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Freitag, 28. März 2025

Einwurf: Warum mich der Light Novel Vorstoß in Deutschland weiterhin nicht vom Sockel haut

 


Erst einmal muss ich in diesem Einwurf, der mit seiner Überschrift provokant anmuten lässt, etwas klarstellen um gleichzeitig auch mal etwas die Brisanz aus den Segeln zu nehmen: Dieser Einwurf könnte auch als etwas egoistisch angesehen werden, denn hier geht es mir nicht um den allgemeinen Stand des Marktes rund um japanische Light Novel Lizenzen in Deutschland, sondern viel mehr spielt hier mein persönlicher, ganz eigener Geschmack mit. Und zudem ist mir durchaus bewusst, wie schwer es auch ist, Lizenzen an Land zu ziehen. Ich hatte bereits in den Jahren, wo der Blog hier sehr aktiv war, zahlreichen Kontakt zu deutschen Manga Verlagen wie Carlsen Manga und Tokyopop. Außerdem ganz kurz, als noch keine einzige Lizenz bekannt war, hatte ich auch Kontakt zu dem auf Light Novels spezialisierten Verlag Dokico. Meine besten Wünsche dem netten Team gegenüber, die ich im Jahr 2022 hier auf "Am Meer ist es wärmer" geäußert habe, sind weiterhin ernst gemeint und ich wünsche dem Verlag noch viel Erfolg auf seinen weiteren Wegen: Artikel: Dokico geht in Deutschland an den Start (vom 27.10.24)

Aber ich bin weniger irgendein Typ, der über das Thema journalistisch und wissenschaftlich schreibt als viel mehr ein Typ, der Konsument dieses Themas ist. Und hier habe ich diverse Probleme, Verlangen, Sehnsüchte (sucht euch einen Begriff aus). Erst einmal müssen wir etliche Jahre zurückreisen. Es gab schon vor rund 20 Jahren und immer mal wieder danach Versuche deutscher Verlage, Light Novels in Deutschland zu vermarkten. Ganz prominent fällt mir hier zum Beispiel noch Tokyopop ein, die es mit einer echt schönen Ausgabe zu Kinos Reise probiert haben. Die deutschsprachige Veröffentlichung fand ein jähes Ende, weil die Verkäufe einfach nicht dem großen Aufwand gerecht wurden, so eine Reihe kleiner Romane über mehrere Ausgaben, direkt übersetzt aus dem Japanischen, weiter zu veröffentlichen. Persönlich sagte man mir damals "Um einen Gewinn zu machen, da müssten wir dann einen Band für 20 Euro oder mehr anbieten". Selbstverständlich ist hier die Inflation nicht mitgerechnet, als ich die erhältlichen Bände erworben habe, was wirklich viele Jahre her ist und der Titel bereits zu diesem Zeitpunkt Out of Print war.

Während es in Deutschland nicht klappte, etablierten sich in den USA, wo es ganz andere Möglichkeiten gibt, viele Verlage, die sich entweder ausschließlich auf Light Novels spezialisieren wie der J-Novel Club oder etablierte, große Manga-Verlage wie Yen Press, Seven Seas oder Vertical - letzterer natürlich auch zahlreiche andere Romane von japanischen Belletristik-Schriftstellern in seinem Programm hat. In Deutschland näherte man sich den Light Novels in den letzten Jahren auch wieder an. Erneut fungiert Tokyopop hier als eine Art Pionier, bringt aber teilweise wirklich nur die ganz bekannten Titel wie Sword Art Online und Overlord (Einfach mal als Beispiel, um zwei sehr prominente Titel zu nennen). Meines Wissens (man möge mich korrigieren, wenn ich hier komplett falsch liege) setzt Tokyopop bei einigen Titeln auf kostengünstigere Übersetzungen und greift auf vorhandene englische Übersetzungen zurück. Egmont hat mit Titeln wie den Romanen von Makoto Shinkai auch noch den ein oder anderen prominenten Vertreter im Programm. Altraverse bedient die Fans mit Solo Leveling, Goblin Slayer und vermutlich der bekanntesten Lizenz "Meine Wiedergeburt als Schleim in einer anderen Welt".

Überraschend dürfte aktuell sein, dass es in Deutschland noch keine Lizenz zu "Die Tagebücher der Apothekerin" gibt, eine Reihe, die trotz ihrer Popularität hier lediglich als Manga-Adaption verfügbar ist. Dennoch, was populäre Reihen angeht, so hat man auch in Deutschland mittlerweile überraschend viele Titel, auch wenn es immer noch ein Bruchteil von dem ist, was man in den USA vorfindet. Und auch dort gilt, viele Reihen interessieren mich nicht. Besonders der Isekai-Wahn ist an mir vorbeigerauscht wie eine Corvette bei Höchstgeschwindigkeit. Wie schon erwähnt, all das ist meckern auf sehr hohem Niveau, denn ich tue mich bekanntermaßen auch schwer mit neuen Serien, egal ob das Manga, Anime oder Light Novels sind. Für mich besteht das meiste heutzutage aus Reihen, die einen so langen Titel haben, dass ich ihn mir nicht einmal merken kann und der Inhalt dieser ganzen Serien sich kaum voneinander unterscheiden. Irgendwo bin ich dann doch vermutlich in der Anime-Kultur der frühen 90er kleben geblieben!

Mit Dokico haben wir in Deutschland einen neuen Verlag, der sich fast ausschließlich der Veröffentlichung von Light Novels verschrieben hat (man veröffentlicht zudem auch einige Manga-Lizenzen). Und relativ schnell hatte man sich auch festgelegt, was man gerne veröffentlichen möchte. Eher kürzere Reihen mit einem Schwerpunkt auf Slice of Life, Romance und Drama. Das war eine Info, die ich aber erst las, nachdem ich meine Lizenzwünsche da gelassen habe und so weit das Thema des Verlags verfehlt habe, dass ich mich letztendlich nicht trauen würde, euch diese Wünsche hier offen zu nennen! Ein bisschen Selbstachtung muss sich Herr Aufziehvogel bewahren. Das größte Problem, was sich darauf aber, zumindest meiner Meinung nach, ergeben hat, ist dann doch ein recht festgefahrenes Programm von bestimmten Genres. Und dennoch finden sich auch Titel im Programm, von denen man eigentlich erstmal nichts wissen wollte: Isekai (was aber auch im Programm nicht Überhand nimmt). Ich habe nun abgewartet, bis der Verlag sich etabliert hat und da muss ich nun einfach sagen, vielleicht bin ich mit Männlich, 38 auch gar nicht die angepeilte Zielgruppe. Als jemand, der so ein Projekt gerne unterstützen möchte, saß ich vor einiger Zeit überraschend unbeeindruckt vor dem Programm, bei dem mir die meisten Titel nicht einmal irgendwas sagten und es auch auf diversen Seiten wie MyAnimeList relativ wenig Infos gibt, die mir weiter helfen. Ja, zum einen holt man sich hier tatsächlich Lizenzen ins Boot, die weniger bekannt sind und eben nicht diesen großen, globalen Hype besitzen, obwohl man mit Titeln wie Arifureta und 7th Timeloop auch deutlich prominentere Titel im Programm hat. Auch positiv hervorzuheben ist natürlich, dass der Verlag mehrere Editionen anbietet von Taschenbuch-Formaten über teurere Hardcover-Ausgaben, die es exklusiv im Webshop von Dokico gibt. Zu einigen Titeln, leider nicht zu allen, werden auch E-Books angeboten. Auch werden anscheinend sämtliche Light Novels direkt aus dem Japanischen übersetzt, was natürlich ein riesiger Pluspunkt ist.

Doch für "Probiere ich einfach mal aus" sind die Preise mit teilweise 20 Euro für ein Taschenbuch auch einfach zu pikant, es dann wirklich einfach mal auszuprobieren (Leseproben verschaffen hier nicht die gewünschte Hilfe bei der Entscheidung). Und dennoch habe ich es getan mit "The Ashes of My Flesh and Blood is the Vast Flowing Galaxy" von Yuyuko Takemiya und einer wundervollen Cover-Illustration des begnadeten Inio Asano. Da mich die Story ein kleines bisschen an "Heaven" von Miko Kawakami erinnert hat (ein Roman, schwer zu verdauen aber einfach auch herausragend gut geschrieben), habe ich mal zugegriffen. Leider konnte sich die Geschichte um den Oberschüler Kiyosumi sich bei mir noch nicht entfalten, möchte dem Roman zu einem späteren Zeitpunkt aber nochmal die Chance geben, sich entfalten zu können.

Mein eigentliches Ziel, den Verlag auf seiner Reise auch zu begleiten, ist so für mich gar nicht umsetzbar, was ich als Fan/Leser natürlich schade finde. Und dennoch möchte ich hier den Verlag gar nichts ankreiden, außer, dass man sich vielleicht zu schnell auf gewisse Themengebiete festgefahren hat. Angebot und Nachfrage bestimmen ein Programm und ein so dominierendes Genre wie Isekai-Fantasy kann schlicht und ergreifend nicht ignoriert werden. Das gleiche gilt für Titel aus dem Genre Romance und Comedy. Dass ein Verlag sich hier seine eigene Nische aufbauen möchte, ist dementsprechend auch nachzuvollziehen und damit scheint man sich auch eine treue Fanbase aufgebaut zu haben. Der kleine, quengelnde Junge in mir schreit aber "Was ist mit mir? Hallo Leute, ich bin auch noch da und würde euch gerne etwas von meinem Geld überlassen". Während ich es weiterhin nicht wagen würde, die Lizenzwünsche zu nennen, die ich ursprünglich mal an den Verlag weitergereicht habe, denke ich mir, es würde da aber andere Reihe geben, die eigentlich wie für Dokico gemacht sind. Reihen wie "The Empty Box and Zeroth Maria" oder, ein Knaller, dessen Lizenz-Verkündung beinahe schon surreal anmuten würde: Violet Evergarden. Besonders letztere Reihe, die natürlich als Anime weltweit riesige Erfolge feierte, mutet fast schon realitätsfern an, denn bis heute gibt es ja noch nicht einmal eine englische Ausgabe. Oder sich vielleicht doch mal ins Science-Fiction-Genre wagen und Legend of the Galactic Heroes (Ginga Eiyū Densetsu) zu lizensieren, sofern sich eine Chance ergibt. Doch bevor das hier in den wirren Fieberträumen um Lizenzwünsche ausartet: All das waren natürlich nur Beispiele von Titeln, die mich ausflippen lassen würden. Ich habe gerade deshalb so hoch ins Regal gegriffen, weil besonders solche Titel einfach nicht wirklich realistisch sind, sonst hätten sie vor Jahren vermutlich schon andere Verlage gebracht, bevor es Dokico überhaupt gab. All diese Lizenzwünsche nun an einen einzigen Verlag abzuwälzen, der sich auf Light Novels spezialisiert hat, ist natürlich mit keiner Silbe meine Absicht.

Am Ende besteht mein lamentieren über das Light Novel Programm deutscher Verlage aus purem Egoismus, weil einfach wenig für mich dabei ist. Und daher muss man auch einfach mal die etwas abgedroschene Weisheit "It's simply not for you" dann auch so hinnehmen. Aber wer weiß, vielleicht bringt das jammern am Ende doch mal was und in den nächsten 1-2 Jahren hauen die Verlage aus dem Nichts dann auch mal Lizenzen raus, die mich nicht nur vom Sockel hauen, sondern gleichzeitig auch noch dafür sorgen, dass die Kinnlade den Boden berührt.

Aber eines ist am wichtigsten: Wer diesen Beitrag hier, aus welchen Gründen des heiligen Algorithmus auch immer, entdeckt und euch diese hier angesprochenen Reihen interessieren: Unterstützt deutsche Verlage wie Tokyopop, Altraverse, Dokico und viele mehr. Denn nur so wird dieser Markt auch fortbestehen und die Verlage können sich noch weiter hervorwagen, was neue Lizenzen angeht.


Aufziehvogel

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