Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Donnerstag, 25. November 2021

Einwurf: Eine Wolkenstudie in Grau und die Eroberung des Nutzlosen

Foto: Aufziehvogel



Dortmund, 2 Grad (gefühlt -1 Grad nach App)

Bei meinem Herbst/Winter Einwurf möchte ich mich eigentlich nicht mit dem Wetter beschäftigen. Aber ein Blick nach draußen reicht, die graue Suppe zu beurteilen. Bei meinen kläglichen Versuchen mich mit Nord Walking fit zu halten, lud die Szenerie am gestrigen späten Nachmittag ebenfalls nicht dazu ein, weiter zu gehen, als notwendig. Statt einen Gold schimmernden Wald vorzufinden (immerhin haben wir ja noch Herbst, auch wenn die Temperaturen was anderes sagen), erblickte ich einen tristen Acker und der anschließende Blick in den Himmel war mindestens genau so grau, wie der immer gleiche Anblick der Innenstadt. Mit der Macht der Technik hätte man den Wald auf dem Foto grün und saftig einfärben können. Doch da hätte ich mich selbst betrogen, denn als ich das Foto schoss, war da nichts weiter als Tristesse vor mir. Den Wald Violet einzufärben hatte hingegen einen gewissen Charme. Es erinnert mich weniger an die französische Provence mit ihren Lavendelfeldern. Da ich mich aber auf meinem Blog in den meisten Fällen mit Fantasiewelten befasse, könnte der violette Farbton durchaus auch zu irgendeinem Wald in einem Paralleluniversum passen.

Aber letztendlich bleibt die Tristesse, die die Kameralinse eingefangen hatte, da helfen auch keine Filter. Doch wo herrscht derzeit keine Tristesse? Das Wetter macht es vor, Politik, Weltgeschehen und unkaputtbare Viren und Besserwisser machen es nach. Die Aussichten? Sehr grau. Das Bier? Sehr kalt. Der Whisky? Auf Zimmertemperatur. Doch wie sieht es mit dem Lesestoff aus, den ich mir für die trübe Jahreszeit vorgenommen habe? Dazu möchte ich ganz gerne einen kleinen Ausblick liefern:






Eine wie Alaska
Original: Looking for Alaska
Autor: John Green


Ich habe eine anfällige Seite für Young Adult. Oder doch nicht? Es gab zwei Romane, die ich gerne lesen wollte bevor ich mir die Serien dazu ansehe. Vielleicht habe ich ja auch eher eine anfällige Seite für Teenanger-Dramen. Mit "Tote Mädchen lügen nicht" (13 Reasons Why) von Jay Asher wurde diese anfällige Seite, der sogenannte Soft Spot, nicht befriedigt. Ein holpriger Debütroman mit anstrengenden Charakteren und besonders anstrengenden Protagonisten (Rezension folgt demnächst). Jon Green kann mit seinem Debütroman hier eigentlich nur gewinnen, immerhin hatte mich die Leseprobe einst überzeugt. Die Themen der beiden Werke sind sich nicht komplett unähnlich. Beide Romane setzen sich mit dem Tod eines jungen Mädchens und dem, was sie hinterlassen hat, auseinander. Ein Debüt darf gerne holprig sein, aber auf eine Rally bin ich nicht scharf.



Eroberung des Nutzlosen
Englischer Titel: Conquest of the Useless
Autor: Werner Herzog


Vor einigen Jahren erst bin ich auf das filmische Schaffen von Werner Herzog aufmerksam geworden. Das schlechte daran: Warum nicht eher? Das gute: Besser spät als gar nicht. Ich hörte über die wenigen literarischen Werke des Filmemachers eine menge positives Feedback und "Eroberung des Nutzlosen" soll ein fantastischer Begleiter für Herzogs vermutlich ambitioniertestem Film sein, Fitzcarraldo. Fitzcarraldo (ursprünglich war hier mal Mick Jagger in der Hauptrolle geplant, am Ende wurde es, wie sollte es auch anders sein, wieder Klaus Kinski) gilt als der "Unmögliche Film". Überambitioniert und wenig Budget sind Tugenden, an die moderne Filmemacher und Studios zugrunde gehen. Werner Herzog nutzte dies zu seinem Vorteil und erschuf einen gewaltigen Film über Ambitionen - über Überambitionen und Größenwahn - entstanden ist dabei ein unterschätztes Meisterwerk. "Eroberung des Nutzlosen" ist Herzogs Rückkehr zu der einsamen Zeit im Dschungel. Weit über 20 Jahre nach seiner Entstehung wandte Herzog sich noch einmal den unzähligen Journaleinträgen zu, die er vor und während des Drehs verfasst hatte. Entstanden ist eine Chronik, die nicht weniger beeindruckend als der Film selbst sein soll. Leider gibt es beim Fischer Verlag kein E-Book, weshalb ich hier auf die englische Ausgabe zurückgegriffen habe, was einer Sünde gleichkommt, wenn man die bildgewaltige Sprache von Werner Herzog aus seinen Dokumentationen zu schätzen weiß.





Das Dämmern der Welt
Englischer Titel: The Twilight World
Autor: Werner Herzog


Und noch einmal Werner Herzog. Diesmal mit einem brandneuem Buch. "Das Dämmern der Welt" ist 2021 erschienen (Ende August) und Herzogs erstes literarisches Werk nach vielen Jahren. In diesem verhältnismäßig kurzem Buch von knapp 130 Seiten erzählt Herzog die Geschichte des japanischen Kriegsveteran Onoda Hiroo, der nach der Kapitulation Japans nie vom Kriegsende erfahren hat und für weitere rund 30 Jahre Stellung auf den Philippinen gehalten hat. Onoda war eine reale Person, der ehemalige Soldat verstarb im Jahr 2014 im stolzen Alter von 91 Jahren. Herzog vermischt hier also Realität mit Fiktion und erschafft eine Art Fake-Reportage über die verschwendete Lebenszeit von Onoda auf den Philippinen. Ja, diese unglaubliche Geschichte ist typischer Stoff für Herzog und ich kann es daher kaum erwarten, dieses Buch zu lesen. "Die Eroberung des Nutzlosen" wäre auch hier sicher ein geeigneter Titel gewesen.



Ich bin mir aktuell nicht sicher, ob man von allen 3 Büchern etwas auf "Am Meer ist es wärmer" lesen wird, aber ich versuche, so gut es geht, meine Impressionen zu teilen. Ich hoffe, ihr habt euch für die kalte Jahreszeit ebenfalls schon ein paar Bücher rausgesucht, die euch durch den Winterschlaf bringen werden. Hier geht es demnächst weiter mit etwas, was ich nun schon seit vielen Monaten vor mich herschiebe und eigentlich häufiger erscheinen soll: Der Meercast.




Habt einen angenehmen Jahresausklang und seht zu, dass ihr gesund bleibt
Euer Aufziehvogel

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