Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Donnerstag, 2. Juni 2016

Review: The Perfect Insider




PV (Japanisch)




Japan 2015

The Perfect Insider
Originaltitel: Subete ga F ni Naru
Vorlage (Roman): Hiroshi Mori
Regie: Mamoru Kanbe
Designs: Inio Asano
Studio: A1-Pictures
Sprecher: Yasuyuki Kase, Atsumi Tanezaki, Ibuki Kido usw.
Episoden: 11
Verleih: Kostenlos, legal und mit deutschen Untertitel im Stream bei Crunchyroll* und ab 05. August im Heimkino bei Universum Anime
Genre: Mystery, Krimi
FSK: Ab 12


Für viele dürfte "The Perfect Insider" ein vollständig neues Werk sein. In Japan ist die leicht futuristisch angehauchte Agatha Christie trifft Edgar Wallace und Arthur Conan Doyle Geschichte aber schon seit Mitte der Neunziger bekannt. Die gesamte Geschichte basiert auf einen Roman, den (das etwas von sich eingenommene) Multitalent Hiroshi Mori 1996 veröffentlicht hat, bereits 2001 als Manga, 2002 als Videospiel (Visual Novel) für die PlayStation und Ende 2014 als Live-Action TV-Drama umgesetzt wurde. Nun haben die kreativen Köpfe von A-1 Pictures "Subete ga F ni Naru", so der japanische Originaltitel der sich ungefähr in "Alles wird F" übersetzen lässt, eine Anime-Adaption spendiert. Die 11 teilige Serie lief in Japan zwischen Oktober und Dezember 2015. Aktuell kann man die Serie auch mit deutschen Untertitel via Stream auf Crunchyroll schauen oder man wartet auf eine deutsch synchronisierte Fassung fürs Heimkino, die Universum kurz nach der AnimagiC im August veröffentlichen wird.

Hinterlassen hat die Serie eine sehr geteilte Zuschauerschaft. Einige finden "The Perfect Insider" zu ambitioniert, einigen anderen waren zu viele Fragen nach dem Finale offen geblieben, wiederum andere, und dazu zähle ich mich, konnten "The Perfect Insider" einiges abgewinnen. In 11 Episoden wird eine klassische "Murder Mystery in a locked room on a remote island" Geschichte erzählt. In einer relativ unspektakulären, teils konfusen ersten Episode nimmt der erste Fall der beiden Hauptakteure, dem Professor für Architektur Sohei Saikawa und der Studentin Moe Nishinosono seinen Lauf. Nishinosono ist die Tochter von Saikawas ehemaligem Mentor, der gemeinsam mit seiner Frau bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam. Als mittlerweile 19 jährige junge Frau gelingt Nishinosono etwas, was in den letzten 15 Jahren keiner anderen Person gelungen ist; ein Interview (wenn auch nur per Videoschaltung) mit Shiki Magata, einem Wunderkind unter den Programmierern. Als Teenager ermoderte sie kaltblütig ihre Eltern, wurde von der Regierung aufgrund Unzurechnungsfähigkeit freigesprochen und verbarrikadierte sich anschließend ungezwungen in einer unterirdischen Behausung im Forschungslabor ihrer Eltern, wo sie eine künstliche Intelligenz entwickelte. Shiki Magata findet gefallen an der Genialität von Nishinosono. Nach dem Interview mit Magata schlägt Nishinosono ihrem Professor vor, den Campingausflug auf die Insel zu verlegen, auf der sich die Forschungseinrichtung von Magata befindet. Saikawa gibt nach einiger Bedenkzeit sein Ok und die Gruppe reist gemeinsam zur Insel. Auf der isolierten Insel angekommen, nimmt in der ersten Nacht das Unglück bereits seinen Lauf.




Nach der ersten Episode, die nicht unbedingt sehr dau einlädt, die Serie weiterzuverfolgen, nimmt bereits ab Episode 2 "The Perfect Insider" erheblich an Fahrt auf. Viel Zeit kann man sich bei nur 11 Episoden auch nicht lassen. Man sollte sich daher von der Langatmigkeit der ersten Episode ganz sicher nicht abschrecken lassen. Was folgt ist nicht nur ein kurzweiliger Anime, was ich bereits erwähnt habe, sondern auch eine spannende und visuell ansprechende Serie. Besonders aus der Sicht der Inszenierung ist "The Perfect Insider" ein echter Hingucker. Verdanken hat man dies unter anderem den Designs von Mangaka Inio Asano, desssen Zeichnungen erstmals in einem Anime zum Leben erweckt wurden. Wie üblich bei Asanos Werken legt er bei seinen Character-Designs den Fokus auf realistische Gesichter/Gesichtszüge und Proportionen. A1- Pictures hat gute Arbeit darin geleistet, den speziellen Stil umzusetzen, wenn auch die Zeichnungen aus Asanos Portfolio einzigartig bleiben und nicht kopiert werden können.

Für die Inszenierung der mysteriösen Ereignisse war Mamoru Kanbe zuständig. Den dürften die meisten noch für die mehr oder wenige gelungene Adaption von Elfen Lied in Erinnerung haben. Bei "The Perfect Insider" hingegen hat Kanbe von der ersten bis zur letzten Episode alles richtig gemacht. Bei einer kurz gehaltenen Serie bleibt die Entwicklung vieler Charaktere etwas auf der Strecke. Einen großen Fokus legte man ganz besonders auf die wichtige wie tragische Geschichte von Shiki Magata. Etwas konfus wird es, sobald ab der zweiten Episode Flashbacks aus dem leben der jungen Magata gezeigt werden. Diese kommen so unerwartet, dass man meinen könnte, all die gezeigten Ereignisse spielen in der gleichen Zeitlinie. Nach kurzer Eingewöhnung kommt man mit dem Erzählstil jedoch relativ schnell zurecht. Einen nicht ganz so bedeutenden, aber immer noch relevanten Part nimmt auch immer noch das Verhältnis zwischen Saikawa und seiner Studentin Nishinosono und derer nicht minder tragischer Vergangenheit ein. Besonders auf die komplizierte Beziehung zwischen den beiden wird eingegangen, denn bereits in Episode 1 wird schnell klar, dass Nishinosono mehr für den jungen Professor empfindet. Der größte Teil von "The Perfect Insider" fokussiert sich allerdings auf das, was wirklich wichtig ist: Zwei äußerst bizarre wie mysteriöse Mordfälle, die gelöst werden müssen. Ich kann schon einmal so viel verraten, dass man sich für die endgültige Auflösung tatsächlich bis zur letzten Episode Zeit genommen hat. Zum miträtseln um die Aufdeckung der Tat ist man natürlich gerne eingeladen.

Dennoch hat "The Perfect Insider" aber auch noch einige Mängel im Gepäck. Im Gegensatz zu vielen anderen stört mich hier aber weniger die komplexe Handlung, die etwas kompliziert an einigen Ecken der Serie erzählt wird. Größtenteils sind es kleinere Patzer im Writing oder aber auch zu gut platzierte Zufälle für das Ensemble. Eine große Sünde hat man jedoch mal wieder in Sachen Fremdsprache begangen. Auf das große Problem japanischer Sprecher mit der englischen Sprache bin ich schon häufig eingegangen. In Episode 7, in einer Unterhaltung mit Seikawa und Shiki Magatas Schwester Miki, die aus den USA angereist ist, treibt man das sogenannte "Engrish" auf die Spitze. Die großartigen Sprecher Yasuyuki Kase und Yuuko Kaida verwandeln sich in Fünftklässler, die zum ersten mal längere englische Dialoge sprechen. Nicht nur klingt das Script in dieser rund fünf minütigen Szene improvisiert und schlecht verfasst, die ganze Szene nimmt eine unfreiwillige Komik an (welche ganz besonders durch die fehlende Musik- und Effektuntermalung noch intensiver wird), welche der angespannten Atmosphäre der Serie keinen Gefallen tut. Immer wieder packen die Japaner gerne solche Szenen in ihre Werke, die durch mangelnde Sprachkenntnisse der Autoren und der Synchronsprecher nicht richtig umgesetzt werden kann. Hier wird denke ich die kommende deutsche Synchronisation einen großen Vorteil haben, ob die deutschen Sprecher nun deutsch oder englisch in der besagten Szene sprechen werden, es wird eine große Verbesserung zu dem sein, was die japanische Originalfassung hier anbietet.






Abschließende Gedanken

"The Perfect Insider" macht nicht nur einen soliden Job, sondern sogar einen richtig guten. So gut, dass man sich wünscht, weitere Abenteuer der beiden Protagonisten zu sehen. In Japan hat es die Reihe von Saikawa und Nishinosono auf 9 Romane gebracht. Das gleichnamige Live-Action TV-Drama aus Japan bringt übrigens weitaus mehr aus den Romanen bekannte Fälle mit sich, als der hier besprochene Anime, der sich lediglich mit einem Fall (dafür jedoch ausführlich) beschäftigt.

Optisch ansprechend und spannend inszeniert weiß "The Perfect Insider" bis auf einige kleine Schönheitsfehler zu überzeugen. Eine weitere Staffel ist vermutlich nicht unrealistisch und sogar willkommen. Inhaltlich setzt die Serie auf Anspruch und verlangt eine menge Aufmerksamkeit ab und sollte besonders ältere Zuschauer ansprechen, die vielleicht von den aktuellen Entwicklungen im Bereich Manga und Anime weniger begeistert sind. Meinen Segen hat "The Perfect Insider" und ich kann die kurzweilige Serie allen Fans von Mystery und klassischen Krimis im Stile Edgar Wallace nur wärmstens empfehlen. Aber bitte, ihr großen Visionäre aus Japan, verzichtet auf die englische Sprache in euren Werken, ihr würdet besonders dem internationalem Publikum einen Gefallen tun.



*Crunchyroll: Zuschauer ohne Premiummitgliedschaft müssen Werbeunterbrechungen in den jeweiligen Serien hinnehmen.

1 Kommentar:

  1. Ich habe mir The Perfect Insider dieses Jahr in deutscher Synchronisation, die ich gelungen finde, angesehen. Vor der Serie war die einzige Umsetzung der Werke von Hiroshi Mori die ich kannte der Film The Sky Crawlers, bei der Mamoru Oshii (Ghost in the Shell) Regie führte, der Film ist auch sehenswert (ein System dem man nicht einmal durch den Tod entfliehen kann). The Perfect Insider zählt 2018 zu meinen Lieblingsserien und hat sich einen Platz in meiner Liste der besten Anime-Serien verdient. Die philosophischen Elemente und Dialoge sind gut, der Kriminalfall ist spannend und die Charaktere Sohei Saikawa und Shiki Magata finde ich interessant. An Sohei Saikawa gefällt mir das er ein philosophierender Intellektueller ist der mit seinen Ansichten eine Position außerhalb der Meinung der Mehrheit einnimmt, wie das er eine Person nicht grundsätzlich ablehnt weil sie ein Mörder ist.
    Wem The Perfect Insider gefiel würde ich die Anime-Serie Mouryou no Hako von 2008 empfehlen, die auf einem Roman von Natsuhiko Kyōgoku basiert.
    Mouryou no Hako handelt von einer bizarren Mordserie, bei der Schülerinnen zunächst zerstückelt und danach in Kisten gepackt werden. Die Mutter eines der vermissten Mädchen beauftragt einen Privatdetektiv, der sich sogleich mit Hilfe eines Buchverkäufers und weiteren Personen aufmacht, die mysteriösen Mordfälle aufzuklären.

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