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Montag, 15. Januar 2024

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Winter Academy. Seasons of Fate



Deutschland 2023

Winter Academy. Die Erbin des Mondsteins (Seasons of Fate 1)
Autorin: Karolyn Ciseau
Verlag: Selbstverlag
Genre: Fantasy, Romantasy
Format: eBook, gebundene Ausgabe


Es ist Winter, ich mag Winter und Schnee, warum also nicht ein Buch in entsprechendem Setting lesen. So dachte ich, als mir "Winter Academy" von Karolyn Ciseau beim Scrollen regelrecht vor die Füße purzelte.

Hauptperson der Geschichte ist die 18-jährige Mina Goodwin. Sie geht erst seit Kurzem auf die sogenannte Winter Academy, eine Art Internet für in Eismagie begabte Jugendliche, da ihre Kräfte erst spät zutage traten. Sie kann diese Kräfte allerdings auch nach Monaten nicht einmal im Ansatz beherrschen und gerät deshalb ständig in Schwierigkeiten und sogar Lebensgefahr. Schnell zeichnet sich aber ab, dass ihre Kräfte nicht nur besonders unkontrollierbar sondern auch sehr stark sind. Bei einer Übung wird Mina an den Hof des Winterkönigs, des Gegenspielers, verschleppt, der sie zu seiner Braut machen will. Als Professor Abercroft auftaucht, Minas Lehrer, der nach ihrer Annahme ein Spion des Winterkönigs ist, gleichzeitig aber Gefühle in ihr weckt, muss sie entscheiden, ob sie ihm vertrauen soll, um überhaupt eine Chance auf ein Entkommen zu haben.

Ich muss sagen, dass ich mich sehr schwer mit diesem Buch tue. Erstmal ist schnell zu merken, dass sich mit beiden Händen bei Anderen bedient wurde. Die Winteracademy ist ein wenig Xaviers Institut für begabte Jugendliche oder wohl mehr, da mit Magie und weniger mit Mutantenkräften um sich geworfen wird, Hogwarts, angelehnt. Allerdings haben die Magier hier keine Zauberstäbe sondern Kurzschwerter. Durch das Bild, das dann in meinem Kopf entstand, konnte ich das Magiewirken nicht mehr ernst nehmen. Der Winterkönig ist vielleicht ein wenig der Nachtkönig, vielmehr ist er allerdings Elsa in seinem Schloss aus Eis. Dann gibt es noch nicht gerade ungefährliche Schulturniere, die von allen regelrecht gehypt werden ... haben wir auch schon mal so gelesen, nur mit weniger Schnee und mehr Besen und Bällen. Die Schulleiterin ist, von ihrer Vorliebe für Selbstgebackenes, das sonst keiner ausstehen kann einmal abgesehen, einer anderen (späteren) Schulleiterin nachempfunden, inklusive Dutt, also eigentlich so wie in der Verkörperung durch die grandiose Maggie Smith dargestellt.

Wenn wir dann schon bei Personen sind, gibt es da Professor Ethan Abercroft. Natürlich der Beste in allem, hat die Schule in Rekordzeit abgeschlossen und ist nach nur zwei Jahren als Lehrer zurück und damit kaum älter als Mina. Dunkel, geheimnisvoll, arrogant, abweisend und kalt Mina gegenüber, verhasst von allen und irgendwie mit sowohl "Guten" als auch "Bösen" eng verbunden. So jemand hat bereits in den 1990er Jahren in einigen Büchern einem Zauberlehrling das Leben schwer gemacht.

Wenn das Fanfiction sein soll - und ich bin mir nicht mal sicher, ob das das Ziel war oder vielmehr ein Zusammenklauen und Hoffen, dass es keiner merkt - dann ist das jedenfalls nicht gut gelungen. Und nein, ich bin tatsächlich kein Fan der Bücher (oder Filme) um jenen Zauberlehrling, daher kommt diese Aussage von keinem fanatischen Fan, wie es sie ja auch in gar nicht mal kleiner Zahl gibt.

Sprachlich liest es sich in Ordnung. Wirkliche Welten konnte die Autorin zwar keine vor mein inneres Auge malen, aber immerhin sind auch keine größeren grammatikalischen Katastrophen oder dergleichen vorhanden. Über den Inhalt kann das leider nicht wegtrösten.

Mina ist übrigens eine dieser unsympathischen Heldinnen: Ständig in Schwierigkeiten, muss immer gerettet werden, man fragt sich, wie sie es allein überhaupt schafft zu atmen, aber eigentlich ist sie ja super-toll und die Beste. Sieht nur noch keiner. Dazu ist sie arrogant und verhält sich wie ein störrisches Kleinkind, macht aus Prinzip immer anderes als man ihr sagt und das selbst in Situationen wo gar nicht offensichtlicher sein könnte, dass das völliger Schwachsinn ist. Soll das süß sein, sympathisch? Ich weiß es nicht, so jemand im echten Leben wäre erstens gar nicht überlebensfähig und zweitens komplett unerträglich.

Dann ihre Schwärmerei für Ethan Abercroft. Er mobbt sie regelrecht, macht sie und die anderen Schüler fertig. Trotzdem schwärmt sie irgendwie für ihn, erst noch im Verborgenen, wobei die Versuche, das darzustellen auch eher plump sind, dann hat bald nichts mehr in ihrem Kopf Platz außer Abercroft. Drama und angeknackstes Vertrauen und das Ganze inklusive, also später dann. Wie dargestellt wird, dass sie sich näher kommen, finde ich im günstigsten Falle schwierig. Dazu erstmal ein Zitat, das sich auch im Internet unter der "Produktbeschreibung des Verlags" findet:

Professor Abercroft war näher gerückt. Seine leise, dunkle Stimme war nun ganz dicht an meinem Ohr, und ich roch den Duft von Minze und Lavendel. Ich stieß überrascht die Luft aus, als er eine Hand auf meine Brust legte, dorthin, wo mein Herz wild schlug.
"Spüren Sie die Hitze?"
Er meinte die Hitze der Magie. Das Feuer, das in meinem Herzen brennen und das ich mithilfe des Zauberspruchs zum Leben erwecken sollte. Aber ich spürte eine ganz andere Hitze. Eine, die von seiner Hand auf meiner Brust, seinem Körper dicht an meinem ausging.

Schwierig, wenn nicht gar übergriffig. Ich möchte keine Grundsatzdiskussion führen, man sollte aber vielleicht dennoch darüber nachdenken, dass andere, fremde Menschen (in diesem Fall auch noch Schülerin, geringer Altersunterschied hin oder her) anfassen nicht okay ist, besonders nicht auf diese Art. Hätte ich eine Tochter, die mir von so einem Vorfall berichten würde, dann wären aber alle Alarmglocken an. Nicht vergessen, an dieser Stelle finden sich, zumindest offiziell, beide noch alles andere als anziehend oder gehen auch nur freundlich miteinander um. Direkt im Anschluss an diese Szene küsst Abercroft Mina dann - gut, er küsst sie eigentlich nicht, sondern "trinkt" ihre Magie (indem er sie küsst), die außer Kontrolle gerät und sie zu verbrennen droht, aber wenn ich nicht ganz verzweifelt eine Situation mit Nähe dieser Art konstruieren wollte, ließe sich da auch ein anderer Weg finden. Diese gesamte Situation hätte sich so viel schöner und eleganter lösen lassen können, mit anfassen, mit küssen, was auch immer.

Zum Cover lässt sich abschließend sagen, dass es zwar ganz nett ist, aber mir nicht besonders aufgefallen ist. Auch ist die Frau auf dem Cover in meinem Kopf nicht mit der Mina aus dem Buch selbst in Einklang zu bringen sondern ist eher eine generische Gestalt um das Interesse zu wecken.


Abschließende Gedanken

Ich habe wenig erwartet. Und wurde enttäuscht. Viel mehr kann ich dazu eigentlich kaum sagen. Es beginnt bei unglaubwürdigen und unsympathischen Charakteren und endet nicht mal beim ungeschickten zusammenschustern einer vermeintlichen Liebesgeschichte mit Fantasy-Elementen. Fast möchte man zudem meinen, die Autorin hätte selbst eine Art Schwärmerei für Abercroft entwickelt und würde ihn für sich selbst wollen, wäre da nicht das kleine Problem namens Mina (und das größere, dass er eine fiktionale Gestalt ist). Schade eigentlich, denn das Ganze hätte Potential gehabt.




Rezension verfasst von Lavandula

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