Erstmals werde ich keine schriftliche Rezension präsentieren. Dafür ist der Titel einfach ungeeignet.
Die Hyrule Historia ist eine kleine Zeitreise von den Anfängen der Legend of Zelda Reihe, bis hin zu den aktuellen Titeln. Bereits die erste Auflage war in Japan nach wenigen Tagen ausverkauft. Auch in westlichen Gebieten ist das Buch ein begehrter Artikel. Neben etlichen, bisher unveröffentlichten Artworks befindet sich in der Hyrule Historia die offizielle Timeline (sowie eine ausführliche Beschreibung der Geschehnisse in den jeweiligen Zeiten in denen die Games spielen) und ein Skyward Sword Manga von Akira Himekawa. Die Enzyklopädie stellt den Abschluss des 25th Anniversary dar.
Das ist das erste mal überhaupt das ich mich an eine Video Rezension gewagt habe. Verzeiht mir also wenn mir des öfteren mal die Worte fehlen. Ansonsten wünsche ich euch auch bei dieser Rezension viel Spaß. Für Fans könnte das ganz interessant sein.
Anmerkungen zum Video: Leider musste ich das Video noch einmal bearbeiten. Dadurch ist die Hintergrundmusik etwas lauter als geplant. Da das Video auf YouTube Online ist kann es immer mal passieren das es gesperrt wird bei dem ganzen Copyright Wahnsinn. Bitte melden wenn es nicht mehr funktioniert.
Rezension (Empfohlen im Vollbild):
Wertung: 5 Dante
Anmerkungen:
Der offizielle Preis beträgt sogar 3255 Yen (circa 30 Euro). Die von mir erwähnten 40 Euro für Japan (derzeit wird das Buch bei Amazon Japan für 4279 Yen angeboten) waren auf Drittanbieter bezogen.
Nicht offizielle Übersetzungen in Englischer Sprache findet ihr auf Glitter Berri.
Ein großes Dankeschön geht noch einmal an Takagi Books in Düsseldorf für den Import der japanischen Originalausgabe.
Ein kleiner Brief befand sich kürzlich in meinem Postfach. Der Größe nach wusste ich sofort: "Ah, der Club mal wieder". Bedeutet, meine Bestellung für das aktuelle Quartal ist mal wieder fällig.
Was dachte ich mir damals dabei, als ich dem Club Bertelsmann beitrat? Das muss schon einige Jahre her sein. Natürlich war die Prämie ein Grund. Damals gab es Harry Potter Band 7 gratis zur Neuanmeldung dazu. Doch das ist bereits der einzige Vorteil, den ich je genießen konnte. Es war die Prämie.
Der Club wirbt damit, Bücher günstiger anbieten zu können durch die sogenannten Club Ausgaben. Natürlich werden nur ausgewählte Romane dazu gezählt. Diese kosten an sich meistens schon weit über 20 Euro. Man kann durch die Club Ausgaben tatsächlich einen Gewinn von 2 oder 3 Euro machen. Durch die anfallenden Versandkosten von sagenhaften 4 Euro macht man dabei jedoch eher einen Verlust. Und die Club Ausgaben an sich bestehen lediglich aus Fließband Literatur. Schon wieder kein Vorteil für mich.
Passt man nicht auf, und sucht sich einen anderen Titel aus, wird einem einfach ein Roman zugeschickt. Der aktuelle Club Bestseller. Natürlich kann man diesen auch wieder umtauschen. Doch kaufen muss man etwas, ein Buch, egal in welchem Preisrahmen.
Und so bin ich ja selber Schuld, dass ich erneut meine Bestellung für dieses Quartal abgeschickt habe. Das ich meine Bestellung persönlich an einem Sonntag Morgen am Telefon aufgeben konnte, ist dabei doch nur ein schwacher Trost. Dafür warten neben 4 Euro Versandkosten noch eine einwöchige Lieferfrist auf mich (bei der letzten Bestellung dauerte es sogar 2 Wochen weil der Titel nicht lieferbar war. Keine Benachrichtigung und keine Worte des Bedauerns wurden mir mitgeteilt).
Natürlich könnte ich mir meine Lieferung auch sofort, versandkostenfrei, zur Club Filiale liefern lassen, doch wieso der Aufwand? Amazon und Thalia liefern versandkostenfrei zu mir in mein trautes Heim. Und das innerhalb von 2 bis maximal 3 Tagen. Ich sollte meine Mitgliedschaft endlich kündigen. Aber irgendwie schaffe ich es aus sentimentalen Gründen nicht, dies zu tun. Vielleicht macht sich meine Mitgliedschaft ja irgendwann doch bezahlt.
Immerhin, fällt mir ein, neben der Prämie habe ich doch damals etwas recht seltenes abstauben können. Es war eine exklusive, kleine Hardcover Ausgabe von Haruki Murakami's Naokos Lächeln. Um diese zu bekommen, musste man Mitglied sein. Soweit ich weiß wird diese Edition nicht mehr gedruckt. Na, ist doch wenigstens etwas.
"Er spreizte die Beine ein wenig, ließ den Kopf nach hinten fallen und starrte nun direkt an die Decke, in die Kamera - als ob er wüsste, dass ich zusehe. Dann schloss er die Augen, sein Körper zuckte oder sie bildete sich das zumindest ein, dann spritzte etwas Weißes hervor. Wenig später streckte er sich, knöpfte die Hose wieder zu, setzte sich auf und wandte sich wieder dem Computer zu."
Das kleine, gar nicht mal so unbedeutende Island, hat mich nun bereits zum zweiten mal in seine Hauptstadt eingeladen. Filmisch erstmals mit dem Slasher Reykjavik Whale Watching Massacre. Leider war der Film ein Schuss in den Ofen, wenn auch keine Katastrophe. Zumindest war es ein einigermaßen witziger Ausflug. Literarisch entführt einen Steinar Bragi da in ein ganz anderes Island.
Island macht auf sich aufmerksam. 2011 war das kleine Land, und ich bin mir sicher, das viele Europäer es immer noch nicht kennen, Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse. Der Autor war samt Deutschen Übersetzer Kristof Magnusson (ja, der Autor Kristof Magnusson) anwesend.
Der Kunstmann Verlag war mutig genug das eigenwillige Werk ins Programm aufzunehmen.
Bragis Roman hat International durchaus für Furore gesorgt. Die Kritik war eine bunte Mischung aus Begeisterung und Empörung. Und die Empörung kam nicht nur von der femininen Fraktion.
Für sein Land werben, das geht eigentlich anders. Bragis Reykjavik ist ein düsterer, finsterer und unrealer Ort an den eigentlich niemand freiwillig hin möchte. Und doch faszinierte mich diese teils extrem surreale Geschichte sehr. Auf der anderen Seite fand ich sie aber auch irgendwie absurd. Ich für meinen Teil kann das Buch weder lieben, noch hassen. Eine Hassliebe ist es aber auch nicht. Um es kurz zu machen: Hätte es mir nicht auf irgendeine Weise gut gefallen, würde Frauen vermutlich, zur Hälfte gelesen, in einer Ecke verstauben.
Doch was kann man von einem Titel erwarten, der ganz schlicht Frauen heißt? Zumal viele Kenner der Originalausgabe vermutlich an Stieg Larssons Verblendung denken müssen. Ähnelt sich das Schwedische Frauen (Kvinnor) sehr mit dem Isländischen (Konur). Lautet Larssons Buch im Original folgendermaßen: Män som hatar Kvinnor. Männer, die Frauen hassen (Deutsch: Verblendung). Liest man den Titel, Inhalt und die ersten Seiten von Bragis Roman, könnte man meinen, hier will jemand einen ähnlichen Erfolg erzielen.
Hat man Frauen aber gelesen, wird man spätestens dann, nach der letzten Zeile, bemerken, zwischen diesen beiden nordischen Romanen liegen Planeten. Ungefähr gleichzusetzen mit einer Entfernung von unserer geliebten Erde zum fernen Jupiter. Das Larsson hier der irdische Autor ist, dürfte ebenfalls nach dem Lesen klar werden.
In Frauen spielt Steinar Bragi mit seinen Lesern. Nicht nur die isländische Wirtschaft muss dran glauben, auch Männlein und Weiblein, die allesamt auf das primitivste dargestellt werden, kommen in der Geschichte nicht gut weg. Verschont wird in Bragis Roman niemand. Provokant behaftet er dabei sämtliche Charaktere mit sämtlichen Klischees. Seine Protagonistin ist Eva Einarsdottir, eine junge Dokumentar Filmerin. Bereits in jungen Jahren hat sie mit ihrem Vater ihre Heimat Island verlassen und lebte fortan in den Vereinigten Staaten. Dort lernte sie auch ihre große Liebe, einen Landsmann namens Hrafn, kennen. Während Eva eine Karriere in den USA anstrebt, spielt Hrafn jedoch mit dem Gedanken nach Island zurück zu kehren. Eva verfällt immer mehr dem Alkohol. Die ständigen Streitigkeiten mit ihrem Ehemann zerren an ihren Nerven. Als ihre gemeinsame Tochter später an Kindstod verstirbt, bricht für beide endgültig die Ehe auseinander. Doch Eva kann nicht loslassen. Sie folgt Hrafn bis nach Island. Will versuchen die Ehe aufrecht zu erhalten und reitet sich bei diesem Versuch immer weiter ins persönliche Verderben. In Island ist Eva komplett allein. Einsam in ihrer Heimat, ein für sie fremdes Land, das wie sie selbst, in einer Krise steckt. In Reykjavik wartet jedoch eine sehr komfortable, und vor allem kostenfreie Unterkunft auf Eva. In den USA vertraute sie sich dem charmanten Banker Emil an (ebenfalls ein Landsmann), den sie um finanzielle Unterstützung für ein Filmprojekt bat. Als Emil von Evas persönlicher Lage erfährt, bietet dieser ihr ein komplett eingerichtetes Penthouse-Zimmer als temporäre Unterkunft an. Da die Mieterin derzeit verreist sei, brauche Eva sich lediglich um die dort heimische Katze kümmern. Ein verlockendes Angebot, auch wenn sie Emil nicht so ganz traut. Doch aus Verzweifelung nimmt sie das Angebot an. Im Luxus Penthouse könne sie in aller Ruhe überlegen, wie sie Hrafn zurück gewinnen kann. Doch scheinen in diesem Penthouse seltsame Dinge vorzugehen wie Eva Tage später am eigenem Leibe erfahren muss. Die Mitbewohner scheinen allesamt verschroben und skurril zu sein. Die eigentliche Mieterin soll vor längerer Zeit Selbstmord begangen haben. Die Katze scheint unauffindbar. Und dann wäre da noch diese eigenartige Einkerbung mit der Form einer Maske in Evas Schlafzimmer. Evas Ritt in die Hölle nimmt seinen Lauf. Und am Ende wird sie kaum noch wissen ob sie träumt oder längst Tod ist. Eva wird spüren, aus diesem Penthouse wird es kein Entkommen geben.
Den Inhalt wiederzugeben ist äußerst schwer. Die Geschichte ist vollgepackt mit Mysterien und Seltsamkeiten. Schräge Charaktere und Albträume spinnt Bragi wie eine Spinne ihre Netze.
Dabei beginnt Frauen äußerst ruhig. Beinahe könnte man den Roman als ein Twin-Peaks mit Thriller Elementen bezeichnen. So einfach ist das aber nicht, wie es Anfangs noch scheint. Das Buch ist aufgeteilt in zwei Hälften und vielen kleinen Kapiteln. Nach der ersten Hälfte wird man bereits vergeblich nach Lösungen suchen, die Story logisch aufzuklären. Konfrontiert wird man mit Themen wie Angst, Paranoia, Alkoholismus und Vergewaltigung. Männer und Frauen werden auf ihre niedrigsten Triebe reduziert. In diesem Roman gibt es keine netten Menschen.
Aber was genau geht denn da vor sich? Wieso kann Eva ihr Apartment nicht verlassen? Warum geschehen all diese Merkwürdigen Dinge? Ist das eine Reise in Evas kaputtes Unterbewusstsein? Ein wenig erinnerte mich Eva an einen weiblichen Shinji Ikari (Neon Genesis Evangelion, TV Serie Japan 1995). Geplagt von Selbstzweifel und, ganz besonders, Selbstmitleid. Eva, die nie über den Tod ihrer Mutter hinweg kam, und nun auch ihre Tochter verloren hat, und in Trennung mit ihrem Ehemann lebt, erleidet an jeder Straßenecke ein weiteres tragisches Schicksal, welches sie hinnehmen muss. Das geht so weit, bis sie bei einem Spaziergang am Haus ihrer ehemaligen Therapeutin Sigurlina entlang marschiert. Sigurlina trägt ebenfalls den Nachnamen Einarsdottir. Ob die beiden Frauen wirklich miteinander verwandt sind verrät uns Bragi allerdings nicht (zumindest meine ich nichts derartiges gelesen zu haben). Bei Sigurlina scheint sich jedoch einiges geändert zu haben. Ein älterer Herr berichtet ihr, momentan seien keine Plätze für neue Patienten frei.
Eva ertrinkt ihre Sorgen in Alkohol. Versucht aber immer wieder sich aufzuraffen. Versucht, eine Beziehung zu den allesamt suspekten Bewohnern des Penthouse aufzubauen. Allen voran, die alte Bergthora. Diese scheint jedoch mehr zu wissen als sie vorgibt. Der große Wendepunkt kommt schließlich dann, wenn Eva in dem mysteriösen Apartment eingesperrt wird. Von diesem Punkt an verliert die Geschichte jeden Hang zur Realität. Steinar Bragi baut ein Albtraum Szenario vom feinsten auf. Der Leser wird verfrachtet in eine Welt voll Paranoia und Wahnsinn.
Viele Male scheint es, dass hinter all dem Wahnsinn der Skandal-Künstler Joseph Novak stecken könnte. Dieser wird in der Geschichte meistens nur in Interviews erwähnt und zitiert. Ob er tatsächlich jemals in der Realität auftaucht bleibt fraglich wie so viele andere Rätsel in dem Roman. Die Passagen mit Novak als geheimen Antagonisten sind Bragi einfach wunderbar gelungen. Als ich diese Zeilen las, hatte ich manchmal das Gefühl, als würde gerade ein Film von David Lynch laufen.
Genau so vielseitig wie die Geschichte, entpuppt sich später auch der Titel der Geschichte. Frauen. Wer ist damit eigentlich gemeint? Handelt es sich um ein Kunstwerk von Novak? Geht es um Frauen im Allgemeinen? Oder bezieht man sich lediglich auf einen Zeitungsbericht, den Eva über eine E-Mail erhält. Dies und vieles mehr muss der rätselnde Leser für sich selbst heraus finden. Ob er jemals Antworten finden wird, darf aber bezweifelt werden.
Bragi schafft es, eine sehr mysteriöse Atmosphäre aufzubauen. So manche Ekel-Einlage hätte er sich dabei sparen können. Zu oft übertreibt Bragi leider bei der Beschreibung der jeweiligen Situationen. Manchmal verlangt einem eine Szenerie einfach zu viel Fantasie ab. Dabei habe ich übrigens nicht Magnussons deutsche Übersetzung in Verdacht, sondern einfach Bragis verschrobene Gedankenwelt. Ich hatte des öfteren ziemliche Probleme, mir so manche Szenarien bildlich vorzustellen.
Gegen Ende driften einige Mini-Kapitel zu sehr ins Absurde ab. Manche Kapitel wirken auch einfach wie Füllmaterial, welches den Roman länger erscheinen lassen soll. An einigen Stellen war ich teilweise sogar genervt und fand schwer die Konzentration, das Lesen fortzusetzen. Allerdings hielten sich diese Füller auch in Grenzen.
Wer am Ende meint, Antworten zu bekommen, den kann ich bereits jetzt enttäuschen. Steinar Bragi macht sich gar nicht erst die Mühe, irgendein Szenario (und es gibt so verdammt viele in dieser Geschichte) in dem etwas über 250 Seiten langen Roman aufzuklären. Frauen ist ein Trip in die Hölle. Eine Irrfahrt in die tiefsten Abgründe der Menschen. Die Geschichte verlangt viel von seinem Leser. Zurückgeben wird sie einem am Ende nichts. Doch vermutlich ist das auch besser so. Wer braucht absurde Antworten zu genau so absurden Fragen? Vermutlich wird der Autor selbst diese Absurditäten nicht erklären können.
Trotz einiger Schwächen gegen Ende, und das hohe Maß an Konzentration und Vorstellungskraft, die der Roman einen abverlangt, war Frauen das wohl außergewöhnlichste literarische Ereignis bisher für mich. Allmählich werde ich wohl warm mit der isländischen Philosophie. Auch wenn ich sie noch nicht ganz irgendwo einordnen kann. Meine Rezension deckt vermutlich nicht einmal 20 Prozent des Inhalts ab, der eigentlich besprochen werden müsste.
Frauen ist ein Roman, der einen bis zum Ende und darüber hinaus im ungewissen lässt. Man hat zwei Möglichkeiten. Entweder denkt man weiter über das Geschehene nach, oder schließt mit dem Roman möglichst schnell ab. Theoretisch ist es eigentlich auch unmöglich, Frauen zu bewerten. Ich kann einen Punkt, oder gleich fünf vergeben. Es würde kaum einen Unterschied machen. Aber ich dachte mir, das es vielleicht einen Kompromiss gibt. Und so bin ich auch mit meiner Wertung mittlerweile einverstanden.
Für all die Leser, die sich an Frauen wagen werden, sich trauen werden, wünsche ich jetzt schon einmal viel Glück. Euch wird ein außergewöhnliches, literarisches Erlebnis erwarten.
Wertung: 3 Dante.
Anhang:
Wer Steinar Bragi mal ganz privat, in einem inhaltslosen Video sehen will, dessen Wunsch wird sich nun erfüllen.
"In meinem Leben hatte ich mich weit davon entfernt, Frauen hübsch und begehrenswert zu finden. Ich konnte nicht umhin, unterschiedslos alle für egoistisch, launisch, starrköpfig, oberflächlich und nicht weltgewandt zu halten. Doch Mutsuko begehrte ich ganz einfach. Ich war wie verzaubert, Ich wollte mir dieses Gefühl unbedingt erhalten, und sei es auf Kosten meiner Vernunft und meines gesunden Menschenverstands."
Obwohl ich diese Rezension bereits im Januar verfassen wollte, komme ich leider erst jetzt dazu. Die Gründe für die Verspätung sind für diesen Artikel natürlich nicht weiter von Bedeutung. Wichtig war mir lediglich, dieses Jahr mit Taichi Yamada zu starten. Denn bereits im letzten Jahr eröffnete ich mit Taichi Yamada meinen Blog. Die erste Rezension. Sommer mit Fremden war für mich ein ganz besonderes Vergnügen. Denn Yamada erzählt über Leute die gefangen sind. Gefangen in einem riesigen Käfig der sich Großstadt nennt.
Grusel, vermischt mit einer herrlichen Melancholie, hat es der japanische Autor geschafft, meine Gunst zu gewinnen. In Lange habe ich nicht vom Fliegen geträumt wagte sich der einstige Drehbuchautor 1985 erstmals an einen Roman. Und schon hier bewies er sein einzigartiges Können.
Die Geschichte handelt von dem achtundvierzigjährigen Ich Erzähler Taura. Beruflich belegte er eine recht verantwortungsvolle Position bei einer Firma für Fertighaus Bauten. Für ihn zählte über Jahrzehnte nichts anderes als der Job. Zu seiner Frau und seinem Sohn führt er schon seit längerem ein entfremdetes Verhältnis. Er selbst arbeitet und lebt sogar in einer anderen Stadt. Doch eines Tages pack der Überdruss Taura. Genervt vom Stadtleben, dem Job und seiner Familie, stürzt er sich aus dem Fenster eines Sushi Lokals. Bei diesem kläglichen Selbstmordversuch bricht er sich jedoch lediglich ein Bein. Der Anbeginn einer Depression und Midlife Crisis.
Taura landet im Krankenhaus. Durch ein Zugunglück müssen jedoch mehrere Patienten zusammengelegt werden, und so wird Taura aus seinem Einzelzimmer verlegt. Zusammen mit einer geheimnisvollen Frau verbringt er, mit ihr, eine gemeinsame Nacht. Getrennt lediglich durch eine Trennwand. Obwohl Taura nicht schlüssig ist, wieso diese Frau so sehr auf eine Trennwand besteht, freunden sie sich an. Er ist fasziniert von seiner Zimmernachbarin. Ihre Stimme wirkt magisch auf ihn. Obwohl sie sich nicht sehen, kann die Frau Taura zum Verbalsex verführen. Als Taura am nächsten morgen zufällig einen Blick auf die Frau erhaschen kann, sieht er lediglich eine alte Frau. Verdutzt und schockiert darüber, versucht er mit dieser Geschichte abzuschließen. Doch sollte dies nicht die letzte Begegnung mit dieser Frau sein. Taura begegnet ihr wieder. Und wie durch ein Wunder wirkt sie 20 Jahre jünger. Und mit jedem weiteren Treffen scheint sie sich noch mehr zu verjüngen. Taura geht eine Affäre mit ihr ein, bemerkt dabei aber nicht, wie er selbst immer mehr den Verstand verliert und sich in Schwierigkeiten bringt.
Liest man meine Inhaltsangabe, könnte man meinen, solch eine Geschichte schon einmal irgendwo gehört zu haben. Zweifelsohne muss man natürlich sofort an Benjamin Button denken. Und vermutlich orientierte sich Yamada tatsächlich an der Kurzgeschichte von Fitzgerald. Bis auf diese Grundthematik hat Yamadas Werk aber recht wenig mit der amerikanischen Geschichte zu tun. In Lange habe ich nicht vom Fliegen geträumt handelt es sich um eine Liebesgeschichte. Gespickt mit Thematiken wie Isolation, Depression, Einsamkeit und Sehnsüchte. Yamada schreibt über einen Großstädter, der genug von seinem langweiligem Leben hat. Genug von dem System hat, welchem er sein ganzes Leben brav folgte. Die geheimnisvolle Mutsuko, ob Realität oder Hirngespinst, ist jedoch Taura's Ticket aus dieser Bedeutungslosigkeit. Es geht um zwei Personen die nichts mehr zu verlieren haben. Und so gelang es auch mir, sehr leicht, Taura's Entscheidungen zu akzeptieren. Für einen Stadtmenschen wird vieles zur Selbstverständlichkeit. Man bekommt alles ganz automatisch serviert. Der Alltag nutzt sich immer weiter an, und schon im jungen Alter weiß man das Leben kaum noch zu schätzen.
Raus aus dem Alltagstrott, bemerkt Taura aber auch nicht, dass er sich immer weiter in Gefahr begibt. Er könnte nicht nur seinen Verstand verlieren, eine immer jünger werdende Mutsuko zu treffen, auch sein gesellschaftliches Ansehen steht auf dem Spiel. Aber was hat Taura zu verlieren? Seine Frau interessiert sich nur noch für ihre eigene Karriere. Sein bereits studierender Sohn ist ihm fremd geworden. Und aufgrund seiner labilen psychischen Verfassung wurde er in einer "Sonderabteilung" in seiner Firma versetzt. Seine Aufgabe besteht lediglich noch darin, Bleistifte anzuspitzen. Taura wird somit zu einem Mann, dem alles egal ist. Jemand, nichts mehr erwartet und nichts mehr zu verlieren hat. Mutsuko wird zu seinem Lebensinhalt und seiner Sucht. Doch gerät er dabei auch in viele moralische Schwierigkeiten. Fühlte er sich noch angeekelt als er Mutsuko in ihrer wahren Gestalt sah, schreckt er nicht davor zurück, mit ihr im Teenager Alter zu schlafen. Und auch der Leser wird dabei in einen ziemlich moralischen Konflikt gebracht. Ich habe mir des öfteren gedacht, wie ich wohl handeln würde. Wäre ich wirklich dazu im Stande, eine Beziehung zu einer sechszehnjährigen einzugehen, auch wenn ich wüsste, das sie in Wahrheit über sechzig ist? Das ist natürlich sehr gemein von Yamada. Und wer sich bei solchen Gedanken ertappt, brauch sich keine Gedanken machen. Hier handelt es sich immer noch um Fiktion. Alles ist erlaubt.
Etwas abstrus hingegen fand ich den Überfall auf das Kino. Dieser recht konfuse Überfall von Taura und Mutsuko trägt nur wenig zur Geschichte bei. Dieses völlig unerwartete, und auch sehr unsympathische Verhalten beider Protagonisten, passte einfach nicht zum restlichen Verlauf der Geschichte. Sehr furios hingegen war das Finale.
Mit Lange habe ich nicht vom Fliegen geträumt gelang Taichi Yamada ein weiterer, herrlich melancholischer Roman. Trotz des traurigen Endes fühlte ich aber nicht jene Einsamkeit, die ich nach Sommer mit Fremden verspürte. Das gewisse "Etwas" fehlte im Epilog. So bleibt das Schicksal der Charaktere sehr ungewiss (auch wenn wir uns den Ausgang natürlich vorstellen können). Der Leser kann selbst interpretieren wie Taura's Leben vom Ende der Geschichte an weiter gehen wird. Viele Optionen bleiben ihm jedoch nicht.
Nichts desto trotz bin ich auch von dieser Geschichte sehr begeistert. Yamadas Erzählstil packte mich erneut und zog mich immer weiter in ein geheimnisvolles Tokio. Das beherrscht er beinahe so gut wie Haruki Murakami. Und nun weiß ich es. Ein Jahr mit Taichi Yamada zu beginnen, ist eine unglaublich gute Idee. Fans japanischer Literatur kommen an ihn einfach nicht vorbei.
Wertung: Vier Dante (Pflicht für Fans exotischer Literatur)