Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Freitag, 13. November 2015

Einwurf: James Bond 007 - Der Mann mit den vielen Gesichtern





Am 05. November kehrte mit Spectre nach dreijähriger Abstinenz der 24. Bond Film (der 25. wenn man es nicht ganz so genau nimmt) zurück in die Kinos. Daniel Craigs Vierter Einsatz als britischer Geheimagent ist auch mir nicht entgangen. Während der Film erstmals seit "Ein Quantum Trost" vom Publikum wieder kritischer/kontroverser beäugt wurde, hatte ich (trotz vieler gültiger Kritikpunkte) eine große Freude an Spectre. Zum einen liegt es daran, dass nun endlich wieder die Wege frei sind, was Namen und Begriffe angeht, die in einem jahrzehntelangen Rechtsstreit unter den Rechteinhabern immer aufgeteilt wurden (eine Geschichte, die bereits zu Lebzeiten Ian Flemings im Gange war und ihm gesundheitlich noch mehr zusetzten). Zum anderen ist es aber auch der Mix, den Spectre bietet. Ein Mix aus Elementen der Craig-Ära, aber auch ein Mix aus Elementen vergangener Bond Filme. Eine zweite, oder gar dritte Sichtung des Films wird aber nötig sein, bis ich ihn fair einschätzen kann.

Spectre spornte mich dazu an, mir über das Bond-Universum, was wesentlich komplexer ist, als es vielleicht manche denken, Gedanken zu machen. Und ich kam nicht umhin, den Protagonist dieses Universums doch noch einmal näher zu betrachten. Zählt man die ikonische Figur mit, die 1an Fleming geschaffen hat und ihn insgesamt auf 14 gefährliche Missionen schickte (die ihm, nicht nur wörtlich den Verstand raubten), wurde der Spion des britischen MI6 nun insgesamt von 7 verschiedenen Personen verkörpert. Doch nur wenige der 6 Schauspieler, die für diese Rolle ausgewählt wurden, konnten es mit Flemings Figur aus den Romanen aufnehmen.

Unter Romantikern heißt es immer, einer der Antagonisten, die Bond bekämpfe, war Ian Fleming selbst. Und Bond war letztendlich siegreich. In der Realität ist diese Umschreibung gar nicht mal unrealistisch. James Bond verkörpert die Laster des Briten Ian Fleming. Stress, Kettenrauchen, Alkohol. Mit Anfang 50 sah Fleming bereits aus wie ein Mann in seinen 60ern. Während Bond, die Figur die Fleming erschuf, unsterblich ist, ging sein Schöpfer daran zugrunde. Noch vor der Fertigstellung von "Der Mann mit dem goldenen Colt", erlag Fleming mit nur 56 Jahren einem seit länger bestehendem Herzleiden, während einer Partie Golf. Mit Ian Fleming ist aber nicht James Bond gestorben, seine Mission war, und ist bis zum heutigen Tage, noch nicht beendet.

Während es in Ian Fleming's Romanvorlage nur einen einzigen Bond gibt (inklusive einer Chronologie seiner Abenteuer), wird der 007 aus den Filmen nicht nur ständig von anderen Schauspielern verkörpert, sie alle verleihen Bond auch ein anderes Gesicht. Bond ist Wandlungs- und Anpassungsfähig. Ob als Frauenheld, Comedian oder todernster Agent, der auf persönlicher Vendetta ist, James Bond ist unsterblich, und er hat viele Gesichter.

In einem Ranking möchte ich die Bond-Inkarnationen auflisten, die mich persönlich sehr beeindruckt (oder eben nicht) haben. Film ab!


7: Roger Moore

Man liebt, oder hasst diesen Bond. Das Erbe von Sean Connery war enorm und Moore's erste Gehversuche, ihn zu kopieren, schlugen in Vorab-Aufnahmen fehl. Ziel der Produzenten Broccoli/Saltzman war es, einen völlig eigenständigen James Bond zu erschaffen. Die Idee, zumindest kommerziell erfolgreich. Ganze 7 mal verliebten sich Mütter und Töchter in den verführerischen Roger Moore. Von Flemings Philosophie, Ideen und natürlich auch Romanen wurde meistens bis auf den Titel nichts übernommen. Während man den Moore-Bonds Unterhaltungspotential nicht absprechen kann, haftet seinen Filmen aber viel zu häufig ein alberner Klamauk an, der mehr an eine Parodie als an ein echtes 007 Abenteuer erinnert. Mit "Moonraker" und "In tödlicher Mission" sind sogar zwei der wohl schwächsten 007-Filme entstanden. Allerdings sind unter Moores Einsätzen einige der prägnantesten Soundtracks entstanden.


6: Pierce Brosnan

Die Brosnan-Ära war geprägt von vielen Kleinigkeiten. Brosnan, der eigentlich Moore beerben sollte und aufgrund vertraglicher Verpflichtungen mit der Serie "Remington Steele", musste Brosnan (der bereits als kommender Bond aufgeregt war wie ein kleiner Junge, der sich auf Weihnachten freut) in letzter Sekunde doch noch passen und wurde kurzerhand von dem großartigen Timothy Dalton ersetzt. Nach eine der längsten Abstinenzen in der langen Geschichte von 007 durfte Pierce Brsonan, der damalige Wunschkandidat, nun endlich ran. "Goldeneye" (benannt nach Flemings Villa in Jamaika) stellte die Produzenten vor einem Rätsel, ob ein James Bond auch nach dem Kalten Krieg noch relevant sein kann. Die Sorgen waren unbegründet, denn Goldeneye war ein voller Erfolg. Optisch ähnelt Brosnan dem klassischen Bond aus Flemings Vorlage. Charakterlich ist er zwischen Dalton und Lazenby einzuordnen. Die größten Probleme, denen sich Brosnan aber stellen musste waren schlechte Scripts (besonders die Filme, die nach dem soliden Goldeneye folgten) und ein besonderer Hang zum Snobismus. Mit seiner arroganten art ist kaum ein anderer Bond so hochnäsig und unnahbar für den Zuschauer. Insgesamt durfte Brosnan 4 mal ran und war sich auch noch sicher, bei "Casino Royale" dabei zu sein.


05: George Lazenby

George Lazenby hatte es nie einfach. Nicht nur war das Publikum immer noch von Sean Connery völlig eingenommen, Lazenby selbst war ein völliger Debütant als Schauspieler. Doch der gebürtige Australier war entschlossen, er wollte diese Rolle. Also führte er Produzenten und Regisseur an der Nase herum, legte ihnen eine falsche Vita vor und war am Ende völlig überrascht, es damit so weit geschafft zu haben. In einem persönlichem Gespräch waren weder Produktion noch Regie begeistert über Lazenbys Märchen, gleichzeitig aber auch amüsiert und begeistert wie er sie vorführte. Lazenby bekam die Rolle und beerbe Sean Connery... nur um einen Film später wieder von ihm abgelöst zu werden. "Im Geheimdienst ihrer Majestät" ist eine der wenigen Romanverfilmungen eines 007 Romans, die sich enger an die Vorlage hält. Da "Im Geheimdienst ihrer Majestät" aus literarischer Betrachtung zur Blofeld-Trilogie gehört, wurden für den Film einige Anpassungen vorgenommen. Wie immer ist die allgemeine Grundstimmung im Film auch wesentlich lockerer als im Buch und mit typischen Bond-Oneliner ausgeschmückt. Lazenby hat sich, besonders als unerfahrener Schauspieler wacker geschlagen und mir wesentlich besser gefallen, als Moore bei sieben Anläufen. Besonders in den emotionalen Szenen konnte Lazenby wirklich punkten und ist Teil von einem der wohl einprägsamsten Momente in der gesamten Historie von 007. Obwohl "Im Geheimdienst ihrer Majestät" kein Flop war, verzichtete Lazenby auf ein weiteres Engagement und kündigte kurz vor der Premiere des Films seinen Abschied an. George Lazenby zog sich daraufhin weitgehend aus der Schauspielerei zurück.


04: Sean Connery

Es kann nur einen geben! Auch wenn Highlander genau so gut passen würde, meine ich natürlich eine andere Rolle von Sean Connery, die, die ihn nicht nur weltberühmt und damals zu einem der best bezahlten Schauspieler machte, sondern ihn gleichzeitig auch ins Verderben führte. Genau wie Ian Fleming selbst, wurde Sean Connery von James Bond verzehrt. Connery, vor der Kamera ein Gentleman und Playboy, kam im privaten Leben nur schwer mit dem Ruhm zurecht, die ihn die Rolle einbrachte. Und am Ende erschaffte sich Connery sogar seinen persönlichen Antagonist, Albert Broccoli (die beiden versöhnten sich erst am Sterbebett von Albert Broccoli wieder). Nichtsdestotrotz prägte Sean Connery diesen Charakter wie kein anderer und machte ihn weltberühmt. Während Connerys erste Auftritte als Bond sich zwar auch teilweise sehr von den Romanvorlagen unterscheiden, sind die Filme unterhaltsam genug, um als Filme per se überzeugen zu können. Der kritisierte "Comic-Bond" trat erst in Connerys späteren Auftritten in Erscheinung. Enttäuschend war jedoch Connerys unrühmlicher Abgang aus dem Franchise. Nachdem er mit der Neuinterpretation zu "Feuerball" "Sag niemals nie" seinen endgültigen Abschied von 007 verkündete, äußerte sich der Schotte im laufe seiner Karriere beinahe nie wieder zu der Rolle, die ihn so bekannt machte. In Interviews blockte Connery häufig ab sobald 007 ein Thema wurde, in Dokumentationen zu 007 taucht er als einziger der noch lebenden Verantwortlichen meistens gar nicht erst auf. Das ändert natürlich nichts daran, dass auch Sean Connery sich mit dieser Rolle unsterblich machte. Auch Connery spielte den Geheimagent 7 mal, aber nur, wenn man "Sag niemals nie" mit einbezieht.


03: Daniel Craig

Anfangs belächelt, nach "Casino Royale" jedoch als britischer Volksheld gefeiert, der 007 wieder auf die große Leinwand brachte, und zwar im ganz großen Stil. Besonders nach Brosnans vielfach kritisierten letzten Filmen war es ein gefährliches Unterfangen, den ebenfalls damals noch relativ unbekannten Daniel Craig diese Rolle anzubieten. Ein blonder Bond? Der ist so ziemlich das absolute Gegenteil von dem, was Ian Fleming sich vermutlich jemals unter James Bond vorgestellt hat. Seine Performance in der längst überfälligen Verfilmung con Casino Royale ließ jedoch alle Kritiker verstummen. Von allen Bond-Inkarnationen wird Craig der Figur aus den Büchern vielleicht sogar am meisten gerecht. Sarkastisch, ernst und manchmal läuft er auch komplett Amok. Das sind viele Eigenschaften, die sich die Fans lange wünschten. Zu Zeiten von Timothy Dalton noch verpönt, rund 20 Jahre später wurde genau dieses Konzept für alle Beteiligten zu einer Goldgrube. Daniel Craig war für ihre Majestät bisher 4 mal im Einsatz, ein weiterer, endgültig letzter Auftrag für Craig scheint bereits in Planung zu sein.


02: Timothy Dalton

Timothy Dalton war seiner Zeit als Bond voraus, heißt es. Mit seiner Interpretation als ernsten, nachdenklichen und skrupellosen Bond, vielleicht sogar noch etwas ernster, nachdenklicher, und skrupelloser als Flemings Bond, fühlten sich die Zuschauer etwas befremdlich. Sie wollten den Playboy aus "Liebesgrüße aus Moskau" oder den Romantiker aus "Leben und sterben lassen" zurück. Stattdessen bekamen sie einen ernsten Zeitgenossen zu sehen, der mehr auf persönlicher Vendetta war anstatt die Welt zu retten. Mittlerweile haben sich die Zeiten und auch die Zielgruppe jedoch geändert und so mancher wünscht sich, Dalton hätte zumindest seinen dritten Film noch drehen können. Mit anderen Worten, nicht wenige wünschen sich Dalton als 007 in Goldeneye. Was Timothy Dalton bewiesen hat, James Bond muss nicht ins Weltall oder mit einem Panzer durch Sankt Petersburg fahren, um überzeugen zu können. Zudem haben seine zwei Auftritte als 007 auch dafür gesorgt, dass er sich nicht weiter abnutzen konnte, wie es sich vielleicht allmählich bei Daniel Craig einstellt. Dafür hat sich Timothy Dalton mit einem regelrechten Knall verabschiedet."Lizenz zum töten", der sich stilistisch an die harten Actionfilme aus den 80ern orientiert, musste selbst in den USA noch ein wenig bearbeitet werden, um das R-Rating zu vermeiden. Aus heutiger Sicht wäre mittlerweile selbst die leicht zensierte PG-13 Kinofassung von "Lizenz zum töten" ein absoluter R-Rating Kandidat. In Deutschland wurde damals sogar noch zusätzlich die Schere angesetzt, um die FSK 18 Freigabe zu vermeiden. Ganz so drastisch muss man den Film nun nicht bewerten, allerdings ist "Lizenz zum töten" auch heute noch schnörkellos in Szene gesetzt. Ein weiterer Bonus: Die grausame Verstümmelung, die Felix Leiter durch einen Hai zugefügt wird, stammt aus Ian Flemings zweiten Bond Roman "Leben und sterben lassen".


01: James Bond

James Bond mag viele Gesichter haben, aber es gibt tatsächlich nur einen echten "James Bond". Und diese Figur wurde von Ian Fleming ins Leben gerufen und ging zum ersten mal 1953 für ihre Majestät auf Mission. Flemings Bond verkörpert all das, was beinahe alle Film-Inkarnationen vermissen lassen. James Bond ist ein Mann, kein Übermensch, ständig im Konflikt mit sich selbst. Er raucht, trinkt und meistens sterben die Frauen um ihn herum, in die er sich verliebt. Durch die ständigen Rückschläge wird Bond nach und nach zu einem Mann, der an seinen eigenen Fähigkeiten zweifelt und letztendlich beinahe an den Machenschaften von SPECTRE zugrunde geht. Weniger Gagdets, weniger Humor und Kitsch sind die Zutaten von Ian Flemings Bond. Fleming machte das "Spy Fiction" Genre weltberühmt. Und trotz vieler Kritik was Flemings Weltsicht angeht (Homophobie, Rassismus, Frauenfeindlichkeit), lesen sich seine Bond-Romane auch heute noch spannend wie vor über 60 Jahren. In diesem Falle gilt: "Nobody does it better".



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