Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Donnerstag, 30. Juli 2015

Zum 50. Todestag von Jun'ichiro Tanizaki: Tagebuch eines alten Narren




Hinweis: In dieser Besprechung verwende ich die gebräuchlichere Schreibweise "Junichiro Tanizaki" ohne Apostroph im Vorname.



Japan 1961/1962

Tagebuch eines alten Narren
Autor: Junichiro Tanizaki
Originaltitel: Fūten Rōjin Nikki
Veröffentlichung: 1962 in Japan bei Chuokoron-Shinsha, 13. Juli 2015 als überarbeitete Neuauflage beim Manesse Verlag
Übersetzung und Fußnoten: Oscar Benl
Nachwort: Eduard Klopfenstein
Genre: Erotik-Drama


"Vielleicht liebe ich Satsuko deswegen, weil sie mir bis zu einem gewissen Grade zu dieser Illusion verhilft. Sie ist ein bisschen boshaft, ziemlich ironisch und lügt auch ganz gern. Mit ihrer Schwiegermutter und den Schwägerinnen versteht sie sich schlecht. Auch ihr Kind scheint sie nicht besonders zu lieben. In der ersten Zeit nach ihrer Heirat zeigte sich das nicht so deutlich, aber in den letzten zwei, drei Jahren dafür umso mehr. Mir macht es manchmal geradezu Spaß, sie noch mehr gegen die Frauen des Hauses aufzustacheln. Sie hat eigentlich keinen üblen Charakter. Sie ist im Grunde gutartig, aber unversehens überwältigt sie die Lust am Bösen, und dann brüstet sie sich geradezu damit. Ob sie es tut, weil sie merkt, dass mir das gefällt? Aus irgendeinem Grund behandle ich sie liebevoller als meine Töchter, und ich sähe es nicht einmal gern, wenn sie sich besser mit ihnen verstünde. Je gehässiger sie zu ihnen ist, desto reizvoller erscheint sie mir." - Tagebuch eines alten Narren. Übersetzung: Oscar Benl


Heute jährt sich bereits der 50. Todestag von Junichiro Tanizaki (24. Juli 1886 - 30. Juli 1965), ein Schriftsteller, der einen großen Beitrag an die noch immer junge, moderne japanische Literatur geleistet hat. Tanizakis Einfluss auf die Weltliteratur ist unbestritten, dabei ist er aber weniger bekannt als Romancier, als viel mehr der Autor zahlreicher Essays und Novellen.

Das "Tagebuch eines alten Narren" war Tanizakis letztes großes Werk. Rund 3 Jahre später, kurz nach seinem 79 Geburtstag, verstarb er im hohen Alter an Herzversagen.
Das Tagebuch dieses lüsternen alten Mannes, den Tanizaki hier so brillant beschreibt, war praktisch sein Abschiedsgeschenk an die Weltliteratur. Der original japanische Titel des Romans ist dabei noch etwas markanter als der, der deutschen Ausgabe. 瘋癲老人日記 (Fūten Rōjin Nikki) heißt übersetzt so viel wie "Tagebuch eines verrückten alten Mannes". Ich finde die Benutzung des Wortes "Narren" hier aber angebrachter. Denn Protagonist Utsugi Tokusuke agiert dermaßen naiv und besessen, der Titel des Narren steht ihm viel besser als der des Verrückten.

Tanizakis Roman gehört zum in Japan prominenten Genre des Nikki Bungaku (Tagebuch-Romanen). Hier muss aber noch angemerkt werden, Tanizakis Geschichte basiert komplett auf Fiktion (auch wenn vielleicht leichte autobiografische Elemente nicht abgestritten werden können). Erzählt wird praktisch die Geschichte von der Schönen und dem Biest außerhalb der Märchenwelt. Der Familienpatriarch Utsugi Tokusuke beherbergt eine große Familie. Finanziell hat er vor langer Zeit ausgesorgt und durch seinen Sohn Jokichi ist bereits für eine verlässliches Erbe gesorgt. Mit siebenundsiebzig Jahren möchte Tokusuke eigentlich nur noch seine verbleibende Zeit genießen. Die Gesundheit will dies aber nicht so ganz zulassen. Vor einiger Zeit erlitt er einen leichten Schlaganfall, von dem er sich nun erholt. Sein Spiegelbild erblickt der alte Mann nur noch mit Sarkasmus. Seine Zähne sind ihm unlängst ausgefallen, seine Haut ist verschrumpelt und faltig und man kann nur noch schwerlich sein Gesicht darunter erkennen. Auch die Impotenz machte letztendlich vor ihm nicht halt. Die Lust an schönen Frauen hat Tokusuke aber noch lange nicht verloren. Im Gegenteil. Er ist seiner Schwigertochter Satsuko regelrecht verfallen. Immer tiefer verstrickt sich der alte Mann in erotische Fantasien und frisst seiner gerissenen Schwiegertochter aus der Hand. Doch Tokusuke ist noch nicht so senil, um nicht zu bemerken, wie die Frau ihn benutzt. Doch darin liegt seine Passion, Tokusuke genießt es, benutzt zu werden. In seinem Tagebuch beschreibt er aufrichtig, wie er Satsuko, die Ehefrau seines Sones, verehrt und er sie jederzeit seiner eigenen Familie vorziehen würde.

In (auf den ersten Blick) simplen Tagebucheinträgen vermag es Tanizaki, eine anspruchsvolle Geschichte zu erzählen, die einen nicht selten mit einer hängenden Kinnlade zurücklässt. Immer neue Geständnisse des alten Mannes kommen ans Licht. Bewundernswert dabei ist, wie authentisch Tanizaki die beiden Protagonisten Tokusuke und Satsuko beschreibt (seht zu dieser Authentizität trägt auch Oscar Benls Übersetzung bei, da er typisch japanische Begriffe und Anreden wie Ojiisan und Obaasan komplett unangetastet gelassen hat). Jeder Tagebucheintrag nimmt verstricktere Züge an und der Leser muss sich fragen, ob der alte Mann ein armseliger Lustmolch ist oder man ihm seine seltsamen Neigungen durchgehen lassen soll. Doch schützt das Alter wirklich vor dem Narrentum? Vermutlich nicht. Dabei ist sich Tokusuke bewusst,  ausgenutzt zu werden. Es lässt all dies zu, sein Stolz kommt ihm dabei irgendwann völlig abhanden. Ist eine schöne, geheimnisvolle Frau es wert, sein komplettes Vermächtnis als Mensch aufs Spiel zu setzen? Erneut stellt Junichiro Tanizaki wichtige Fragen und lässt seine Leser mit vielen Fragen zurück.

Gerne wird das Tagebuch eines alten Narren als erotischer Roman beworben. Allerdings darf man sich hier kein Ausmaß vorstellen, wie es bei aktuellen Genrevertretern der Fall ist. Dafür hat Tanizaki zu viel Stil, verpackt seine Worte beinahe dabei in geschmeidige Seite. Jedes Wort ist genau überlegt und durchdacht. Der erotische Aspekt dieses Romans geschieht auf eine wesentlich anspruchsvollere weise. Wer also tatsächlich wilde erotische Abenteuer in den Tagebucheinträgen dieses alten Mannes erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden. Der erotische Aspekt, von dem ich gerade sprach, ist ganz alleine Satsuko die mit ihren eigenen Waffen den Männern ihre Gedanken regelrecht vernebelt.

Zur deutschen Ausgabe:

Erneut hat sich der Manesse Verlag einem japanischen Klassiker angenommen. Seit ihrer hochwertigen Neuauflage zum Prinzen Genji und des großen Haiku und Tanka Sammelbandes Japanische Jahreszeiten freue ich mich auf sämtliche Ankündigungen des Verlages.
In der vollständig durchgesehenen Neuauflage des "Tagebuch eines alten Narren" setzt man wie bei der Geschichte um den Prinzen Genji erneut auf eine Übersetzung des Japanologen Oscar Benl (1914-1986). Wieder einmal wird eine sehr moderne, sprachlich starke Übersetzung präsentiert die den Klassiker flüssig und verständlich lesbar präsentiert. Dazu gibt es zahlreiche Fußnoten zu japanischen Begriffen im Anhang und ein ausführliches Nachwort von Eduard Klopfenstein.

Die Hardcover-Ausgabe ist mit einem Schutzumschlag versehen (sehr passendes, modernes Design). Die eigentliche Seele dieser Ausgabe befindet sich aber unter dem Schutzumschlag. Genau wie die Geschichte des Prinzen Genji, ist das Buch in Leinen gebunden. Somit fügt sich diese Ausgabe bestens zur Sammlung hinzu, sollte man bereits die Neuauflage für den Prinzen Genji besitzen.
Präsentiert wird wieder einmal eine vorbildliche Ausgabe für bibliophile Sammler (ganz besonders für Liebhaber der japanischen Literatur).


(Foto: Aufziehvogel)


Resümee

Das "Tagebuch eines alten Narren" ist eine ungewöhnliche Geschichte über das Altern. Die privaten Geständnisse eines greisen Patriarch einer wohlhabenden japanischen Familie ist ein Roman, wie er typisch japanischer nicht sein kann. Alle Elemente, die die japanische Literatur so besonders macht, bringt Junichiro Tanizaki in den Tagebucheinträgen unter. Teilweise mit Staunen wird der Leser diese Tagebucheinträge verschlingen, auch wenn ich davon abraten kann. Die Tagebucheinträge dieses alten Narren lesen sich am besten, wenn man sie sich für mehrere gemütliche Abende aufhebt. Am besten man genießt sie wie einen teuren Whiskey. Nicht alles auf einmal, sonst ärgert man sich, wie schnell die Flasche leer war.

In einer schönen bibliophilen Ausgabe hat der Manesse Verlag dem japanischen Schriftsteller einen schönen Tribut zu seinem 50. Todestag gezollt. Ein Roman, der in einer gut sortierten Sammlung japanischer Literatur nicht fehlen sollte.

Rezension: Die Suche nach der Erde (Isaac Asimov)






USA 1982

Die Suche nach der Erde
Autor: Isaac Asimov
Originaltitel: Foundation's Edge
Veröffentlichung: 1982 bei Doubleday (USA), Dezember 2014 beim Heyne Verlag (Deutsch)
Übersetzung: Horst Pukallus
Genre: Science-Fiction



>>Und wo ist Gaia selbst? Oder sollen wir Gaia-P sagen, für Planet?<<
>>Für den Planeten genügt ganz einfach >Gaia<. Wir können Gaia noch nicht sehen. Planeten kann man nicht so leicht sehen wie Sterne, und wir sind noch immer rund hundert Mikroparsek von Gaia-S entfernt. Beachten Sie, sie nur als Stern zu sehen, noch nicht als Scheibe, wenn auch als ziemlich heller Stern. Starren Sie ihn nicht so direkt an, Janov, er ist hell genug, um Ihre Netzhaut zu schädigen. Sobald ich meine Beobachtungen erledigt habe, lege ich einen Filter über die Übertragung. Dann dürfen Sie ihn bestaunen, solange Sie Lust haben.<<


Die großen Science-Fiction Propheten wie Asimov, Clarke, Heinlein, Wells und Dick weilen bereits seit vielen Jahren nicht mehr unter den Lebenden. Ihr nahezu gigantisches Werk, welches sie hinterlassen haben, wird jedoch ewig bestehen und ist noch immer aktuell und sehr wahrscheinlich auch bedeutsamer als noch zu Zeiten seiner Veröffentlichung. Beinahe erschreckend muss man zur Kenntnis nehmen, wie weit diese Herren ihrer Zeit voraus waren.

"Die Suche nach der Erde" lässt im deutschen Titel noch nicht erahnen, dass der Roman zu Isaac Asimovs Foundation-Saga gehört, eine der wohl umfangreichsten und komplexesten Science-Fiction Reihen der amerikanischen Literatur. Doch bereits ein Blick auf den Klappentext genügt, zu wissen, wo man diese galaktische Odyssee einordnen muss. Eigentlich geplant als Trilogie, machte sich Asimov Jahre nach der Veröffentlichung der ursprünglichen Trilogie noch einmal an eine Fortsetzung, die viele Jahrhunderte nach den Geschehnissen der ersten Drei Bücher spielt und die Ereignisse der Vorgänger noch weiter vertieft. Die Foundation Saga ist, ohne Zweifel, Asimovs Lebenswerk (obwohl er noch zahlreiche andere, bedeutende Werke verfasst hat). Beinahe 50 Jahre arbeitete der einstige Biochemiker an dieser umfangreichen Reihe. Entstanden sind 7 Bücher. Geschaffen hat Asimov ein komplexes Universum was nicht nur für sich allein steht, sondern teilweise auch noch mit seinem "Roboter" und "Imperium" Universum verschmilzt. Der Einstieg in die Foundation Saga sollte am besten mit der ursprünglichen Trilogie begonnen werden, verloren wird man sich aber auch als Neueinsteiger bei "Die Suche nach der Erde" nicht fühlen. Grund dafür sind geschickte Erklärungen und die vielen Jahrhunderte, die seit den Ereignissen der vorherigen Bücher vergangen sind, so das dieses Abenteuer relativ eigenständig agieren kann.

"Die Suche nach der Erde" spielt 498 Jahre nach den Ereignissen rund um die erste und zweite Foundation und ihren Kampf gegen das Maultier. Die Zeit des genialen Wissenschaftlers Harri Seldon ist unlängst vorbei. Einst sagte er voraus, das große Imperium wird fallen und es wird rund 30.000 Jahre dauern, bis darauf ein neues Imperium entstehen wird. Seldons Masterplan, diese Zeit auf rund 1000 Jahre zu verkürzen ging, trotz vieler Hürden, auf. Die von Seldon gegründete Foundation hat sich derweil etabliert und beherrscht nun die Galaxie. Auch beinahe 500 Jahren nach diesen Ereignissen richtet man sich auf Terminus nach Seldons Masterplan und duldet keine Abweichungen. Während die Bürger Terminus in einer art Utopia leben, wird bei manchen Leuten mittlerweile aber Unmut lauter, ob gewisse Akte der Geschichte nicht verheimlicht oder gar verfälscht wurden. Einer dieser Skeptiker ist der junge, aufstrebende Ratsherr Golan Trevize der kein Blatt vor den Mund nimmt und Seldons Masterplan infrage stellt, und, offen zu Sprache bringt, es würde noch immer eine zweite Foundation geben. Als er dieses Anliegen bei einer Ratsversammlung offen anspricht ordnet Bürgermeisterin Harla Branno unverzüglich eine Verhaftung an. Schockiert über den Wandel der Ereignisse wird Trevize in Gewahrsam genommen. Sein Urteil: Gemeinsam mit dem Historiker Janov Pelorat soll er Beweise für die Existenz einer zweiten Foundation liefern. Und der Verbleib dieser sagenumwobenen zweiten Foundation soll sich auf einem Planeten befinden, der seit vielen Jahrhunderten in Vergessenheit geraten ist: Unsere Erde.

Geschickt verknüpft Asimov in diesem randvoll gefüllten Taschenbuch politische Ereignisse und gleichzeitig ein Abenteuer. Die galaktische Odyssee von Trevize und Pelorat hat teilweise sogar was von einem Roman von Jules Verne. Während der Geschichte werden viele Fragen aufgeworfen, viele davon werden sogar unbeantwortet bleiben und erst in den nächsten Romanen eine Antwort finden. Trotz der verknüpfen Ereignisse der Vorgänger agiert "Die Suche nach der Erde" auch fantastisch als Roman, der ganz für sich allein steht. Trotz der Komplexität bleibt die Geschichte ein Science-Fiction Abenteuer. Asimovs Stil lebt größtenteils von langen Dialogen, die zwischen den Protagonisten stattfinden. Auf ausführliche Beschreibungen der Personen oder Umgebungen verzichtet Asimov aber dennoch nicht. Er hat ein wunderbares Gleichgewicht zwischen all dem geschaffen. Unspektakuläre Längen, die es durchaus an gewissen Abschnitten des Buches gibt, fallen weniger negativ auf weil stets neue Ereignisse wieder frischen Wind in die Geschichte bringen.


Resümee

50 Jahre Science-Fiction bei Heyne. In Asimovs Universum eine nahezu lächerlich unbedeutende Zahl. In unserer Zeitrechnung könnte diese Nummer aber kaum bedeutender sein. Asimov hat es sich verdient, zu den großen Science-Fiction Propheten zu gehören, die der Verlag in sein Programm aufgenommen hat.

"Die Suche nach der Erde" ist beinahe schon eine wehmütige Odyssee wo man gleichzeitig Heimweh nach einem Planet verspürt, auf dem man gerade sein irdisches Dasein fristet. Und dennoch ist er unlängst Vergangenheit in Asimovs Roman. Eine Zukunft, die den Menschen in vielen Jahren vermutlich einmal bevorstehen wird und die Erde nur noch in Geschichtsbüchern (sollte es so etwas noch geben) und Enzyklopädien Erwähnung finden wird. Bis dahin wird aber noch eine lange Zeit vergehen, und vermutlich muss sich kein Leser dieser Rezension Gedanken um so eine Zukunft machen. Einen Vorgeschmack liefert jedoch Isaac Asimov mit diesem großartigen Roman.


Anmerkungen:

Asimovs ursprüngliche Foundation-Trilogie ist ebenfalls beim Heyne Verlag in einem dicken Sammelband (Taschenbuch) erhältlich: Die Foundation Trilogie

Für Science-Fiction Fans einen Blick wert, Heynes Online-Portal rund ums Thema: Die Zukunft

Christopher Nolans Bruder Jonathan will für den amerikanischen Pay-TV Sender HBO eine TV-Serie zu Asimovs Foundation-Saga kreieren. Genauere Infos gibt es jedoch noch nicht.

Dienstag, 14. Juli 2015

Einwurf: Keine Verwendung mehr für alte Helden?



Mein erster Einwurf seit gefühlten Monaten. Ich hatte jedoch auch wenig Redebedarf. Mein letzter Kinobesuch vor einigen Tagen hat das Feuer für meine virtuellen Selbstgespräche aber wieder entfacht.

Terminator Genisys. Der fünfte Ableger in der nicht mehr ganz so glorreichen Saga. Mit Teil 3 und Teil 4 musste das Franchise federn lassen und zog automatisch Camerons grandiose Erstwerke gleichzeitig mit in den Ruin. Ok, vielleicht ist "Ruin" das falsche Wort, aber nach Terminator Salvation habe ich die ersten beiden Filme ein wenig abgewertet. Bei einer Reihe, die so eng miteinander verknüpft ist, reicht meistens schon eine schlechte Fortsetzung, um das Gesamtwerk zu beflecken. Dabei ist handwerklich Terminator Salvation noch der wesentlich bessere Film im Vergleich zu Rise of the Machines, ein Film, der mit ständigen Slapstick-Einlagen beinahe schon seine Vorgänger parodierte statt ihnen Tribut zu zollen. Allerdings funktionierte Salvation nicht als Terminator Film und selbst als generischer Science-Fiction Actionfilm tut sich der Film noch sehr schwer.

Was konnte man da also von Terminator Genisys erwarten? Ein alternder Arnie, PG-13 und mehrere verflucht schlechte Trailer. Habe ich schon das verhunzte Filmposter erwähnt? Meine Reaktion: Traurig, deprimiert.



Die Erwartungen waren jedoch schon so gering, mein Tränenkanal erholte sich relativ schnell von dem schlechten Terminator Genisys Marketing. Niemals stand je zur Auswahl, den Film im Kino zu sehen. Die Vorab-Reviews bekräftigen mich auch in meinem Vorhaben. Doch meine Erwartung, der Film könnte auch in der IMDb ziemlich schnell den den letzten Platz im Franchise belegen, wurde ich, zu meiner Überraschung, eines besseren belehrt. Die Wertung hält sich noch immer bei einer 7,0 (macht Platz 3 bei den Filmen). James Cameron persönlich bezeichnet Genisys als den wahren dritten Teil (bei Camerons Meinung ist jedoch Vorsicht angesagt, da er ein großer Fan von Paul Anderson ist) und viele private Reviewer lobten die neuen Ansätze in der Story und haben sich gar Camerons Worten angeschlossen. Für mich war die Verlockung letztendlich zu groß und ich entschied mich dennoch für einen Kinobesuch. Da dieser Einwurf hier aber kein Review ist, werde ich nur geringfügig auf Genisys eingehen. Ich muss gestehen, der Kinobesuch hat sich gelohnt, die Altersfreigabe hat dem Film überraschenderweise nicht geschadet (auch wenn mit einem R-Rating natürlich wesentlich mehr möglich gewesen wäre) und Genisys ist trotz kleinerer Schwächen tatsächlich die beste Fortsetzung, die das Franchise seit Terminator 2 hervorgebracht hat (die Serie vorerst nicht mitgezählt). Der Film präsentiert ein interessantes Konzept, welches die in Verruf geratene Saga ein wenig aus einem Sumpf mäßiger bis schlechter Sequels gezogen hat. So viel zu meinem kurzen Fazit.

Durch die Altersfreigabe, dem schlechten Marketing und auch Schwarzeneggers Reputation in den USA stand der Erfolg von Terminator Genisys bereits vor dem Kinostart in einem weniger guten Licht. Der Name "Schwarzenegger" trägt keinen Film mehr im Alleingang durch das amerikanische Box Office. The Last Stand, Escape Plan und auch Sabotage haben dies bewiesen. Jeder dieser Filme erhielt von der amerikanischen MPAA das R-Rating, allesamt floppten sie an den amerikanischen Kinokassen. Escape Plan hingegen spielte beinahe aber noch das Dreifache seiner Produktionskosten wieder ein weil der Film in Europa und Asien sehr gut ankam. Genisys ist also zusammen mit Expendables 3 Schwarzeneggers zweiter "After Governor" Film, der mit einem familienfreundlichem PG-13 Rating versehen wurde. Altersfreigaben scheinen bei neuen Schwarzenegger-Filmen sowieso keine Rolle zu spielen, denn kein neuer Film mit seiner Beteiligung war in den USA erfolgreich. So waren die miserablen Vorab-Reviews und das desaströse Debüt beim Box Office zu Genisys (gerade mal etwas um die 30 Millionen zur Premiere, was in den USA nur für einen enttäuschenden dritten Platz reichte) eigentlich sogar wenig überraschend. Allerdings machte es auch den Anschein, als habe der Film eine regelrechte Hetzkampagne mit sich gebracht.

Mittlerweile trudeln allmählich auch die Einspielergebnisse außerhalb der USA ein. Seine Produktionskosten hat Genisys unlängst wieder eingespielt und auch die doppelte Menge wird der Film locker einspielen. Die angepeilten 400 Millionen die Paramount im Sinn hatte, könnten sich jedoch als schwierig erweisen. Bei der katastrophalen Marketingkampagne und dem an sich schweren Stand, den das Terminator-Franchise innehat, wäre eine solche Summe sogar rekordverdächtig.

Die überraschenden Sympathien, die ich für Terminator Genisys hege, darf man natürlich aber nun auch nicht als Maßstab werten. Wie immer ist es eine subjektive Meinung. Aber wenn man schon viele Filme in seinem Leben gesehen hat, erkennt man einen guten Film und einen sehr schlechten Film. Genisys gehört sicherlich nicht zur letzten Kategorie. Dabei ist es aber eigentlich überflüssig, anzumerken, an eine (immer noch bestehende) Genialität von The Terminator oder Terminator 2: Judgement Day reicht Genisys nicht heran, alleine der Vergleich verbietet sich. Trotz allem bietet Genisys etwas, was man bei den vorherigen Fortsetzungen grundsätzlich vermisst hat: Atmosphäre. Und diese kommt besonders zur Geltung, wenn man sich vorher noch einmal die ersten beiden Teile angesehen hat.


"Alt, aber nicht überflüssig"

Doch komme ich zum Ausgangspunkt meines Einwurfs zurück. Ein ergrauter Terminator gibt von sich, er sei Alt, aber nicht überflüssig. Und dem muss ich zustimmen. Aber woher rührt nun die Abneigung gegen Genisys? Hier sind einfach mehrere Faktoren zusammengeflossen. Zum einen besteht natürlich wirklich die Möglichkeit, den Film nicht zu mögen (völlig unabhängig des Shitstorms). Größtenteils dürfte es aber auch Schwarzeneggers Ansehen in den USA sein. Schwarzeneggers acht jährige Amtszeit als republikanischer Gouverneur von Kalifornien war eine lange Zeit, die ganz besonders bei vielen Amerikanern nicht spurlos vorbei ging. Viele sind nicht nur ihrem "Governator" überdrüssig geworden, sie sind auch dem Terminator-Franchise überdrüssig geworden. Genisys war die Fortsetzung, nach der niemand verlangt hat, nicht nach Terminator 3 und Terminator 4. Hinzukommt die völlig falsche Herangehensweise seitens Paramount. Nach dem kommerziell wenig beeindruckendem Erfolg von Terminator Salvation oder auch ganz aktuellen Beispielen wie The Expendables 3 hätte man wissen müssen, PG-13 ist die falsche Zielgruppe für einen Terminator Film. Prinzipiell hat der Film die Freigabe gut genutzt. Der Ruf dieser Freigabe ist aber viel mehr in Verruf geraten. Die eigentlich angepeilte Zielgruppe wird jedoch unlängst von Marvel (Disney) dominiert und schaut sich viel lieber maskierte Superhelden an. Aber auch die eigentliche Zielgruppe scheint dem Franchise längst fortgelaufen zu sein. Paramount hat den schweren Stand, den das Franchise innehat, nur noch einmal unnötig erschwert. Und dennoch sollte Paramount zumindest versuchen, es mit Genisys erneut auf dem Heimkino-Markt zu probieren um vielleicht doch noch die Zielgruppe zu erreichen, die dieser Film auch tatsächlich interessiert.

Doch was passiert nun mit Arnold Schwarzenegger? Filme drehen müsste er eigentlich nicht mehr, finanziell hat er es zumindest nicht nötig. Qualitativ gesehen haben mir aber Schwarzeneggers neue Filme relativ gut gefallen. The Last Stand war ein guter Actioner. Escape Plan, gemeinsam mit Sylvester Stallone, sogar eine äußerst erfreuliche Abwechslung. Ledlich Sabotage wird wohl Schwarzeneggers persönlicher Rohrkrepierer seit seines Comebacks bleiben (obgleich der Film noch immer ansehnlich ist und vermutlich einzigartig von der Machart in Schwarzeneggers Karriere).
Der alte Actionheld hat dennoch bewiesen, überflüssig ist er noch lange nicht. Ob er aber noch einmal einen großen Hit am amerikanischen Box Office landen wird dürfte ebenfalls so sicher sein wie ein sauberes Herrenklo auf der Kirmes. Es sei denn, Schwarzenegger geht einen unwiderstehlichen Deal mit Marvel ein.

Gehabt euch wohl!




Memo an mich: Du solltest vorsichtiger sein Aufziehvogel. Bei den aktuellen Entwicklungen die Spider-Man durchlebt könnte Schwarzenegger am Ende noch die Rolle des Onkel Ben erhalten.

Montag, 13. Juli 2015

Sarabada, alter Freund: Satoru Iwata (1959-2015)



Die Überschrift dieses Beitrages gleicht eigentlich schon einer Ironie. Wie kann man jemand einen alten Freund nennen, ohne dass beide Personen sich je getroffen haben und letztere nicht einmal von der Existenz des Mannes wusste, der diesen Beitrag gerade verfasst? Es klingt an den Haaren herbeigezogen und dennoch ist es wahr: Satoru Iwata begleitet mich auf meinen Wegen bereits seit vielen Jahren. Fürs erste trennen sich unsere Wege jedoch, denn Nintendos charismatischer Präsident erlag am 11. Juli 2015 seinem kurzen Krebsleiden im Alter von nur 55 Jahren.

Leser dieses Blogs werden natürlich wissen, ich berichte eigentlich ausschließlich über Literatur und Filme. Und nicht selten habe ich bereits Kondolenz-Beiträge verfasst. Jeder einzelne dieser Beiträge bewegte mich emotional sehr, weil ich mit allen verstorbenen Abschnitte in meinem Leben verband. Doch noch nie fiel es mir so schwer, erneut so einen Beitrag zu verfassen. Und ihn nicht hier zu veröffentlichen hätte ich nicht nur bereut, es wäre auch ganz einfach nicht richtig gewesen.

In meinem Leben hielt ich eher einen Controller in meinen Händen, bevor ich lernte, korrekt mit Messer und Gabel zu essen. Der erste Controller, den ich vor über 25 Jahren in meinen Händen hielt war ein NES Controller. Die Liebe zu diesem Spielgerät ist auch bis heute nicht erloschen.

Meine Verbundenheit zu Nintendo ist damit unbestritten und umso mehr bestürzt mich das überraschende Ableben Satoru Iwatas, dem erst vierten Präsidenten von Nintendo. Iwata gehörte vor seiner Tätigkeit als Präsident bereits bei der Firma HAL zu den großen Programmierern und Codern, der noch viele weitere Entwickler in der Videospielbranche inspirieren sollte. Iwata war für Spiele wie Balloon Fight, Mother (EarthBound) oder auch Kirby verantwortlich. Im Jahre 2002 übernahm Satoru Iwata das Amt des scheidenden Nintendo Präsidenten Hiroshi Yamauchi (2013 im Alter von 85 Jahren verstorben). Binnen weniger Jahre führte Iwata Nintendo zurück zu alten Erfolgen und läutete mit dem Nintendo DS, der Wii und dem 3DS eine neue Ära bei Nintendo ein. Satoru Iwata hob sich mit seiner lockeren und sympathischen art von anderen Männern in seiner Position ab.

Bereits 2014 verschwand Iwata für eine längere Zeit von der Bildfläche. Entdeckt wurde ein Tumor in der nähe der Galle. 2015 meldete er sich zurück und zu sehen gab es bei seinen ersten öffentlichen Auftritten nach dem Eingriff ein stark abgemagertes Oberhaupt zu sehen. Während sich viele Leute sorgen um seinen Gesundheitszustand machten, versicherte Iwata jedoch, er sei auf dem Weg der Genesung und verband den Gewichtsverlust mit seinem langen Krankenhausaufenthalt. Vermutlich wusste er selbst, das sein Zustand wesentlich ernster zu betrachten ist, denn innerhalb weniger Monate/Jahre neigt dieser Tumor dazu, zurückzukehren, dann jedoch aggressiver und letztendlich verheerender.

Bis zuletzt arbeitete Iwata hart an Nintendos aktueller Krise rund um die Wii U und der Zukunft der Firma. Die Figuren, die Iwata erschuf (die Idee zu Super Smash. Bros stammt unter anderem von ihm), besitzen unendlich viele Leben. Er selbst war, wie jeder andere Mensch auch, an die Erde gebunden.

Satoru Iwatas Erbe (welches noch nicht ermittelt wurde) wird eine große Lücke füllen müssen. Doch bei Nintendo wird dies erst einmal zweitrangig sein, denn im Hauptquartier in Kyoto stehen die Fahnen auf Halbmast. Mein tiefstes Mitgefühl geht an Nintendo und Satoru Iwatas Angehörige.


Sarabada, Iwata-San

Freitag, 3. Juli 2015

[Retrospektive] Hellraiser: 1986 - 2015

(Zum Start der deutschen Ausgabe von "The Scarlet Gospels (dt. Das Scharlachrote Evangelium)": Eine Zeitreise durch das Hellraiser Universum)


Es ist beinahe 15 Jahre her, als ich zum ersten mal Hellraiser im Free-TV sah. Selbstverständlich in einer gekürzten Fassung, dies wäre durch die damalige Indizierung des Filmes auch gar nicht anders möglich gewesen. Gleich mal eine interessante Trivia meinerseits: Ich habe bis heute nie die ungekürzte Fassung des Filmes gesehen, trotz der (mittlerweile) Listenstreichung vom Index. Aber ich spüre, dieses Erlebnis schon bald nachholen zu können.

Fasziniert wie ein junger Filmfan nur sein konnte, befand sich im Freundeskreis noch ein weiterer Bewunderer (seinerzeit schon über 18 und damit war das Portal der nicht jugendfreien Filme geöffnet) der Reihe. Somit war für Nachschub gesorgt.

Doch womit begann alles? Diese bizarren Horrorfilme rund um die Puzzlebox eines französischen Spielzeugmachers. Viele dürften es mittlerweile mitbekommen haben, der damals junge britische Künstler (er  istja viel mehr als ein Schriftsteller) Clive Barker zeichnete sich für diesen Horror verantwortlich. Der Film wurde jedoch adaptiert und ist, grob genommen, kein originales Werk. Allerdings darf man dies hier nicht zu eng sehen. Wer jedoch nach einem Buch namens "Hellraiser" sucht wird nicht fündig werden. Der Film basiert auf Barkers Novelle "The Hellbound Heart". Und genau damit beginnt diese kleine Retrospektive, die sich samt mit den Höhepunkten, dem Tiefpunkt und dem Neubeginn des Franchise befassen wird.

Hinweis: Comics oder Kurzfilme finden in dieser Retrospektive keine Erwähnung.
Die kurzen Kommentare zur Qualität der hier aufgezählten Werke sind rein subjektiv und spiegeln ausschließlich meine eigene Meinung wider.



1986: The Hellbound Heart (Novelle, Autor: Clive Barker)



Veröffentlicht in der dritten Ausgabe von Dark Harvest's Night Visions (u.a. herausgegeben von George R.R. Martin), wurde Clive Barkers Horror-Novelle abgedruckt. Im Fokus der Haupthandlung stand der Hedonist Frank Cotton der in Düsseldorf in den Besitz eines seltsamen Zauberwürfels gelangt ist. Was der skrupellose Frank noch nicht ahnt: Statt neuen und aufregenden sexuellen Erfahrungen setzt dieser Würfel wahrlich die Dämonen der Hölle frei. Der erste Auftritt der Zenobiten ist bereits in der kurzen Novelle ein Highlight und Barkers Inspiration für einen großen Kinofilm: Hellraiser.



1987: Hellraiser ( Story und Regie: Clive Barker)



Nicht ganz 1 Jahr nach der Veröffentlichung von "The Hellbound Heart" drehte Clive Barker die Verfilmung zu seiner eigenen Novelle. Mit einem Budget von rund 1 Million Dollar ein anständiges Budget für eine britische Produktion und einen damals noch immer unbekannten Regisseur. Was Barker jedoch kreierte war eine Revolution des Horrorgenre. Die 70er boomten von Exploitation-Horrorfilmen, nutzen sich aber auch in den Jahren nach ihrer Blütezeit ziemlich ab. Wes Craven machte es 1984 mit "A Nightmare on Elm Street" bereits vor in dem er dem etwas in die Jahre gekommenem Genre neue Frische verlieh. Cliver Barkers "Hellraiser" setzte noch einmal eine ganzen Portion Wahnsinn drauf. Während Freddy Krüger immer einen lockeren Spruch parat hatte, war Clive Barkers Pinhead und seine Horde an Zenobiten das komplette Gegenteil zu Wes Cravens Schöpfung. Barkers Story wandelt zwischen Horror und sehr düsterem Fantasy. Überzeugende Darsteller, ein gutes Script und bis heute exzellente und bizarre, handgemachte Effekte haben "Hellraiser" zu einem Klassiker des Horrorgenre gemacht. Ein Remake des Filmes wurde von Barker vor Jahren bereits angedeutet.


1988: Hellbound: Hellraiser II (Story: Clive Barker, Regie: Tony Randel)



Für viele Fans die vermutlich beste der insgesamt 8 Fortsetzungen. "Hellbound" setzt die Geschichte des ersten Teiles fort und etabliert die gruseligen Zenobiten. Natürlich ist der Zuschauer mittlerweile mit dem Stil des Vorgängers vertraut und somit bleibt ein "Aha-Effekt" aus, als Fortsetzung zu einem erfolgreichen Horrorfilm macht "Hellraiser II" aber einfach alles richtig. Besonders bei den handgemachten, teils sehr ekligen Effekten konnte man noch einmal mehr überzeugen als im Vorgänger. Im wahrsten Sinne der Worte ist die Hölle in "Hellraiser II" los. Der Film stellt vor allem dank enger Mitarbeit Barkers eine der wenigen gelungenen Ausnahmen dar, was Fortsetzungen in diesem Genre angeht. Ich selbst habe im vergangenem Jahr "Hellraiser II" auf Platz 5 der schönsten Filme zum Weltuntergang gewählt.


1992: Hellraiser III: Hell on Earth (Story: Peter Adkins, Tony Randel, Regie: Anthony Hickox)



Hellraiser verschwand für einige Jahre von der Kinoleinwand. 1992 kehrte Doug Bradley in seiner ikonischen Rolle als Pinhead jedoch zurück. Clive Barker zog sich endgültig aktiv als Regisseur bzw. Autor für das Franchise zurück. Als Executive Producer gab er Ideen aber grünes Licht und hatte auch insgesamt noch einen guten Überblick darüber, wie es mit dem Projekt voran anging. Barkers ursprüngliche Idee war es, einen größeren Fokus auf Pinhead zu legen. Dies sollte auch so geschehen, Adkins und Randel entschieden sich aber für eine andere Varianteder Story. Dennoch blieb Pinhead bzw. der Mensch, der er einmal war, das große Thema des Filmes. Der Fokus des Filmes ist klar auf Unterhaltung gelegt und er lässt ein wenig die alptraumhaften Szenarien der Vorgänger vermissen. "Hellraiser III" ist aber noch immer ein grundsolider Horrorfilm mit einigen netten Splattereinlagen. Als Abschluss für eine Trilogie wäre "Hellraiser III" jedoch eher ungeeignet gewesen.


1996: Hellraiser IV: Bloodline (Story: Peter Atkins, Regie: Kevin Yagher, Joe Chappelle)



In vielerlei Hinsicht ist "Hellraiser IV: Bloodline" ein Schlüsselfilm des gesamten Franchise. "Bloodline" sollte der letzte Film der Chronologie werden und gleichzeitig Clive Barkers Abschied aus der Produktion der Filme. Da jedoch kein weiterer Film erscheinen sollte, wäre dies auch nicht weiter problematisch gewesen. Allerdings sollte es anders kommen. Denn "Bloodline" war, unschwer zu erkennen, nicht der finale Part des Franchise. Gleichzeitig war "Bloodline" jedoch der letzte Hellraiser Film, der eine Kinoleinwand schmückte.
Das Konzept des Filmes war lange vorher geplant. Die Saga rund um Pinhead sollte mit einem vierten Teil enden. Gleichzeitig sollte "Hellraiser IV" sowohl als Prequel und Sequel fungieren und auch die Hintergründe um Philip LeMarchand lüften, dem Erbauer der dämonischen Puzzlebox. Auf dem Papier sah das ganz gut aus, jedoch sollte bei der Produktion einiges anders laufen. Während der Film gedreht wurde, wurde das Script geändert. Kritisiert wurde Pinheads geringe Screentime und die Angst davor, Zuschauer zu verlieren wenn die ikonische Filmfigur nicht omnipräsent wäre. Regisseur Kevin Yagher hatte relativ schnell genug von Dimensions Zickereien und verließ das Set und damit den Posten als Regisseur. Übernommen hatte Joe Chappelle, der aber ebenfalls mit den Änderungen so unzufrieden war, und, genau wie Yager, im Abspann nicht namentlich genannt werden wollte. Es verlief dann alles genau so, wie es die Produzenten bei Dimension/Miramax haben wollten. Keine gute Basis, einen Film zu drehen und ihre Entscheidungen sollten immer etwas weiter zum Tiefpunkt des gesamten Franchise führen. Insgesamt war "Hellraiser IV" aber, obwohl bei den Fans nicht sonderlich beliebt, eine wesentlich reifere (von den unplatzierten Science-Fiction Szenen mal abgesehen) und bessere Fortsetzung als "Hellraiser III". Kaum auszudenken, wie gut der Film geworden wäre, hätten die Regisseure das ursprüngliche Drehbuch nach ihrem Willen verfilmen dürfen.


2000: Hellraiser V: Inferno (Story: Paul Harris Boardman, Scott Derrickson, Regie: Scott Derrickson)


Die Gebrüder Weinstein sahen den Fokus des Hellraiser Franchise nicht mehr auf der großen Leinwand, sondern in den Videotheken. Das Budget wurde runtergeschraubt, es wurden bereits vorgefertigte Stories eingekauft die nichts mit dem Hellraiser Universum zu tun hatten (die Hellraiser Figuren wurden dann während des Drehbuchs nachträglich eingefügt) und schon war der Grundstein für insgesamt 5 Videoproduktionen gelegt. Hellraiser Inferno ist eine davon. Und dennoch gehört Inferno mit zu den besten Fortsetzungen des Franchise. Längst nicht mehr so bizarr und abgedreht wie die Vorgänger, dafür legte der Film aber wert auf Spannung und einigen sehr surrealen Effekten. Die Geschichte um den korrupten Cop Thorne war ein kompletter Neuanfang außerhalb der Pinhead-Saga, auch wenn dieser noch seinen Auftritt im Film haben sollte. Fortan sollten die Zenobiten aber eine etwas passivere Rolle einnehmen.


2002: Hellraiser VI: Hellseeker (Story: Michael Leahy, Rob Schmidt, Regie: Rick Bota)



Bei den professionellen Kritiken kam "Hellseeker" nicht gut an. Unter den Fans rankt sich Hellseeker aber heimlich unter den Favoriten der vielen Fortsetzungen. Und diesen Ruf hält der Film gar nicht mal zu unrecht inne. "Hellraiser VI" (wenn auch offiziell mittlerweile ohne Nummerierungen) schaltet genau wie Inferno ein paar Gänge zurück und setzt eher auf psychologischen Horror. Eine Besonderheit an dem Film: Ashley Laurence, Protagonistin aus den ersten beiden Teilen nimmt ihre Rolle als Kirsty Cotton wieder auf (mittlerweile verheiratet). Auch in "Hellraiser VI" nehmen die Zenobiten wieder eine wesentlich passivere Rolle ein. Doug Bradley überzeugt erneut in seiner Rolle als Pinhead, der hier mehr die Rolle des Beobachters spielt. Ebenfalls noch erwähnenswert: Während Clive Barker zwar mit "Bloodline" seinen Abschied verkündete, war er aber bei "Hellraiser VI" aber wieder minimal involviert. Hellseeker sollte jedoch der endgültige Ausstieg von Barker sein. Und was danach folgte, ist wahrlich ein Ritt in die tiefsten Höllen.


2005: Hellraiser VII: Deader (Story: Neil Marshall Stevens, Tim Day, Regie: Rick Bota)



Rick Bota durfte erneut als Regisseur ran. Viel vom wirklich gelungenen sechsten Teil ist aber nicht übrig geblieben. Allmählich machte sich ein schaler Beigeschmack breit und "Hellraiser VII: Deader" wurde praktisch nur noch vom bekannten Namen des Franchise und Doug Bradly getragen, der einmal mehr als Pinhead auftrat und den Zuschauer ein wenig entschädigen konnte. Die Idee hinter "Deader", hinter dem Titel sich ein bizarrer Ritualmord-Kult verbirgt, hatte Potential. Die Aufmachung des Filmes wirkt jedoch billig (was auch daran liegen dürfte, dass das Osteuropa Setting wie immer dafür sorgte), die Schauspieler waren nie austauschbarer und das gesamte Konzept wollte nicht so richtig aufgehen. Es gibt tatsächlich weitaus schlechtere Fortsetzungen im Horrorgenre, die Abnutzungserscheinungen bei "Hellraiser VII" sind aber unschwer zu erkennen.


2005: Hellraiser VIII: Hellworld (Story, Carl V. Dupré, Regie: Rick Bota)


Rick Bota zum dritten. Das interessante an Botas Filmen ist, kontinuierlich haben sie an Qualität verloren. Bislang vermisste man aber trotz der vielen Fortsetzungen aber noch den ersten richtigen Rohrkrepierer. Zu finden ist dieser in Hellworld, dem zweiten Hellraiser Film der im Jahr 2005 veröffentlicht wurde. Zwar versucht einem das grauenhaft schlechte Cover hier einen futuristischen Hellraiser zu verkaufen, dem ist aber nicht so. Ganz im Gegenteil. Auch wenn die Quelle des Übels diesmal ein Online-Spiel ist, gab es keinen Cyberpunk Overkill. Stattdessen ist das Nokia 3310 in diesem Film anscheinend der Höhepunkt der mobilen Kommunikation. Trotz namhafter Besetzung bleibt "Hellworld" ein schlechter Film. Ein schlechter Hellraiser und ein schlechter Horrorfilm. Da können weder Lance Henriksen noch Doug Bradley etwas ausrichten (sehr kurios: Henriksen sollte ursprünglich Frank Cotton im ersten Hellraiser spielen, der jedoch damals für eine andere Rolle absagte). Erneut merkt man, die Hellraiser-Mythologie wurde ohne Sinn und Verstand wahllos in eine bereits längst vorgefertigte Geschichte gepresst. Das Gesamtergebnis geht nicht auf. Die Darsteller nerven, die Dialoge sind banal und auch die Auflösung ist vorhersehbar. Was halbwegs positiv zurückbleibt sind die teils gelungenen Effekte, von denen es jedoch viel zu wenige gibt.


2011: Hellraiser IX: Revelations (Story: Gary J. Tunnicliffe, Regie: Victor Garcia)



Nach dem Flop um "Hellword" wurde es ruhig um Hellraiser. Und es scheint, als hätte Rechteinhaber Dimension die Reihe vergessen, denn die Verträge für das Franchise liefen aus. Ein Schnellschuss musste her und unter dem Label "Dimension Extreme" wurde dieses Machwerk kreiert, welches die Zenobiten persönlich angefertigt haben mussten, um die irdischen Bewohner der Erde zu geißeln.
"Hellraiser IX: Revelations" ist ein heimtückischer Film, denn man könnte auf den Gedanken kommen, hier handle es sich um das lang ersehnte Remake. Denn ungefähr so wurde der Film damals promotet. Die Wahrheit sieht aber wesentlich düsterer aus. Der Film musste innerhalb weniger Wochen produziert werden, bevor Dimension (die Weinsteins) die Lizenz am Franchise verlieren würden. Pinhead Darsteller Doug Bradly war nicht nur über die Eile verwundert, sondern auch über das zusammengeschusterte Script. Es kam also, wie es irgendwann kommen musste: Doug Bradly würde nicht erneut als Pinhead zu sehen sein. Das Script war allerdings schon fertig geschrieben und Pinhead spielte wieder einmal eine eher passive, aber nicht unbedingt kleine Rolle. Man brauchte einen neuen Schauspieler und hätte keine unpassendere Wahl als den wenig charismatischen Stephan Smith Collins finden können. Mit nur 75 Minuten ist "Revelations" auch gleichzeitige der kürzeste Film der gesamten Reihe. Der Low-Budget Charakter ist dem Film stets anzusehen und vom Stil her erinnert Revelations sogar an Werke von Olaf Ittenbach. Aber das wäre sogar noch eine Beleidigung Ittenbach gegenüber. Die grauenhaften Darsteller runden diese furchtbare schlechte Videoproduktion letztendlich ab. Clive Barker bestritt unter Worten, die ich hier nicht wiedergeben möchte, über seinen offiziellen Twitter-Account jegliche Mitarbeit an diesen Hellraiser Ableger. Falls es überhaupt etwas positives an dieser Gurke hervorzuheben gibt so ist es der Fakt, es ist der erste Hellraiser Film seit "Bloodline" der auf einem eigens für den Film verfassten Script basiert (was sich jedoch als Boomerang erwiesen hat) und einige erwähnenswerte Effekte im Finale. Nichts jedoch bewahrte diesen Schund vor seinem absoluten Untergang. "Hellraiser IX" ist wohl am besten damit bedient, von allen Beteiligten totgeschwiegen zu werden.


2015: The Scarlet Gospels (Roman, Autor: Clive Barker)

(Cover von links nach rechts: US, UK, DE)


Meine Retrospektive zu Hellraiser begann mit einer Novelle und enden tut sie mit einem Roman. Es begann mit Clive Barker und aktuell endet es auch mit ihm. Bereits in den 90ern von Clive Barker angekündigt, mussten Fans viele Jahre auf diesen Roman warten. "The Scarlet Gospels" ist dabei aber keine direkte Fortsetzung zu "The Hellbound Heart". Das Werk ist etwas anders gestaltet. Es ist viel mehr eine Neuinterpretation der Mythologie. Und so begegnen sich in diesem Buch zwei der bekanntesten Figuren aus Clive Barkers Feder: Pinhead aus Hellraiser (im Buch benannt als der Höllen Priester) und Okkult-Detektiv Harry D'Amour, der durch Barkers Blutbücher bekannt wurde. Und obwohl hier zwei Welten miteinander verschmelzen, so ist es dennoch zu 100% Barkers Rückkehr in die dämonische Welt der Zenobiten. Es war Zeit für einen Neuanfang. Auch wenn "The Scarlet Gospels" vermutlich über die Jahre häufig von Barker umgeändert wurde (das Original-Manuskript besaß vor einigen Jahren noch rund 2000 Seiten). Ob "The Scarlet Gospels" wie damals "The Hellbound Heart" auch als Basis für einen neuen Hellraiser Film dienen wird, bleibt weiterhin ungewiss. Alleine aber die Existenz dieses Romans dürfte Fans von Barkers Werk aber ungemein beschwichtigt haben, die besonders durch die letzten beiden Filme eigentlich schon den Glauben verloren haben dürften, der Altmeister könne jemals wieder einen Roman in seinem wohl bekanntestem Universum verfassen.

In den USA erschien "The Scarlet Gospels" bereits im Mai dieses Jahres. Seit dem 25. Juni ist die deutsche Ausgabe unter dem Titel "Das Scharlachrote Evangelium" (eine wortgetreue deutsche Übersetzung des englischen Titels) beim Festa Verlag erhältlich, bei dem Barkers Werke endlich mal die gebürtigen Wertschätzungen im deutschsprachigem Raum erhalten, die sie verdient haben.