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Samstag, 27. Oktober 2018

Rezension: Irrgarten des Todes (Philip K. Dick)





USA 1970

Irrgarten des Todes
Originaltitel: A Maze of Death
Autor: Philip K. Dick
Verlag: Fischerverlage
Übersetzung: Yoma Cap
Genre: Science-Fiction, Mystery



Bei all den prominenten Namen, die das Science-Fiction Genre hervorgebracht hat, so scheint es doch Philip K. Dick gelungen zu sein, als einer der ganz wenigen Autoren der klassischen Science-Fiction Literatur unsterblich geworden zu sein. Erst 2017 widmeten Channel 4 Television und Amazon Dick eine ausgezeichnete TV-Serie mit dem Titel "Electric Dreams", die 10 seiner bekanntesten Kurzgeschichten adaptierte. Obwohl es zuvor relativ selten der Fall war, so orientiert sich die Serie ausnahmsweise mal an die Vorlagen. Dicks Name ist auch heute noch, rund 35 Jahre nach seinem viel zu frühen Tod, ein fester Begriff des Genre und vereint noch immer unzählige Leser miteinander. Das Erfolgsgeheimnis ist einfach, seine Geschichten sind zeitlos. Seine düsteren Dystopien, die immer auch satirische Elemente mit sich bringen, funktionieren heute wie damals und werden es auch noch weit in der Zukunft. Seine seltsamen Welten sind für uns surreale Zufluchtsorte. Welten, in denen wir nicht leben wollen mit Technologien, die uns zu fremd sind. Und doch wünschen wir uns nach jedem Abenteuer, dass diese seltsamen Welten vielleicht doch irgendwann mal zur Realität werden. Widersprüchlich wie Dicks Geschichten nehmen auch wir sein Werk wahr. Der im Jahr 1970 veröffentlichte Roman "Irrgarten des Todes" ist nicht unbedingt das typische Einstiegswerk in das Universum des Autors, aber sowohl von der Länge als auch von der sehr zufriedenstellenden Auflösung am Ende, die kaum offene Fragen zurücklässt, ist es der Intermediate-Kurs für angehende Leser von Philip K. Dick. Eine Geschichte, die, wie immer bei Dick, auf mehreren Ebenen von Realitäten spielt und seine Leser um den Finger wickelt. In diesem Roman sogar alles ein bisschen vermischt mit Agatha Christies "Und dann gab's keines mehr".

Die Handlung dreht sich um einen anscheinend wild zusammengewürfelten Haufen von Aussteigern, die auf dem Planeten Delmak-O eine neue Chance suchen. Der Weg dorthin ist ein One Way Ticket, denn die kleinen Noser befördern ihre Passagiere nur zum Zielort, jedoch nicht wieder zurück. Relativ schnell macht sich in der Gruppe Unzufriedenheit breit und als alle Protagonisten versammelt sind, kommt langsam die Frage auf, welchem Zweck diese Kolonie auf Delmak-O dient und was ihre Aufgabe dort sein mag. Das Unglück nimmt seinen Lauf und wie der erste Dominostein eine Kettenreaktion ins Rollen bringt, so ist es hier die fehlerhafte Kommunikation zu einem Satellit, der Instruktionen für die Truppe bereithält, die diesen Stein ins Rollen bringt. Sie scheinen gefangene zu sein und die neue Chance im Leben entwickelt sich zu einem Albtraum. Als dann auch noch ein Mord in der ersten Nacht geschieht, beginnt für die ansässigen der mysteriösen Kolonie ein bitterböses Spiel, mit dem sie im Vorfeld sicherlich nicht rechneten.

"Irrgarten des Todes" verknüpft Dicks bekannte Science-Fiction-Welten mit einer Murder-Mystery im Stile von Agatha Christie. Doch dürfen hier nicht Dicks surreale Momente fehlen, die, wie in Ubik beispielsweise, den wahren Twist der Geschichte ausmachen. Doch auch Theologische Elemente halten Einzug in Irrgarten des Todes. So ist der immer präsente und doch unsichtbare "Specktowsky" und sein Buch, was die im Universum verstreute Menschheit anscheinend so verehrt, eine art neue Bibel. Immer wieder zitieren die Protagonisten der Geschichte aus dem Buch von Specktowsky, der darin erklärt, wie sich Gottheiten zeigen und wie man mit ihnen umgeht, sollte man ihnen begegnen. Das Buch scheint eine art Wegweiser und Ratgeber zu sein und die Präsenz von übernatürlichen Wesen wie dem Intercessor oder dem Walker on Earth scheinen ein fester Bestandteil dieser fernen Zukunft zu sein. Diese Begriffe erstmals zu lesen könnte anfänglich etwas befremdlich wirken und den Start in die Geschichte leicht erschweren. Allerdings sollte man sich hier nicht unter Druck setzen, die meisten Begriffe und die Lebensweise dieser Menschen wird noch ausführlich im verlaufe des Plots erklärt. Dies ist besonders wichtig, wenn der letzte Vorhang dieses Science-Fiction-Theaterstücks fällt.




Resümee

Wenn der letzte Vorhang fällt..... darauf wartet der Leser in diesem Buch sicherlich gespannt. Und anders als in so manchen Werken von Philip K. Dick bekommt er hier nicht nur eine überraschende wie stimmige, aber auch eine sehr traurige Auflösung der Ereignisse serviert. "Irrgarten des Todes" könnte auch als sehr surrealer Fiebertraum durchgehen. Ein beklemmendes Werk, ja, sogar relativ düster und pessimistisch. Doch wieder einmal erlebte ich eine Geschichte, die mit solch einer Wucht eingeschlagen ist, dass ich mich noch lange an sie sehr detailreich erinnern werde. Genau wie die Protagonisten in der Geschichte, lässt der Leser sich hier auf ein Abenteuer ein, welches er nicht durchschauen kann. Anders als für die Charaktere ist der Trip für die Leser jedoch kein One Wack Ticket. Er wird nach den letzten Silben dieses Buches in seine Welt zurückkehren und vermutlich das Ticket in die nächste Welt von Philip K. Dick buchen. Und wer so viele Welten wie Dick geschaffen hat, kann davon ausgehen, dass der geneigte Literatur-Tourist nahezu immer eine einzigartige vorfinden wird.

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