Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Mittwoch, 30. Mai 2018

Review: Isle of Dogs





USA/Deutschland 2018

Isle of Dogs
Alternativ: Ataris Reise
Regie, Drehbuch, Produktion: Wes Anderson
Musik: Alexandre Desplat
Sprecher (englischsprachige Auswahl): Bryan Cranston, Koyu Rankin, Edward Norton, Bob Balaban, Bill Murray, Jeff Goldblum, Kunichi Nomura,  Yoko Ono, Scarlett Johansson, Harvey Keitel
Laufzeit: Circa 101 Minuten
Verleih: Fox Searchlight Pictures
FSK: Ab 6



Wes Anderson (Darjeeling Limited, Moonrise Kingdom, Grand Budapest Hotel) ist kein Filmemacher, der besonders viel in der Öffentlichkeit steht und auch nicht Filme in Fließbandarbeit produziert. Wes Anderson präsentiert circa alle 2-3 Jahre ein neues Werk, erfindet sich meistens selbst neu, heimst eine menge Preise für sein Werk ein und verschwindet dann wieder so lange, bis sich das Spiel von vorn wiederholt. Zusätzlich muss dieser Mann anscheinend nur mit den Fingern schnippen, um sämtliche Größen des öffentlichen Lebens vor die Kamera zu bekommen.

Mit "Isle of Dogs" ging Anderson nach "Fantastic Mr. Fox" aus dem Jahr 2009 erneut den beschwerlichen Weg, uns einen Stop-Motion Animationsfilm zu präsentieren. Besonders interessant hierbei ist nicht nur der Ausflug nach Japan sondern auch die Zusammenarbeit mit dem deutschen Studio Babelsberg. Seine Premiere feierte der Film bereits im Februar auf der Berlinale, eine etwas größere Kinoauswertung gab es für deutsche Zuschauer jetzt im Mai. Genau wie bei Moonrise Kingdom schafft Anderson bei Isle of Dogs einen gewagten Spagat zwischen Indie-Arthouse und großer Produktion. Entstanden ist hier zwar ein Animationsfilm, aber bereits nach wenigen Minuten wird klar, wer dafür verantwortlich war. Insofern ist es schwierig, aufgrund des speziellen Humors und den Anspielungen auf die japanische Popkultur "Isle of Dogs" uneingeschränkt auch Kindern zu empfehlen (die vermutlich weiterhin bei Disney/Pixar und Dream Works mehr auf ihre Kosten kommen werden), aber dennoch bin ich mir sicher, dass auch die jüngere Zielgruppe hier ihren Spaß haben könnte. Anders als man bei der Thematik vielleicht erwarten könnte, so hat Anderson es hier nicht auf die Tränendrüsen der Zuschauer abgesehen sondern stellt elegant Humor und seine einzigartigen haarigen Hauptcharaktere sowie einen liebevollen Protagonist in den Vordergrund. Was nicht bedeutet, Isle of Dogs könne keinerlei Gefühle zeigen.

Die Geschichte ist überraschend schnell erzählt. Wie ein Theaterstück eröffnet der Film mit pummeligen Taiko-Trommlern und einer phantasievollen Vorgeschichte über Hunde und Katzen. Der Plot selbst spielt in einem recht dystopisch angesiedeltem Japan in einer nahen Zukunft. Die Hunde in Japan vermehren sich massenhaft und dabei entstand eine Hundegrippe, die bei der schieren Masse an Tieren zu einem Problem werden könnte. Die Regierung schmiedet einen Plan, all die Hunde Japans auf eine Insel namens "Trash Island" zu deportieren, wo diese anschließend auf sich selbst gestellt sind. 6 Monate später bruchlandet der junge Atari auf Trash Island um nach seinem Hund Spots zu suchen. Dieser findet gleich ein paar tierische Kumpanen und somit beginnt seine Odyssee, die in den höchsten Ebenen der japanischen Regierung ihren Höhepunkt finden wird.

Die Liste an namhaften Sprechern war zu lang, um sie weiter oben alle aufzuzählen. Besonders Darsteller aus Anderson letzten großen Filmen wie Moonrise Kingdom und Grand Budapest Hotel sind hier als Sprecher für die Hunde unterwegs. So sind in weiteren Rollen noch Frances McDormand, Tilda Swinton, Liev Schreiber, Ken Watanabe sowie Roman Coppola zu hören. Da ich leider nur die deutsche Vertonung im Kino sah (die übrigens ausgezeichnet ist und glücklicherweise nicht mit irgendwelchen deutschen Promi-Sprechern versehen wurde), kann ich zu der Performance der durchaus namhaften Besetzung leider nichts schreiben.

Die Dialoge unter den Hunden sind versehen mit trockenem Humor und Offbeat-Situationen. Das Drehbuch ist ausgeklügelt und facettenreich, auch wenn es nicht ganz ohne stereotypische Klischees auskommt. Ein paar Klischees, die im Netz leider mal wieder zu unschönen Debatten führten. Davon sollte sich jedoch niemand beeinflussen lassen, denn sämtliche Nebenschauplätze würden einem so wundervollen Film seinen Zauber nehmen.



Resümee

Untermalt mit einem gewohnt starken Soundtrack von Alexandre Desplat wird der Zuschauer gemeinsam mit dem kleinen Atari diese Reise durch Trash Island genießen. Die Stop-Motion Effekte sind großartig in Szene gesetzt und verleihen den Hunden sogar eine überraschend reale Gestalt. Etwas irreführend können vielleicht für einige Zuschauer die nicht untertitelten, japanischen Dialoge sein die im Film selbst gerne sogar mal von einem Dolmetscher übersetzt werden. Viele Nachrichtenberichte oder aber auch Dialoge unter der Yakuza Regierung wurden hier und da aber nicht vertont. Dies ist natürlich so gewollt, könnte aber besonders bei jüngeren Zuschauern eher für Verwirrung oder Langatmigkeit sorgen.

Von den kleinen Kritikpunkten abgesehen ist Isle of Dogs (die es übrigens tatsächlich in England gibt, allerdings nur vom Namen her) ein Juwel, welches man nicht nur Fans von Wes Anderson wärmstens empfehlen kann sondern auch Fans von klassischen Animationsfilmen. Ich gehe sogar so weit zu sagen, man sollte Isle of Dogs auch den jüngeren Zuschauern zeigen, die ausschließlich mit 3D CGI-Animationsfilmen aufgewachsen sind. Ein durch und durch schöner Film für sämtliche Altersgruppen. Anschauen!

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