müssen Autoren oder Autorinnen unbedingt ein Liebesdrama einfügen und es wirkt einfach nur aufgesetzt, konstruiert. Das ist hier definitiv nicht der Fall, es gehört einfach zu der gesamten Geschichte dazu, es ergänzt sie.

An der Stelle kann ich jetzt auch den Bogen zum Einstieg zurück schlagen. Bei Martin Gancarczyk ist vollkommen egal, ob ein Mensch oder eines der vielen verschiedenen Wesen, ob weiblich oder männlich oder non-binary (haben wir hier nicht, soweit ich es überblickt habe), das alles spielt keine Rolle, Jede_r kann sich in Jede_n verlieben, eine Beziehung eingehen, Sex haben, völlig egal wer das ist.

Dem Autoren selber ist Diversity ein großes Anliegen, das vertritt er und dafür setzt er sich ein, er ist, wie er selber deutlich macht, laut, offen und engagiert. Dafür und für das Aufgreifens dieses Themas in seinen Büchern wurde er bereits angefeindet und beleidigt und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – tritt er weiter dafür ein. Davor ziehe ich meinen virtuellen Hut und verweise diejenigen, die es bis hierher zu lesen geschafft haben, auf die Social-Media-Kanäle des Autors (gebt einfach seinen Namen in die jeweilige Suche ein), wo er über Diversity, sein Autorenleben, seine Bücher aber auch über andere Bücher schreibt. Es lohnt sich auf jeden Fall und ich habe den Eindruck, dass er ein ziemlich cooler Typ ist, der zudem auf dem Teppich bleibt. Denn „Shepard of Sins“ geht jetzt im Januar direkt in die zweite Auflage, ist nämlich bis auf einige Restexemplare ausverkauft. Das, besonders im Selfpublishing, spricht für sich und ich denke, das kann ich so stehen lassen.



Abschließende Gedanken

Wie ich bereits sagte, die Messlatte liegt hoch. Sehr hoch. Dass Bücher mich in einem Maße begeistern und fesseln wie „Shepard of Sins“ es getan hat, kommt selten vor. Ich habe zwar böse Vorahnungen in Bezug auf einige Charaktere im weiteren Verlauf der Geschichte, aber da muss ich durch und das wird mich auch nicht aufhalten, den nächsten Band sobald das angekündigt und möglich sein wird, vorzubestellen. Dieser hier war übrigens auch vorbestellt, da bestand die Wahl verschiedener Paketgrößen, die unterschiedliche Extras umfassten. Es war unglaublich liebevoll verpackt und ich mochte das Buch erst gar nicht aus seiner Schutzverpackung holen.

Aufmerksam wurde ich auf Martin Gancarczyk übrigens dank einer in Social Media aufploppenden Werbung, da ging es um „Cold Blooded“. Auch sehr lesenswert, wer es noch nicht kennt, kann es direkt im Anschluss an Shepard of Sins lesen oder vielleicht sogar vorweg, da sich einige Querverweise finden lassen und beide Bücher in derselben Welt, wenn auch einmal in Europa und einmal in Amerika spielen. Denn eine Leseempfehlung spreche ich hier ganz klar aus. Aber auch eine Warnung: „Shepard of Sins“ macht wahnsinnig süchtig, das Warten auf den nächsten Band wird eine Herausforderung werden.
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Rezension: Lavandula


Lavandula gehört zum Kult der Bibliophilen und ist neben dem Studium selbst immer mal wieder als Autorin unterwegs, sofern die Zeit es zulässt. Ungefähr in einem Spektrum wie die Zeitsprünge in "Lumera Expedition: Survive" versuche ich sie bereits für einen Beitrag auf "Am Meer ist es wärmer" zu gewinnen. Ich hoffe, mit ihrem frischen Schreibstil wird sie den Blog noch häufiger bereichern.

Montag, 3. Januar 2022

Rezension: Prion - Lumera Expedition 5 (Jona Sheffield)






Deutschland 2021

Prion – Lumera Expedition 5
Autorin: Jona Sheffield
Verlag: Selbstverlag
Format: eBook, gebundene Ausgabe
Genre: Science-Fiction


Kennt ihr das? Ihr stoßt eher zufällig auf ein interessantes Thema, ein Buch, einen Film, ein Spiel. Ihr schaut es euch kurz an. Und dann, ehe ihr es euch verseht, umfängt es euch und lässt euch nicht mehr los. So ging es mir mit Lumera. Umso besser also, dass Jona Sheffield mit „Prion“ erneut Nachschub geliefert hat. Und auch ein weiterer Band, „Syndikat“, soweit ich das verfolgen konnte, quasi fertig ist und demnächst erscheinen wird. An dieser Stelle dürft ihr mich übrigens teeren und federn, ich habe nämlich wieder mal verdammt lange gebraucht für diese Rezension – gelesen ist das Buch ruckzuck, mal in der Bahn ein paar Seiten, vorm Schlafgehen ein paar, aber im „echten Leben“ steppt der Bär und da ich diese Rezension nicht einfach runtertippen, sondern ihr die verdiente Zeit einräumen möchte muss ich nun Abbitte leisten.

Doch zurück nach Lumera. An anderer Stelle hatte ich bereits einmal erwähnt, dass ich es spannend finde, dass das ganze Thema nicht mit dem Ende der Trilogie abgeschlossen ist und Friede, Freude Eierkuchen herrscht. Das wäre es in der Realität auch nicht – ich meine, wir sehen allein an unserer eigenen Geschichte doch schon, dass wir nicht einfach ein neues Gebiet besiedeln können und nachdem wir ein viel länger schon dort lebendes Volk entdecken mit diesem einträglich in Frieden leben können. So ähnlich verhält es sich mit den der Lumera-Trilogie nachfolgenden Bänden: Zwist zwischen den Völkern, politische Verwicklungen, Fragen nach der aufzubauenden Infrastruktur, aber auch das Leben der ärmeren Bevölkerungsgruppen, wo der Drogenhandel blüht.

Ihr merkt schon, was ich so kurz zusammenzufassen versuche, lässt sich eigentlich gar nicht in einen oder zwei Sätze pressen. Und das liegt nicht nur an mir, sondern an der unglaublichen Komplexität und Tiefe, die Jona Sheffield wieder einmal geschaffen hat. Sie erzählt von so vielen unterschiedlichen Charakteren – sowohl alten Bekannten als auch von neuen. Sie erzählt ihre Geschichten, gibt ihnen Tiefe, Leben, und zugleich hängen alle diese einzelnen Schicksale auf oft unvorhersehbare Art zusammen.

Ich persönlich bin ja, nachdem Jona Sheffield einen echten Game of Thrones-Moment geschaffen und eine meiner anderen liebsten Figuren einfach ausradiert hat, ein riesen Fan von Radascha, der Königin der Kidj’Dan. In „Prion“ wird auch über sie und ihre Beweggründe mehr erzählt, mehrere Kapitel sind aus ihrer Sicht geschrieben. Das gefällt mir sehr, andererseits wird damit ein weiterer möglicher Konflikt angedeutet. Zwei sogar, aber nur einer davon findet bereits in diesem Band ein Ende. Das macht direkt wieder Lust auf mehr, auch wenn ich mir eigentlich Frieden zwischen Kidj’Dan und Menschen wünschen würde.

Zur Handlung will ich gar nicht zu viel sagen. Nach wie vor kommen immer mehr Menschen zum Portal, wollen nach Lumera, allerdings haben die Kidj’Dan die Kontrolle über das Portal, lassen nur wenige Menschen hindurch. Zugleich sehen die Menschen auf Lumera sich mit der Frage konfrontiert, wie sie die Menschen in die sich im Aufbau befindliche Stadt schaffen sollen, da sich der Landweg als sehr gefährlich erwiesen hat. Die Lösung: Ein weiteres Portalpaar muss her, doch mit den Raumarchen ist das ein hoffnungsloses Unterfangen, weshalb die Menschen die Kidj’Dan um Hilfe bitten müssen, da diese über ein Raumschiff mit einem Antrieb verfügen, der die Flugzeit auf einen Sprung verkürzt.

Da Radascha eigene Pläne verfolgt, gewährt sie die Hilfe überraschend, sodass sich eine Gruppe aus Menschen und Kidj’Dan auf den Weg macht. Doch wer kann wem trauen? Zudem wartet auf dem Raumschiff, auf dem sich die Portale befinden, eine ganz andere tödliche Bedrohung, die das gesamte Blatt wenden kann.

Auch für „Prion“ gilt ganz klar: Lesen, lesen, lesen! Ich denke, dieser Band könnte sogar ohne die vorangegangenen Bände gelesen und verstanden werden, allerdings sind die vorangegangenen Bücher zu gut, als dass man sie ignorieren sollte, daher mein Rat, wenn ihr Lumera noch nicht kennt: Fangt mit „Lumera Expedition – Survive“ an und lest sie der Reihe nach, sonst entgeht euch viel zu viel. Die weiteren Bände zu lesen, wieder nach Lumera aufbrechen zu können, ist jedes Mal ein bisschen, wie nach Hause zu kommen. Ein wenig schwingt zwar die Sorge mit, wann das Potential ausgeschöpft ist, denn es wird der Punkt kommen, an dem man trotz wundervoller Ideen nichts mehr zu erzählen haben wird, an dem die Leser sich nicht mehr abholen lassen, weil sie sich überladen und vielleicht von dem Thema gelangweilt fühlen. Allerdings ist das mit „Prion“ definitiv noch nicht der Fall und ich vertraue auf Jona Sheffield, dass sie erkennt, wann der Zeitpunkt zum Absprung gekommen ist – bis dahin hoffe ich auf viele weitere spannende Erzählungen von Lumera. Vielleicht sogar, aber das ist vermutlich Wunschdenken, im Stile des genialen Darkover-Zyklus von Marion Zimmer Bradley (es tut mir leid, Leute, ich muss an dieser Stelle einfach rumnerden – ich habe damals den gesamten im Handel verfügbaren Darkover-Zyklus auf einmal bestellt und aus der Buchhandlung getragen, was der Verkäuferin ein fassungsloses Kopfschütteln entlockte, und es geradezu verschlungen): Hier erfolgt, direkt nach Band 1 allerdings, ein gewaltiger Zeitsprung; Bruchlandung, keine Aussicht auf Rettung, Erkundung des neuen Planeten, Besiedelung, das ist in etwa dieser Band, nur damit Band zwei viele viele Jahre in die Zukunft springt. Mit anderen Worten: Ich möchte wissen, was aus Lumera wird oder vielmehr werden wird, da momentan zeitlich alles sehr dicht beisammen ist. Und dass Jona Sheffield durchaus zwei weit auseinanderliegenden Zeitstränge parallel erzählen und wunderbar verknüpfen kann, hat sie längst bewiesen.



Abschließende Gedanken


Aber bis dahin – oder auch nicht, dann eben bis zum Erscheinen weiterer Bände – hilft es auch, die bereits erschienenen Bücher das ein oder andere Mal erneut zu lesen. Also, ihr Lieben, Weihnachten ist vorbei, also schlage ich vor, dass ihr euer Weihnachtsgeld von Eltern, Verwandten oder Freunden sinnvoll einsetzt: Gönnt euch „Prion“ oder falls noch nicht vorhanden am besten direkt die gesamte Lumera-Reihe. Ihr werde es nicht bereuen, euch erwarten auch in diesem Band wieder Unterhaltung, Tiefgang, Verwicklungen und Intrigen und ihr werden bangen und hoffen, den Kopf schütteln, vielleicht in hilfloser Wut die Fäuste ballen – denn wen Lumera einmal packt, den lässt es nicht mehr los.

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Rezension: Lavandula



Lavandula gehört zum Kult der Bibliophilen und ist neben dem Studium selbst immer mal wieder als Autorin unterwegs, sofern die Zeit es zulässt. Ungefähr in einem Spektrum wie die Zeitsprünge in "Lumera Expedition: Survive" versuche ich sie bereits für einen Beitrag auf "Am Meer ist es wärmer" zu gewinnen. Ich hoffe, mit ihrem frischen Schreibstil wird sie den Blog noch häufiger bereichern.