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Donnerstag, 10. April 2014

Kurzgeschichten-Intermezzo: Kurt Vonnegut - Harrison Bergeron



 



USA 1961

Harrison Bergeron
Autor: Kurt Vonnegut
Sammlung: Welcome to the Monkey House (1968)
Format: eBook
Verlag: RosettaBooks (2011)
Sprache: Englisch
Genre: Kurzgeschichte, Science-Fiction, Dystopie


"George came back in with the beer, paused while a handicap signal shook him up. And then he sat down again. >>You been crying?<< he said to Hazel.
>>Yup,<< she said.
>>What about?<< he said.
>>I forget,>> she said. >>Something real sad on television.<<
>>What was it?<< he said.
>>It's all kind of mixed up in my mind,<< said Hazel.
>>Forget sad things,<<  said George. >>I always do,<< said Hazel.
>>That's my girl,<< said George. He winced. There was the sound of a rivetting gun in his head.
>>Gee - I could tell that one was a doozy,<< said Hazel.
>>You can say that again,<< said George.
>>Gee -<< said Hazel, >>I could tell that one was a doozy.<<"
(Kurt Vonnegut, Harrison Bergeron, Rosetta Books)


Ein Hauch von Philip K. Dick liegt in der Luft. Zwar gibt es bei Harrison Bergeron keine Precogs oder suspekte Raumsprays, dafür aber jede menge Dystopie.
Kurt Vonnegut Jr. (1922-2007) gehörte, ohne Frage, zu den ganz großen amerikanischen Schriftstellern, die mit ihrer Literatur auch außerhalb der Vereinigten Staaten auf sich aufmerksam machten. Mit Slaughterhouse Five (Schlachthof 5) gelangte Vonnegut zu Weltruhm als Autor und machte sich einen Namen als großer Science-Fiction Autor und Humorist. So bedrückend die Thematik in seinen Geschichten auch sein kann, aus ihm sprach immer wieder der Satiriker.
Als Kettenraucher sagte Vonnegut einst, Zigaretten seien der langsamte Selbstmord, den man begehen kann. Suicide Sticks, so nannte er die Glimmstängel. Und dennoch wurde Kurt Vonnegut 84 Jahre alt. Vermutlich hätte er sein eigenes Ableben als ironisch bezeichnet, könnte er noch das Wort ergreifen. Denn es waren nicht die Zigaretten, die ihm sein Leben kosteten, sondern der Sturz von einer Treppe in seinem eigenen Heim.

Mit Harrison Bergeron, einer Kurzgeschichte aus der 1968 veröffentlichten Anthologie Welcome to the Monkey House, hat Vonnegut eine seiner bekanntesten Kurzgeschichten geschrieben. Diese Dystopie spielt in einer Gesellschaft, in der es nur "Gleiche Menschen" geben soll. Das kommt ungut für klügere Menschen. Diese werden nämlich vom Statt gleich mit einem bizarren Malus belegt. So ergeht es auch George Bergeron. George ist intelligenter als die Mehrheit, und somit auch intelligenter als seine durchschnittlich verlangte Frau Hazel. George wurde vom Statt mit einem schweren Rucksack bestraft, den er den ganzen Tag über tragen muss. Doch damit nicht genug. Das Sahnehäubchen ist ein kleiner Sender in seinem Ohr, der immer mit dem Statt verbunden ist. Sobald George auch nur anders denkt als die Masse, wird er mit grauenhaften Geräuschen bestraft, die durch seinen Gehörgang gepustet werden (Autounfälle, Scheißereien). Das Ehepaar wird natürlich durchgehend vom Staat kontrolliert, so wie einfach alles im Staat kontrolliert wird. Einen besondereren Fall stellt jedoch der Sohn des Ehepaars dar, Harrison Bergeron. Dieser wurde verhaftet, weil er überdurchschnittlich intelligent ist und individuell denkt. Der Teenager hat jedoch genug von der Überwachung und will dem Staat beweisen, dass sich nicht alle Menschen kontrollieren lassen.

Harrison Bergeron ist eine bitterböse Satire an die Gesellschaft. Die bizarre Handlung wird immer wieder durch das Unwissen und die Naivität des Ehepaars Bergeron überspielt. Die Gesellschaft ist zu einem massigen Big-Brother Staat verkommen. Eine erschreckende Dystopie, denn vergleicht man die Geschichte mit aktuellen Ereignissen aus China, oder, noch eine Stufe krasser, Nordkorea, wird einem schnell bewusst wie weit Kurt Vonnegut seiner Zeit voraus war. Mit einem lockeren Schreibstil versetzt uns Vonnegut in eine Zukunft, die hoffnungsloser nicht erscheinen kann. Mit einer großen Portion an schwarzem Humor verleiht er dieser Kurzgeschichte, die angesiedelt ist zwischen Science-Fiction und Satire, einen noch schärferen Unterton.


Resümee

Das Prädikat Kurzgeschichte verdient Harrison Bergeron allemal, denn der Höhepunkt findet nach nicht einmal 30 Seiten statt. Aber nach der Seitenanzahl darf man eine Kurzgeschichte nicht messen. Es kommt auf den Inhalt an. Und wer diesen versteht, den wird Harrison Bergeron auch nach dem Ende noch einige Zeit beschäftigen.



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