Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Samstag, 21. Juni 2025

Review: 28 Years Later

 




Dieses Review enthält moderate Spoiler zum hier besprochenen Film sowie dessen Vorgängern


28 Years Later

Regie: Danny Boyle
Drehbuch: Alex Garland
Darsteller: Aaron Taylor-Johnson, Jodie Comer, Ralph Fiennes, Alfie Williams
Genre: Horror, Drama
Laufzeit: Circa 115 Minuten
Musik: Young Fathers
FSK: Ab 18



"Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst"


Die bekannte lateinische Phrase Memento Mori spielt neben Themen wie Elternschaft eine zentrale Rolle in 28 Years Later, der erste neue Film aus dem britischen Zombie-Franchise seit sage und schreibe 18 Jahren und insgesamt 23 Jahre nach dem Erstling. In dieser für uns Menschen recht langen Zeitspanne haben wir neben neuen Kriegen und Verwüstung dann auch leider schon eine echte Pandemie miterlebt und kämpfen gefühlt noch immer mit einigen Nachwirkungen. 28 Years Later, erstmals wieder unter der Regie von Danny Boyle und geschrieben von Alex Garland (28 Days Later, Ex Machina, Annihilation) setzt da an ganz anderen Stellschrauben an. Wie lebt es sich in einer Welt, in der immer noch ein tödliches Virus grassiert? Wie adaptiert man sich in dieser Welt? Eine vermeintliche Antwort in dieser Filmreihe gibt es dort nun nach 28 Jahren.

Bereits im Vorfeld hat der Debüt-Trailer vor einigen Monaten für reichlich Diskussionen und zahlreiche Spekulationen gesorgt. In einem beklemmenden Trailer, der von einem Gedicht des britischen Autors Rudyard Kipling begleitet wird (hier vorgetragen vom amerikanischen Theaterschauspieler Taylor Holmes 1878-1959), wurden Fan-Theorien angeheizt, wie der Film die Reihe nun fortsetzen würde. Und nein, besagter Zombie im Trailer war letztendlich nicht Jim aus 28 Days Later. Die Ähnlichkeit wird wohl dennoch nicht rein zufällig gewählt worden sein. Dies ist noch einmal weniger verwundernd, da auch Jim-Darsteller Cillian Murphy (immerhin die Rolle, die in weltweit bekannt machte damals) mit an der Produktion von 28 Years Later beteiligt war. Auch auf die Frage, ob es einen finsteren Kult gibt, der die Toten verehrt, wird es eine Antwort geben, die vielleicht ein wenig ernüchternder ist als das, was man sich nach dem Trailer vorgestellt hat. In Wahrheit hat der Trailer wirklich sehr wenig von dem Film preisgegeben. Mit 28 Years Later ist hingegen ein größtenteils außergewöhnlicher Exkurs in eine fremde, neue Welt entstanden. Ein Film, der das macht, worauf er Lust hat und die Zuschauer mitnimmt auf diese beklemmende, bedrückende, zeitgleich aber auch wunderschöne Reise in eine postapokalyptische Welt.

Gleichzeitig wird aber auch eine Frage beantwortet, die den Vorgänger 28 Weeks Later betrifft. Endete der Film damit, dass das Wut-Virus sich bis nach Frankreich ausgebreitet hat. Diesen Punkt haben Boyle und Garland gemeinsam gestrichen und widerrufen. Weder Boyle noch Garland waren mit Ausnahme kleinerer Feinheiten an 28 Weeks Later beteiligt und hatten somit keine kreativen Freiheiten. Boyle, der als Regisseur unpässlich war da er an Sunshine beschäftigt war, wählte persönlich den spanischen Regisseur Juan Carlos Fresnadillo aus während Garland einige Instruktionen für den Verlauf der Story gab. Boyle äußerte sich zuletzt, der Charme der Reihe würde darin liegen, dass die Geschehnisse komplett im Raum Vereinigtes Königreich spielen würden und was die beiden Vorgänger eindrucksvoll bewiesen hätten. Weder Boyle noch Garland sahen einen Reiz darin, die Story auf andere Teile der Welt auszuweiten und dafür bin ich sehr dankbar, denn ich gehörte bereits damals zu denen, die den Paris-Twist am Ende des zweiten Films nicht wirklich begrüßt hatten. Etwaige Anschlussprobleme hat 28 Years Later dadurch keine, da es für den Film kaum eine Rolle spielt, inwieweit das Virus noch irgendwo anders auf der Welt wütet und wie man es international bekämpft, ob an einem Heilmittel gearbeitet wird (ein weiteres Details aus dem Vorgänger, welches gestrichen wurde, eine natürliche Immunität gegen das Virus) und wieso das Vereinigte Königreich nicht einfach zu einem kompletten Sperrgebiet wird. Man hält sich hier bewusst bedeckt, serviert keine wissenschaftlichen Analysen und verschwendet somit auch keine wertvolle Spielzeit.

Stattdessen geht 28 Years Later wieder zurück zu den Wurzeln der Reihe. War der zweite Teil deutlich actionorientierter, das Ausmaß der Katastrophe bereits globaler geprägt, kehrt 28 Years Later zurück zu den kleineren Einzelschicksalen. In diesem Film dargestellt durch eine kleine Kommune auf einer schottischen Insel, die ihre völlig eigene Parallelgesellschaft gegründet hat. Im Fokus steht hier die Familie rund um Jamie (Aaron Taylor-Johnson), seiner Frau Isla (Jodie Comer) sowie ihr zwölfjähriger Sohn Spike (Alfie Williams). Das derzeitige Familienverhältnis ist angespannt. Isla, geistig völlig verwirrt und anscheinend schwer krank, hat sie nur noch selten klare Momente und ist bettlägerig. Somit dreht sich vorerst ein großer Teil der Geschichte um Jamie und Spike, der seinen Sohn nun das erste mal zum Festland mitnehmen möchte, eine Art Ritual, die Jungs im Teenageralter in dieser Kommune leisten müssen, um später als erwachsene für die Beschaffung von u.a. Rohstoffen zu sorgen. Gemeinsam mit Jamie macht sich Spike, jünger als andere Kinder, die diesen Schritt gehen müssen, auf zum gefährlichen Festland.

Genau schon so wie beim Erstling ist der Plot per se überschaubar komplex und wirkt wenig anspruchsvoll. Viel wichtiger und interessanter sind einmal mehr die zwischenmenschlichen Interaktionen der Charaktere untereinander. Insbesondere das Verhältnis zwischen Spike und seinem Vater und später zu seiner Mutter, zu der er einen deutlich größeren Draht zu haben scheint. Wer hier eine exakte "The Last of Us" Kopie erwartet, wird schnell eines besseren belehrt werden. 28 Days Later ist kein Island-Hopping-Abenteuer zwischen Vater und Sohn, es mündet stattdessen in eine deutlich andere Richtung. Hier möchte ich dann auch einfach nicht zu viel vorwegnehmen. Ist das Schauspiel von Johnson wie auch Comer auf einem enorm hohen Niveau, so darf man sich im späteren Verlauf noch auf eine herausragende Darbietung von Ralph Fiennes freuen.

Stilistisch ist der Film kaum vergleichbar mit 28 Weeks Later. Ähnlich wie 28 Days Later ist 28 Years Later experimentell, jedoch experimentell auf seine eigene Art. Der Film spielt mit vielen Ideen, hier sei jetzt schon gesagt, nicht jede Idee funktioniert aber man ist nicht scheu, so viel wie möglich auszuprobieren und fast immer ist dies lohnenswert für den Film als ganzes wie auch für die Zuschauer. Was nicht bedeutet, dass der Film nicht anecken wird. Dies müssen Boyle und Garland wieder einmal eingeplant haben, denn konventionell ist kein Begriff, mit dem man 28 Years Later beschreiben könnte. Wir erleben hier typische Danny Boyle Momente, die in seinen besten Momenten an Trainspotting erinnern. Gleichzeitig bekommen wir, was den abstrakten, teils surrealen Part des Films angeht, aber auch einiges von Alex Garlands Werken zu sehen. Allen voran den überraschend gelungenen Annihilation.

Mit brillanter Musikuntermalung der Musikgruppe Young Fathers werden wir als Zuschauer auf eine seltsam beklemmende, zeitgleich wunderschöne Reise mitgenommen. Die Landschaftsaufnahmen sind zu jeder Zeit passend, immer mit passender Musik untermalt und erwecken Gefühle von Einsamkeit, Melancholie und Furcht. Und die lauert überall in diesem Film. Überall kreucht und fleucht es, wir nehmen die Geräusche wahr und sehen anschließend grauenhafte Gestalten über den Boden robben oder bizarre Bodybuilder-Infizierte, die wirken, als kämmen sie gerade vom Gewichtheben aus dem Fitnessstudio. Und dabei geizt auch 28 Years Later einmal mehr nicht mit blutigen Effekten, die die hohe Altersfreigabe mehr als einmal rechtfertigen. Die Effekte arten im Gegensatz zum Vorgänger nicht in Splatter-Orgien aus, gehen dafür aber deutlich mehr ins Detail.

In seltenen Momenten verliert der Film dann aber auch mal sein eigentliches Ziel aus den Augen und tröpfelt ein wenig vor sich hin oder aber die Handlungen der Charaktere sind schwer nachvollziehbar. Besonders Momente, wie es einem zwölfjährigen Jungen gelingt, eine gesamte Kommune, stets in Alarmbereitschaft, zu übertölpeln um anschließend wenige Minuten später mit seiner kranken, geistig verwirrten Mutter auf das Festland zu flüchten, obwohl er lediglich einmal zuvor dort war. Dies wirkt unglaubwürdig und vor allem des Filmes unwürdig. Dies sind aber seltene Momente. Fast durchgehend macht 28 Years Later jedoch das beste aus seiner knapp zweistündigen Laufzeit.

Die Kritik bringt mich aber zeitgleich auch ins grübeln. Wir alle wissen mittlerweile, dass es sich hier um einen Zweiteiler handelt. Teil 2 soll wohl bereits abgedreht sein und wird unter der Regie von Nia DaCosta unter Aufsicht von Boyle und Garland entstehen. DaCosta gilt besonders durch ihre Regiearbeit an "The Marvels" als nicht unumstritten, konnte sich aber zuvor einen Namen mit ihrer Neuinterpretation von Candyman machen. Wieso ich hier anfange zu grübeln, ist, wäre 28 Years Later vielleicht eine noch bessere TV-Serie geworden? Es hätte sich im heutigen Zeitalter angeboten. Aber besonders mangels eigenem Streaming-Dienstes dürfte die Option für Sony wohl eher unattraktiv gewesen sein. Generell ist es eine Überraschung, dass Sony den Film in seiner jetzigen experimentellen Form so durchgewunken hat, während ein Film im Stile des zweiten Teils vielleicht noch deutlich mehr Leute in die Kinos gelockt hätte. Und hier mache ich mir jetzt schon Sorgen, ob die Geschichte überhaupt noch Potential für den kommenden zweiten Teil "The Bone Temple" hat, oder ob dem Konzept die Luft ausgehen wird in Filmform. Bereits in diesem Teil bekommt man zu Beginn und den höchst fragwürdigen letzten 5 Minuten einen kleinen Vorgeschmack auf den Titelgebenden "Bone Temple". Auch in einer Zeit, wo es direkte Fortsetzungen im Kino grundsätzlich schwer haben, wird die Herausforderung für 28 Years Later als Filmprojekt sicherlich nicht einfacher. Trotz meiner Bedenken möchte ich zu gerne sehen, wie die Fortsetzung diese Herausforderung meistern wird. Dennoch bleibe ich dabei, dass das Medium TV-Serie für 28 Years Later verführerisch attraktiv gewesen wäre. Die gut geschriebenen Charaktere und Darsteller hätten es nicht nur zugelassen, in diesem Format hätte es auch nochmal deutlich mehr Spielraum für Charaktertiefe geben können.



Fazit

Ich gehe nicht mehr häufig ins Kino. Die Filme werden sorgfältig ausgewählt und dann möchte ich im besten Szenario etwas außergewöhnliches sehen. Dies bekommt man bei Danny Boyle häufig und nur selten weiß man bei ihm, was man überhaupt bekommt (James Bond bekommen wir von Danny Boyle zum Beispiel nicht, auch wenn die Kombi Boyle und Aaron Taylor-Johnson verdammt gut ist). 28 Years Later erfüllt all meine Kriterien für einen außergewöhnlichen Film. Ein Genre-Mix aus Horror, Drama und ein wenig Exploitation, versucht sich der Film in vielerlei Dingen. Wie erwähnt funktioniert nicht immer alles davon, aber das ist auch gar nicht das Ziel eines solchen Films. In einem durchgekauten Genre schaffen es Boyle und Garland nach dem Erstling erneut, die Magie noch einmal neu zu entfachen. Noch einmal etwas anderes zu machen als all die anderen. Was für Romero Diary of the Dead wie auch Survival of the Dead war, ist 28 Years Later für sein ganz eigenes Franchise. Nicht jedem wird das gefallen. Vielleicht wird es für einige auch Liebe auf dem zweiten Blick. Aber ganz sicher wird 28 Years Later für die Mehrheit ein Filmerlebnis sein, welches in Erinnerung bleiben wird. Eine fast schon spirituelle Tour de Force, ein angenehmer wie beklemmender Fiebertraum, der seine Zuschauer absorbiert und bis zum Abspann (oder eben den letzten 5 Minuten) nicht mehr loslässt. Meine Bedenken für die direkte Fortsetzung bleiben aber bestehen, sofern man hier nicht noch irgendwelche ungeahnten Tricks auf Lager haben sollte.

Montag, 28. April 2025

Podcast Review: Mein Universum/Mein Glaube (Rainer Winkler)

 




Aus dem Jahr 2025


Mein Universum/Mein Glaube
Genre: Schöpfungsgeschichte, Fantasy, Philosophie, Slice of Life
Host: Rainer Winkler
Produktion: N.v.
Verfügbarkeit: Spotify
Sprache: Deutsch
Episodenzahl: Aktuell 3 Episoden + Einleitung
Laufzeit: Zwischen 15-30 Minuten



Hörempfehlung eines Freundes, der mich nach meiner ehrlichen Meinung fragte, weil ich gerne Podcasts höre. Die Hörempfehlung, die nie eine ernstgemeinte Hörempfehlung war, wurde zur Mutprobe. Eine Challenge, die ich angenommen habe, weil ich meine noch verfügbare Konzentration und Auffassungsgabe testen wollte. Nach Beendigung der 3 Episoden und der kurzen Einleitung blieb ich verdutzt sowie ratlos über das zurück, was ich mir da gerade angehört habe.

Erstmal musste ich mich mit der Materie vertraut machen, worin ich nie großartig involviert war. Aber wer ein bisschen Online unterwegs ist, weiß, dass Rainer Winkler eher unter dem Pseudonym Drachenlord zu finden ist. Ehemalige kontroverse deutsche YouTube Persönlichkeit, zeitgleich aber auch, darf ich in diesem Review nicht verschweigen, verurteilter Straftäter. Egal, was mir vom Drachenlord mal zugeflogen kam, positiv war das nie. Nun aber genug zu der Person Rainer Winkler. In dieser Besprechung möchte ich mich dem Künstler Rainer Winkler widmen, der hier eine Art neues, religiös angehauchtes Kunstprojekt entworfen hat, welches aus einem Podcast und einem Blog besteht. Immer wieder redet Winkler im Podcast davon - dem Blog. Er verweist auf ihn, um das Gesamtwerk zu verstehen, seine Ideen nachvollziehen zu können. Besagten Blog habe ich mir angesehen und kann bestätigen, er trägt nichts zum zusätzlichem Verständnis des Podcast bei, verwirrt eher und die dort präsentierten Inhalte sind nicht nur mehr als fragwürdig, sondern so heikel, dass ich erst gar nicht zu diesem Blog verlinken werde. Es steht jedem Leser natürlich frei, danach zu suchen.

Das Kuriosum an diesem Podcast: Sowohl die Einleitung als auch die ersten beiden Episoden des Podcast "Mein Universum/Mein Glaube" wurden nicht von Winkler selbst, sondern von der KI Männerstimme "Hans" vertont, die hier ihr bestes gibt, das verworrene Script des Hosts wiederzugeben. Erst in Episode 3 gibt sich Winkler als Host mit seiner eigenen Stimme zu erkennen, kündigte aber an, dass das nicht zur Gewohnheit werde. Die letzte veröffentlichte Folge stammt von Ende März und niemand weiß, ob er dieses Projekt überhaupt fortsetzen wird. Und überhaupt macht es keinen großen Unterschied, welche Episode man hört, denn jede aufgenommene Episode läuft nach dem exakt selben Muster ab.

Lediglich in Episode 1 geht der Host etwas auf das Thema ein und was ihn zu dieser Idee bewogen hat. Hier muss vielleicht für den Kontext erwähnt werden, laut meinen eigenen Recherchen plante Winkler vor einiger Zeit, eine eigene Kommune, die sogenannte "Kommune der Freiheit" zu gründen, wo jedes Mitglied so leben darf, wie es ihm gefällt. Aus dem Torso dieser Idee scheint er nun diesen Podcast sowie den besagten Blog entworfen zu haben. Aber: Die tatsächliche Idee für das Projekt lieferte Winkler der Kult-Klassiker "Last Action Hero" von John McTiernan und mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle. Wer jetzt verwirrt ist, hat allen Grund dazu. Was genau der Host hier nun plant, bleibt einem komplett verborgen. Auf eine Art möchte man glauben, Winkler kreiert hier gerade das Szenario für ein Pen & Paper Rollenspiel. Fast schon penibel genau erklärt er in allen 3 Episoden Regeln für sein geschaffenes Universum und stellt auf seinem Blog Fantasie-Figuren vor, die aus zahlreichen Mythologien stammen oder er sich selbst ausgedacht hat. In Winklers Universum, in das man wiedergeboren werden kann, mehrmals, unzählige Male, sei angeblich jeder Willkommen.

Und die zündende Idee dafür war ein Actionfilm mit Arnie? Ja! Obwohl der Host in jeder einzelnen Episoden in wirre Isekai-Phantasien abdriftet (ein Begriff aus der Anime-Szene), scheint der besagte Film mit Schwarzenegger aber der Ideengeber gewesen zu sein. Alles geht davon aus: "Was wäre, wenn eine fiktive Figur gar nicht fiktiv ist sondern jede fiktive Figur ein eigenes Leben hat und somit wirklich existiert?" Dabei verstrickt sich Winkler in religiöse Themen, Ungerechtigkeit auf der Welt, Schöpfungsgeschichte und anderen "wichtig-relevanten" Themen. Immer wieder driftet er zwischen diesen Themen ab, springt hin und her - dabei verwandelt sich jedes noch so kleine Fünkchen Kohärenz des Scripts für eine Podcast-Episode in einen verworrenen, surrealen Albtraum. Besonders die philosophisch angehauchten Gedankengänge sind entweder nicht nachvollziehbar oder von einer kindlichen Naivität geprägt, dass man meinen könnte, diese Gedankengänge würden von einem Grundschüler stammen, der nun die zweite Klasse besucht.

In Episode 3 fängt Rainer Winkler dann mit unsicherer Stimme an zu reden. Konnte man der KI Männerstimme Hans noch halbwegs folgen, da sie klar redet, bebt Winklers eigene Stimme vor Nervosität, ist durch einen starken fränkischen Dialekt schwer zu verstehen und immer wieder verhaspelt sich der Host von einer Zeilen zur nächsten. Noch immer ist aber nicht klar, was er hier präsentieren möchte. Rainer Winklers eigenes Universum soll eine Welt nach dem Tod werden, in der jeder Platz hat. Man darf sich aussuchen, als welches Wesen man wiedergeboren werden möchte. Über alles thronen zudem unsterbliche Götter, die natürlich nicht zur Auswahl stehen bei einer Wiedergeburt eines normalen Menschen. Weniger überraschend ist aber, dass der Schöpfer, also Rainer Winkler, exklusive Privilegien hat. Was im Podcast als Sammelsurium an philosophischen Ideen beginnt (zum Beispiel, "Leben wir in einer Simulation" oder "Sind wir der Traum eines schlafenden Riesen?"), driftet später immer weiter in etwas ab, was man schon als Fantasy-Sekte deklarieren kann. Alles, was ich zu Winklers gescheiterten "Kommune der Freiheit" in Erfahrung bringen konnte, scheint er hier in diesem Podcast-Fiebertraum unterzubringen.


Resümee

Auch in Episode 3 und mit Kontext auf den besagten Blog wird nie so ganz klar, wie Rainer Winkler sein geschaffenes Universum umsetzen möchte. Wüsste man nicht genau, welche Person dahintersteckt, könnte man meinen, man habe es hier mit einem kryptischen Online-ARG zu tun und zur Entschlüsselung des Rätsels werden die klügsten Köpfe benötigt. Aber das ist nicht der Fall. Was man hier in etwas über 60 Minuten Spielzeit geboten bekommt sind realitätsferne, geistig wertlose Ergüsse, die keinen Sinn ergeben. Nicht einmal aus rein hypothetischer Sicht. Das einzige, was ich hier sehe, ist anscheinend eine Gefährdung der geistigen Gesundheit durch den Film "Last Action Hero", der in Deutschland bereits ab 12 Jahren freigegeben ist.

Möge es bitte bei diesen 3 Episoden bleiben.

Dienstag, 8. April 2025

Der ungeklärte Fall von Kris Kremers und Lisanne Froon Teil 1: Podcast Review - Lost in Panama

 




Aus dem Jahr 2022


Lost in Panama
Genre: True Crime Podcast
Produktion: Podcast One
Hosts: Mariana Atencio, Jeremy Kryt
Verfügbarkeit: Überall da, wo es Podcasts gibt (Kostenlos)
Sprache: Englisch
Episodenzahl: 7
Laufzeit: Zwischen 45-60 Minuten


Hinweise zur Berichterstattung in diesem Text:

- Ich werde in dieser Besprechung keine eigenen Theorien aufstellen

- Ich werde keine Bilder von Kris und Lisanne in den Text einbetten oder verlinken

- Es wird keinen Link zu den besagten Fotos geben, die man aber einfach auf YouTube recherchieren kann. Die Bilder selbst sind nicht grafisch, können aber ein gewisses Unbehagen auslösen, wenn man die Geschichte dahinter kennt


Die Zeit vergeht wie im Fluge. Es ist jetzt etwas über 3 Jahre her, als ich meine damals neu angekündigte Rubrik "Podcast Review" auf die Leser von "Am Meer ist es wärmer" losgelassen habe. Es sollte bei diesem einen Review bleiben, zumindest bis heute. Dennoch möchte ich gerne noch einmal das Review hervorheben, denn "Death in Ice Valley" war ein herausragend guter, atmosphärischer Podcast über einen ungeklärten Mordfall aus Norwegen, der weit in die geheimsten Winkel der Spionage und des Kalten Krieges reichte.

Heute möchte ich mich mit einem Fall befassen, der deutlich weiter in unserer Gegenwart angesiedelt ist. Genau genommen ereignete sich dieser mysteriöse Fall zum zwei junge Frauen aus den Niederlanden im April 2014. Bereits mehr als 10 Jahre ist es her als die beiden Studentinnen Kris Kremers (damals 21 Jahre alt) und Lisanne Froon (damals 22 Jahre alt) in ihrem Urlaub in Panama, im malerischen Ort Boquete, auf einem Wanderweg, den Pianista, spurlos verschwanden. An und für sich wäre dies maximal ein tragischer Fall, da der Dschungel von Zentralamerika gnadenlos ist und ohne Führung eines Experten tödlich sein kann, wenn man auch nur minimal vom Weg abkommt. Doch der gesamte Fall ändert sich, nimmt mysteriöse, teils bizarre Züge an, als einige Monate später Leichenteile der jungen Frauen sowie Habseligkeiten gefunden werden. Darunter eine Fotokamera, die Aufnahmen enthält, die auch viele Jahre später immer noch Rätsel aufgeben.

Der Fall von Kris und Lisanne ist, wie bei echten True Crime Fällen üblich, traurig. Besonders für Familie, Freunde und sonstige Angehörige, da sie noch immer keine eindeutigen Antworten haben. Die überforderten Behörden von Panama änderten ihre Meinung zu den Todesumständen der beiden Frauen häufiger. Schlossen sie zu Beginn ein Gewaltverbrechen nicht aus, korrigierten sie dies aber im Laufe der Ermittlungen zurück zu einem Unfalltod durch die Widrigkeiten der Natur. Im Falle von Kris und Lisanne sollen die beiden eine Brücke hinabgestürzt sein.

Im laufe der Jahre entwickelte sich der Fall von einem nationalen Vermisstenfall zu einem weltweiten True Crime Mysterium. Egal, was man also letztendlich von dem hier besprochenen Podcast halten mag (meine Meinung inklusive), er brachte die Untersuchungen noch einmal ins Rollen und alleine in den letzten 2 Jahren sind noch einmal viele neue Details an die Öffentlichkeit geraten. Doch dies kommt natürlich auch zu einem Preis. Sowohl der Podcast "Lost in Panama" wie aber auch viele andere schriftliche Berichterstattungen entgleisen häufig, verstricken sich in Sensationsgeilheit und wollen sich aus ihren ganz eigenen Theorien ihre "einzig wahre" Lösung des tragischen Falls zusammenspinnen. War es ein Unfall oder ein Gewaltverbrechen? Darauf gibt der weit über 2000 Seiten dicke Abschlussbericht der Behörden keine endgültige Antwort. Es kann das eine oder das andere sein. Die Frauen haben Reisetagebücher hinterlassen, aber haben in ihren letzten Momenten nichts über ihre Lage verfasst. Einer der letzten Zeugen, der Kris und Lisanne lebend gesehen hat ist bereits vor längerer Zeit verstorben und könnte, selbst wenn er gewollt hätte, nichts zum Fall beisteuern, da es sich bei diesem Zeugen um einen ortsansässigen Hund handelte, der häufig Touristen auf den Pianista begleitet hat und auch wieder mit ihnen zurück ins Dorf marschiert ist. Die rund 200 aufgenommen Fotos der beiden Frauen, darunter zahlreiche seltsame Nachtfotos, geben weder Hinweise auf einen genauen Standort noch geben sie Aufschluss über die letzten Tage der zwei Freundinnen. Die gefunden Handys bestätigten zumindest, dass mehrmals Notrufnummern gewählt wurden, die aber aufgrund nicht vorhandenen Empfangs somit auch nicht durchgingen.

Das erste mal, dass dieser Fall internationale Aufmerksamkeit erlangte, geschah durch eine Berichterstattung eines Journalisten namens Jeremy Kryt, der für "The Daily Beast" als Reporter unterwegs war. Kryts Kenntnisstand galt bereits damals als wackelig, etwas, was er im Podcast auch anmerkt. Im Jahr 2022  tat er sich dann gemeinsam mit der amerikanisch-venezolanischen Journalistin Mariana Atencio zusammen, um zum bevorstehenden 10. Jahrestag des Falles einen groß angelegten Podcast zu produzieren, der in Zusammenarbeit mit Podcast One entstanden ist. Was hier auf 7 Episoden entstanden ist, ist ein teils beklemmender, aber auch reißerischer Podcast über einen Cold Case, der bis heute abertausende True Crime Fans und Hobby-Detektive zusammenbringt. Doch zu welchem Preis ist man dazu bereit, den Fall zu lösen? Natürlich nur, um den Angehörigen endlich eine endgültige Antwort zu liefern, oder etwa nicht?


Zwischen Spannung, Erzählfreude und Sensationsgeilheit


Der Podcast von Mariana und Jeremy dürfte mittlerweile die erste Anlaufstelle sein, um sich mit dem Fall von Kris und Lisanne vertraut zu machen (ich selbst bin auf den Fall bereits vor einigen Jahren aufmerksam geworden, aber nicht in diesem Detailgrad, wie hier besprochen). Er fasst grob zusammen, was vorgefallen ist, ohne aber zu sehr ins Detail rund um die beiden Frauen einzugehen, was bereits in der ersten Episode auffällt und schade ist. Dabei gibt es durch die Tagebucheinträge eine menge zu den beiden Freundinnen zu erzählen, besonders geben zahlreiche Einträge Einblicke in die Gefühlswelt der eher introvertierten Lisanne, die schon bei Ankunft in ihrer Gastfamilie anfing, sich unwohl zu fühlen. Die beiden Freundinnen wollten in diesem besonderen Urlaub, weit weg von der Heimat und vor allem erstmals weit weg von der Familie, unter anderem gemeinnützige Arbeit an einer Schule verrichten. Dies kam bereits gar nicht zustande und eine der Hauptmotivationen für den Urlaub war dadurch bereits Geschichte. Die beiden Frauen wollten sich die Laune dennoch nicht verderben lassen, fanden schnell Freunde und wollten das beste aus ihrer Zeit in Zentralamerika machen. Ihren Trip wollten sie damit krönen, den Pianista, einem bekannten Wanderweg in der Ortschaft, zu begehen und auf dem Höhepunkt des Weges die einzigartige Aussicht zu genießen. Auf den gefundenen Fotos lächeln Kris und Lisanne in Selfie-Manier in die Kamera. Doch von diesem eigentlich gewöhnlichem Ausflug sollten sie nie mehr zurückkehren.


Foto: boileddogs (Subreddit r/KremersFroon)





Zum optimalen Verständnis musste ich hier nun etwas weiter ausholen, um jetzt wieder auf den Podcast einzugehen. Erst einmal muss gesagt werden, die Production Values von "Lost in Panama" sind ausgezeichnet. Es ist als Hörer fast so, als hätte ich als eben jener Hörer an der Expedition des Teams ebenfalls teilgenommen, die noch einmal, 2022 vor Ort, die Wege abgegrast haben, die auch Kris und Lisanne bestritten haben. Die rauen Umstände und Witterungen des Dschungels bekommen auch Mariana, Jeremy und das gesamte Team schnell zu spüren. Untermalt wird der Podcast von einer großartigen Soundkulisse, die von klaren Geräuschen aus dem Dschungel begleitet wird hin zu melodischen Klängen, die speziell für den Podcast komponiert wurden. Und ich würde besonders die ersten 2-3 der insgesamt 7 Episoden noch als unglaublich hörenswert einstufen. Die beiden Hosts kommen schnell zum Punkt und verlieren sich selten in irgendwelche Spinnereien. Einen sogenannten Candyman, einen Hauptverdächtigen, hat man mit dem ortsansässigen und bekannten Tourguide, ein älterer aber robuster Mann namens Feliciano, jedoch schnell gefunden. Hier sei schon vorab angemerkt, dass dieser Man mit seiner Firma "Feliciano Tours" bei ausländischen Touristen ungemein beliebt ist. Im Falle von Kris und Lisanne war er schnell zur Stelle, um bei der reibungslosen Aufklärung seine Expertise als Tourguide zur Verfügung zu stellen. Der besondere Twist hier: Einen Tag vor dem verschwinden der beiden Frauen aus den Niederlanden sollten sie eigentlich den Pianista gemeinsam mit Feliciano besteigen. Dies machte ihn schnell zu einem Verdächtigen, dies geschieht im Podcast auch sehr schnell und Jeremy teilt zudem noch eine persönliche Geschichte mit Feliciano, die kein gutes Verhältnis der beiden zueinander erahnen lässt. Im Zuge der neuen Kenntnisse scheint der Name von Feliciano, anscheinend aber auch von seinem Sohn (der in der ganzen Geschichte eine nicht unwichtige Rolle spielt) größtenteils reingewaschen zu sein. Auf persönliche Theorien gehe ich hier nicht ein, was man mir bitte verzeihen möge.

Und hier kommen wir zu den größten Problemen von "Lost in Panama". Man scheut sich nicht davor, Namen offenzulegen und ohne aussagekräftige Beweise eine Hexenjagd zu veranstalten. In der finalen Episode rudert man in einem Resümee noch einmal zurück und möchte keine klaren Bekenntnisse machen, was mit Kris und Lisanne nun passiert ist. Aber in den vorherigen Episoden macht man keinen großen Hehl daraus, alles und praktisch jeden, darunter eine lokale Jugendgang, zu verdächtigen (hierzu gibt es aber noch andere neue Erkenntnisse). Besonders in den letzten beiden Episoden hält man sich mit grafischen Details nicht zurück und die auf völlig unbegründeten "Ich habe damals von mehreren Ecken folgendes gehört" Aussagen zurückgehen, die viele Jahre zurückliegen. Praktisch dem "Unreliable Narrator" in einem Roman das volle Vertrauen schenken und sich zu sagen "Diese Person hat das so überzeugend rübergebracht, ich bin geneigt, all das zu glauben". Während ich die ersten Episoden insgesamt als sehr hörenswert bezeichnen würde, kommt das Pacing der späteren Episoden schon deutlich mehr ins stottern. Besonders, weil die Verantwortlichen stets in neue Sackgassen im Fall laufen. Mariana Atencio hört sich zudem sehr gerne selbst reden, was dem Hörer aber auch schon früher auffallen dürfte. Auch macht sie keinen Hehl daraus, dass der Podcast ihre ins stocken geratene Karriere wieder aufgebessert hat. Besonders aber die geringe Rücksichtnahme darauf, dass auch Angehörige auf diesen Podcast stoßen könnten, machen die unbestätigten, sehr grausamen "Hörensagen" Aussagen einiger Zeugen umso unfassbarer. Ja, vieles riecht hier nach aufbauschen und aufgeilen. Alles dafür, den Podcast ein wenig mehr wie einen TV-Krimi auszuschmücken.

Immer mal wieder kommen im Podcast aber auch durchaus noch interessante Leute zu Wort wie Mediziner/Forensiker, die den Fall anhand der Fallakte begutachten. Aber vieles im Podcast hat einfach zu wenig Substanz, womit ich als Hörer was anfangen konnte. Handwerklich ist "Lost in Panama" rein gar nichts vorzuwerfen und, wie bereits erwähnt, er sorgte dafür, dass das Interesse des Falles nochmals weltweite Aufmerksamkeit generiert. Dies ist bei so mysteriösen, ungeklärten Fällen immer wichtig. Aber der Podcast scheitert in 7 Episoden genau da, wo er eigentlich ansetzen sollte. Viele Details, die noch bekannt sind, werden überflogen oder finden erst gar keine Erwähnung, dabei ist noch viel mehr an die Öffentlichkeit gedrungen. Zu oft verrennt der Podcast sich aus einer gewissen Sensationsgeilheit stattdessen in irgendwelche vermeintlichen, konfusen Zeugenaussagen.

Doch ist "Lost in Panama" trotzdem empfehlenswert oder zumindest ein guter Einstiegspunkt, den Fall von Kris Kremers und Lisanne Froon besser kennenzulernen? Auf alle Fälle. Es gibt hier abseits des Podcasts noch eine menge zu entdecken, so viel, dass vor einiger Zeit mit dem bereits im Bild erwähnten Subreddit "r/Kremers/Froon" auch weiterhin viele Hobbydetektive unterwegs sind. Wie immer bei solchen Fällen kommt hier alles mit positiven und negativen Vorzügen. Menschen, die den Fall aufrichtig vorantreiben wollen und Trittbrettfahrer, die aufgrund eigener Interessen egoistische Ziele verfolgen. Der "Lost in Panama" Podcast schlägt praktisch in beide Kerben.

Der Grund, wieso ich diesen Artikel mit "Teil 1" gekennzeichnet habe, ist natürlich offensichtlich. Als nächstes möchte ich demnächst gerne noch ein neues, komplettes Buch zu diesem Fall von zwei deutschsprachigen Autoren besprechen. Mit "Verschollen in Panama" geht das Duo Christian Hardinghaus und Annette Nenner detailgenau auf den Fall auf über 300 Seiten ein, vermutlich aktuell die umfangreichste Berichterstattung des Falles. Die Autoren versprechen im Vorwort vieles richtigzustellen, was unter anderem der Podcast sowie andere Berichterstatter falsch dargestellt haben. Der Sache werde ich auf den Grund gehen und in Teil 2 des True Crime Specials "Verschollen in Panama" besprechen. Das Buch gibt es übrigens auch als englische Ausgabe unter dem Titel "Still Lost in Panama".

Meine Besprechung des selbst publizierten Buches wird auf völlig unvoreingenommener, neutraler Ebene stattfinden, da ich kein Rezensionsexemplar angefragt habe und über den Falls aus eigenem Antrieb berichte. Insofern bin ich also sehr gespannt, was die beiden Autoren bei diesem Fall richtigstellen und bestenfalls noch hinzufügen können.

Freitag, 28. März 2025

Einwurf: Warum mich der Light Novel Vorstoß in Deutschland weiterhin nicht vom Sockel haut

 


Erst einmal muss ich in diesem Einwurf, der mit seiner Überschrift provokant anmuten lässt, etwas klarstellen um gleichzeitig auch mal etwas die Brisanz aus den Segeln zu nehmen: Dieser Einwurf könnte auch als etwas egoistisch angesehen werden, denn hier geht es mir nicht um den allgemeinen Stand des Marktes rund um japanische Light Novel Lizenzen in Deutschland, sondern viel mehr spielt hier mein persönlicher, ganz eigener Geschmack mit. Und zudem ist mir durchaus bewusst, wie schwer es auch ist, Lizenzen an Land zu ziehen. Ich hatte bereits in den Jahren, wo der Blog hier sehr aktiv war, zahlreichen Kontakt zu deutschen Manga Verlagen wie Carlsen Manga und Tokyopop. Außerdem ganz kurz, als noch keine einzige Lizenz bekannt war, hatte ich auch Kontakt zu dem auf Light Novels spezialisierten Verlag Dokico. Meine besten Wünsche dem netten Team gegenüber, die ich im Jahr 2022 hier auf "Am Meer ist es wärmer" geäußert habe, sind weiterhin ernst gemeint und ich wünsche dem Verlag noch viel Erfolg auf seinen weiteren Wegen: Artikel: Dokico geht in Deutschland an den Start (vom 27.10.24)

Aber ich bin weniger irgendein Typ, der über das Thema journalistisch und wissenschaftlich schreibt als viel mehr ein Typ, der Konsument dieses Themas ist. Und hier habe ich diverse Probleme, Verlangen, Sehnsüchte (sucht euch einen Begriff aus). Erst einmal müssen wir etliche Jahre zurückreisen. Es gab schon vor rund 20 Jahren und immer mal wieder danach Versuche deutscher Verlage, Light Novels in Deutschland zu vermarkten. Ganz prominent fällt mir hier zum Beispiel noch Tokyopop ein, die es mit einer echt schönen Ausgabe zu Kinos Reise probiert haben. Die deutschsprachige Veröffentlichung fand ein jähes Ende, weil die Verkäufe einfach nicht dem großen Aufwand gerecht wurden, so eine Reihe kleiner Romane über mehrere Ausgaben, direkt übersetzt aus dem Japanischen, weiter zu veröffentlichen. Persönlich sagte man mir damals "Um einen Gewinn zu machen, da müssten wir dann einen Band für 20 Euro oder mehr anbieten". Selbstverständlich ist hier die Inflation nicht mitgerechnet, als ich die erhältlichen Bände erworben habe, was wirklich viele Jahre her ist und der Titel bereits zu diesem Zeitpunkt Out of Print war.

Während es in Deutschland nicht klappte, etablierten sich in den USA, wo es ganz andere Möglichkeiten gibt, viele Verlage, die sich entweder ausschließlich auf Light Novels spezialisieren wie der J-Novel Club oder etablierte, große Manga-Verlage wie Yen Press, Seven Seas oder Vertical - letzterer natürlich auch zahlreiche andere Romane von japanischen Belletristik-Schriftstellern in seinem Programm hat. In Deutschland näherte man sich den Light Novels in den letzten Jahren auch wieder an. Erneut fungiert Tokyopop hier als eine Art Pionier, bringt aber teilweise wirklich nur die ganz bekannten Titel wie Sword Art Online und Overlord (Einfach mal als Beispiel, um zwei sehr prominente Titel zu nennen). Meines Wissens (man möge mich korrigieren, wenn ich hier komplett falsch liege) setzt Tokyopop bei einigen Titeln auf kostengünstigere Übersetzungen und greift auf vorhandene englische Übersetzungen zurück. Egmont hat mit Titeln wie den Romanen von Makoto Shinkai auch noch den ein oder anderen prominenten Vertreter im Programm. Altraverse bedient die Fans mit Solo Leveling, Goblin Slayer und vermutlich der bekanntesten Lizenz "Meine Wiedergeburt als Schleim in einer anderen Welt".

Überraschend dürfte aktuell sein, dass es in Deutschland noch keine Lizenz zu "Die Tagebücher der Apothekerin" gibt, eine Reihe, die trotz ihrer Popularität hier lediglich als Manga-Adaption verfügbar ist. Dennoch, was populäre Reihen angeht, so hat man auch in Deutschland mittlerweile überraschend viele Titel, auch wenn es immer noch ein Bruchteil von dem ist, was man in den USA vorfindet. Und auch dort gilt, viele Reihen interessieren mich nicht. Besonders der Isekai-Wahn ist an mir vorbeigerauscht wie eine Corvette bei Höchstgeschwindigkeit. Wie schon erwähnt, all das ist meckern auf sehr hohem Niveau, denn ich tue mich bekanntermaßen auch schwer mit neuen Serien, egal ob das Manga, Anime oder Light Novels sind. Für mich besteht das meiste heutzutage aus Reihen, die einen so langen Titel haben, dass ich ihn mir nicht einmal merken kann und der Inhalt dieser ganzen Serien sich kaum voneinander unterscheiden. Irgendwo bin ich dann doch vermutlich in der Anime-Kultur der frühen 90er kleben geblieben!

Mit Dokico haben wir in Deutschland einen neuen Verlag, der sich fast ausschließlich der Veröffentlichung von Light Novels verschrieben hat (man veröffentlicht zudem auch einige Manga-Lizenzen). Und relativ schnell hatte man sich auch festgelegt, was man gerne veröffentlichen möchte. Eher kürzere Reihen mit einem Schwerpunkt auf Slice of Life, Romance und Drama. Das war eine Info, die ich aber erst las, nachdem ich meine Lizenzwünsche da gelassen habe und so weit das Thema des Verlags verfehlt habe, dass ich mich letztendlich nicht trauen würde, euch diese Wünsche hier offen zu nennen! Ein bisschen Selbstachtung muss sich Herr Aufziehvogel bewahren. Das größte Problem, was sich darauf aber, zumindest meiner Meinung nach, ergeben hat, ist dann doch ein recht festgefahrenes Programm von bestimmten Genres. Und dennoch finden sich auch Titel im Programm, von denen man eigentlich erstmal nichts wissen wollte: Isekai (was aber auch im Programm nicht Überhand nimmt). Ich habe nun abgewartet, bis der Verlag sich etabliert hat und da muss ich nun einfach sagen, vielleicht bin ich mit Männlich, 38 auch gar nicht die angepeilte Zielgruppe. Als jemand, der so ein Projekt gerne unterstützen möchte, saß ich vor einiger Zeit überraschend unbeeindruckt vor dem Programm, bei dem mir die meisten Titel nicht einmal irgendwas sagten und es auch auf diversen Seiten wie MyAnimeList relativ wenig Infos gibt, die mir weiter helfen. Ja, zum einen holt man sich hier tatsächlich Lizenzen ins Boot, die weniger bekannt sind und eben nicht diesen großen, globalen Hype besitzen, obwohl man mit Titeln wie Arifureta und 7th Timeloop auch deutlich prominentere Titel im Programm hat. Auch positiv hervorzuheben ist natürlich, dass der Verlag mehrere Editionen anbietet von Taschenbuch-Formaten über teurere Hardcover-Ausgaben, die es exklusiv im Webshop von Dokico gibt. Zu einigen Titeln, leider nicht zu allen, werden auch E-Books angeboten. Auch werden anscheinend sämtliche Light Novels direkt aus dem Japanischen übersetzt, was natürlich ein riesiger Pluspunkt ist.

Doch für "Probiere ich einfach mal aus" sind die Preise mit teilweise 20 Euro für ein Taschenbuch auch einfach zu pikant, es dann wirklich einfach mal auszuprobieren (Leseproben verschaffen hier nicht die gewünschte Hilfe bei der Entscheidung). Und dennoch habe ich es getan mit "The Ashes of My Flesh and Blood is the Vast Flowing Galaxy" von Yuyuko Takemiya und einer wundervollen Cover-Illustration des begnadeten Inio Asano. Da mich die Story ein kleines bisschen an "Heaven" von Miko Kawakami erinnert hat (ein Roman, schwer zu verdauen aber einfach auch herausragend gut geschrieben), habe ich mal zugegriffen. Leider konnte sich die Geschichte um den Oberschüler Kiyosumi sich bei mir noch nicht entfalten, möchte dem Roman zu einem späteren Zeitpunkt aber nochmal die Chance geben, sich entfalten zu können.

Mein eigentliches Ziel, den Verlag auf seiner Reise auch zu begleiten, ist so für mich gar nicht umsetzbar, was ich als Fan/Leser natürlich schade finde. Und dennoch möchte ich hier den Verlag gar nichts ankreiden, außer, dass man sich vielleicht zu schnell auf gewisse Themengebiete festgefahren hat. Angebot und Nachfrage bestimmen ein Programm und ein so dominierendes Genre wie Isekai-Fantasy kann schlicht und ergreifend nicht ignoriert werden. Das gleiche gilt für Titel aus dem Genre Romance und Comedy. Dass ein Verlag sich hier seine eigene Nische aufbauen möchte, ist dementsprechend auch nachzuvollziehen und damit scheint man sich auch eine treue Fanbase aufgebaut zu haben. Der kleine, quengelnde Junge in mir schreit aber "Was ist mit mir? Hallo Leute, ich bin auch noch da und würde euch gerne etwas von meinem Geld überlassen". Während ich es weiterhin nicht wagen würde, die Lizenzwünsche zu nennen, die ich ursprünglich mal an den Verlag weitergereicht habe, denke ich mir, es würde da aber andere Reihe geben, die eigentlich wie für Dokico gemacht sind. Reihen wie "The Empty Box and Zeroth Maria" oder, ein Knaller, dessen Lizenz-Verkündung beinahe schon surreal anmuten würde: Violet Evergarden. Besonders letztere Reihe, die natürlich als Anime weltweit riesige Erfolge feierte, mutet fast schon realitätsfern an, denn bis heute gibt es ja noch nicht einmal eine englische Ausgabe. Oder sich vielleicht doch mal ins Science-Fiction-Genre wagen und Legend of the Galactic Heroes (Ginga Eiyū Densetsu) zu lizensieren, sofern sich eine Chance ergibt. Doch bevor das hier in den wirren Fieberträumen um Lizenzwünsche ausartet: All das waren natürlich nur Beispiele von Titeln, die mich ausflippen lassen würden. Ich habe gerade deshalb so hoch ins Regal gegriffen, weil besonders solche Titel einfach nicht wirklich realistisch sind, sonst hätten sie vor Jahren vermutlich schon andere Verlage gebracht, bevor es Dokico überhaupt gab. All diese Lizenzwünsche nun an einen einzigen Verlag abzuwälzen, der sich auf Light Novels spezialisiert hat, ist natürlich mit keiner Silbe meine Absicht.

Am Ende besteht mein lamentieren über das Light Novel Programm deutscher Verlage aus purem Egoismus, weil einfach wenig für mich dabei ist. Und daher muss man auch einfach mal die etwas abgedroschene Weisheit "It's simply not for you" dann auch so hinnehmen. Aber wer weiß, vielleicht bringt das jammern am Ende doch mal was und in den nächsten 1-2 Jahren hauen die Verlage aus dem Nichts dann auch mal Lizenzen raus, die mich nicht nur vom Sockel hauen, sondern gleichzeitig auch noch dafür sorgen, dass die Kinnlade den Boden berührt.

Aber eines ist am wichtigsten: Wer diesen Beitrag hier, aus welchen Gründen des heiligen Algorithmus auch immer, entdeckt und euch diese hier angesprochenen Reihen interessieren: Unterstützt deutsche Verlage wie Tokyopop, Altraverse, Dokico und viele mehr. Denn nur so wird dieser Markt auch fortbestehen und die Verlage können sich noch weiter hervorwagen, was neue Lizenzen angeht.


Aufziehvogel

Dienstag, 25. März 2025

Phantastische Tierwesen: Ein phantastisches Missverständnis

 


Dieser Artikel enthält zahlreiche Spoiler zu Phantastische Tierwesen 1-3


Hier an dieser Stelle bitte das bekannte "Ah Shit, here we go again" Meme von Carl Johnson aus GTA San Andreas einsetzen. Denn die Phantastischen Tierwesen wurden sicherlich internetweit schon genug debattiert. Doch dieses dreiteilige Missverständnis wird durch die nahende Harry Potter Serienumsetzung von HBO noch einmal in ein anderes Licht gerückt. Auch wenn Warner die Reihe nie offiziell abgesägt hat, so ist es relativ unwahrscheinlich, dass man sich dieser Filmreihe noch einmal annehmen wird, wo der volle Fokus nun wieder auf Harry Potter liegt. Und so wirkte man in der Wizarding World von J.K. Rowling Magie. Bei den Phantastischen Tierwesen wurden auf magische Weise aus 5 geplanten Filmen, 3 realisierte Filme und ließ die nicht erzählten Abenteuer und auch das Ende dieser gar nicht mal so bedeutungslosen Storyline um Dumbledore und Grindelwald zum sterben zurück.

Nachdem ich auf meinem Blog schon den Abwärtstrend von Mittelerde sowie den geistigen Verfall des Star Wars Franchise unter die Lupe genommen habe, möchte ich mich zumindest einmal der Wizarding World widmen. So habe ich in den vergangenen Tagen "Grindelwalds Verbrechen" und "Dumbledores Geheimnisse" nachgeholt. Was bei mir haften geblieben ist, sind allen voran viele Fragezeichen. Bevor ich auf die Filme einzeln eingehen werde, möchte ich kurz ein paar Worte darüber verlieren, woran es, meiner eigenen Ansicht nach, haperte. Es fängt bereits beim Titel der Filme an. Newt Scamander und sein Buch "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" sind in den Büchern, mehr aber noch in den Filmen, Randbemerkungen. Die Filmtitel sind schwer zu merken und gehen nicht leicht von der Zunge. Nur wenig deutet, besonders noch beim ersten, titelgebenden Film, darauf hin, dass wir es hier direkt mit einer Story zu tun haben, die überraschend eng mit etlichen Ereignissen in der Harry Potter Timeline verknüpft ist. Mit den späten 20er Jahren hat man sich ebenfalls für eine Zeit entschieden, die (zumindest bei mir und ich könnte mir vorstellen, bei vielen anderen auch) nicht sofort auf Gegenliebe stößt. Ein vielleicht etwas persönlicher Sargnagel: Wir haben es hier mit Prequels zu tun. Ich hasse Prequels. Ich hasse sie aus berechtigten Gründen. Sie sind teilweise Gift für einen etablierten Kanon und sorgen für Überschneidungen und Widersprüche. Auch hier tritt die Trilogie nicht selten in unangenehme Prequel-Fallen. Und das vielleicht größte Problem: Die Geschichten sind einfach nicht wirklich überzeugend geschrieben. Es fehlt den Filmen an echten Höhepunkten und mit Newt Scamander hat man einen Protagonist, der im Verlauf der Trilogie zu einem Nebendarsteller in seiner eigenen Filmreihe wird. Schon im ersten Film könnte man meinen, Newt, der hier sehr schrullig aber liebenswert von Eddie Redmayne verkörpert wird, bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die diese Figur eigentlich verdient.

Am Ende finden wir nun eine Trilogie vor, der von Beginn an eine klare Richtung fehlte. Ähnlich wie bei Fluch der Karibik wirkt Phantastische Tierwesen so, als hätte man niemals über Teil 1 hinausgedacht. So fühlen sich Teil 2 und Teil 3, die eine zusammenhängende Geschichte erzählen, deutlich abgekapselt von Teil 1 an. Dies macht die Probleme der besagten anderen beiden Teile aber nicht geringer. Charaktere werden vernachlässigt, der Plot selbst fühlt sich überladen an und hat doch erstaunlich wenig zu erzählen und der große Kampf zwischen Dumbledore und Grindelwald endet mit einer Knallerbse anstatt mit einem richtigen Feuerwerk. Hauptverantwortlich für diese massiven narrativen Probleme dürfte hier J.K. Rowling selbst sein. Sie kann überzeugende Charaktere schreiben. Sie kann furchtbar lange Bücher schreiben, etwas, was aber zeitgleich auch ihre große Stärke als Autorin ist. Rowling kann allen voran lang und ausgiebig anstatt kurz und bündig. Dass sie eher kürzere Stories nicht wirklich beherrscht, hat sie bereits beim Bühnenstück zu "Harry Potter und das verwunschene Kind" unter Beweis gestellt. Zur Verteidigung des Bühnenstücks muss ich sagen, ich kenne bis Heute nur das Bühnenstück in schriftlicher Form und fand die Story aber auch die Charaktere absolut grauenhaft und furchtbar geschrieben. Man könnte beinahe meinen, Rowling habe hier nicht selbst Hand angelegt sondern einfach nur ihren Namen dafür hergegeben. Aber dem ist nicht so, gleiche Probleme im Aufbau von Plot und Charaktere zeigt sie auch bei "Phantastische Tierwesen", wo sie nahezu hauptverantwortlich für die Geschichte war. Rowlings Geschichten sind meistens lang und ausführlich, davon profitieren ihre Charaktere und unzählige kleine Geschichten innerhalb ihrer magischen Welten. Ein Grund, wieso die Harry Potter Filme kaum zufriedenstellend adaptiert werden konnten (und spätestens ab Band 4 jeder Film zwei Teile benötigt hätte). Etwas, was die kommende TV-Serie nun besser machen möchte und bereits die einzig valide Option bei Rowlings nicht minder bekannter Strike-Krimireihe ist, wo die Bücher gerne mal weit über 500 Seiten umfassen (teilweise deutlich mehr) und kaum filmisch umgesetzt werden könnten, ohne massive Abstriche machen zu müssen (und bereits die BBC-Serie kaum mit dem Umfang der Bücher umzugehen weiß).

Das eigentlich verwunderliche ist bei Newt Scamanders Abenteuer, wie fremd sich Rowling in ihrer eigens geschaffenen Welt anscheinend fühlt. Ihr gelingt es kaum, die Welt der Magie außerhalb von Hogwarts greifbarer für uns zu machen. Immer wieder versuchen es die Filme, was ihnen visuell auch gelingt. Und hier liegen die eigentlichen Stärken der Filme. Die Optik. Mit David Yates und einem eingespieltem Team schafft man es eigentlich in allen 3 Filmen etwas bildgewaltiges auf die Leinwand zu zaubern. Der Einsatz von CGI ist hier leider deutlich höher mittlerweile als es noch bei Harry Potter der Fall war, wo es immer wieder auch überzeugende praktische Kulissen gab, aber dennoch schafft man es bei allen 3 Filmen um die phantastischen Tierwesen, ein überzeugendes Gesamtpaket abzuliefern wenn es um Spezialeffekte geht. Aber das alleine reicht halt nicht, um die Fans bei Laune zu halten. Man wünscht sich auch eine gut erzählte Geschichte. Besonders, da es sich hier um eine weit zurückreichende Vorgeschichte handelt. Man wünscht sich lose Enden, die endlich verknüpft werden. Dies gelingt keinem der drei Filme so richtig und das ist, so hart muss ich sein, fast schon peinlich. Und all das rechtfertigt letztendlich auch keine 5 Filme. Dabei hatte besonders Rowling die Chance, ihre Wizarding World außerhalb des Harry Potter Kanons sinnvoll zu erweitern, mehr Geschichten aus diesem Universum zu erzählen.


Hier ein paar kurze Impressionen zu den jeweiligen Filmen:


Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

 
Beinahe 10 Jahre ist es schon wieder her, als der erste Teil der Trilogie in die Kinos kam. Angesiedelt ist die Geschichte um den Magie-Zoologen Newt Scamander im Jahr 1926 in New York. Die Geschichte wird von Großbritannien in die Magiewelt der Vereinigten Staaten verlegt. Auch haben wir es mit einem Cast an Erwachsenen zu tun, nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen. Stilistisch ist der aus den Harry Potter Filmen etablierte Stil (allen voran der von Yates geprägte Stil) hier sofort erkennbar, aber rein erzählerisch könnten die Filme nicht weiter auseinanderliegen. Der erste Film legt noch einen größeren Fokus auf Newt Scamander und seiner Suche nach gefährdeten magischen Tierwesen. Ebenfalls bahnt sich auch die Geschichte des Menschen (in diesem Falle ein sogenannter No-Maj oder ganz klassisch ein Muggel) Jacob Kowalski an, der durch einige unglückliche Zufälle rund um Newt Scamander in die Welt der Magie gerät und sich dort in die Hexe Queenie verliebt. Und genau als das sehe ich die Geschichte dieser Trilogie an. Phantastische Tierwesen ist weder die Story von Newt, Credence oder der Fehde zwischen Dumbledore und Grindelwald. Es ist die Geschichte zwischen Jacob und Queenie, die einen zentralen Punkt einnimmt und tatsächlich sogar eine der Höhepunkte aller drei Filme ist. Und genau das sollte nicht der Fall sein. Diese Geschichte hätte man mit Teil 1 abschließen können, wo diese Liebesgeschichte nach dem Showdown des Films ein rührendes, passendes Ende erhält, welches filmisch auch noch ziemlich gut umgesetzt wurde. Jacob wird vom magischen Regen einmal geduscht und verliert sämtliche Erinnerungen an die magische Welt und somit auch an Queenie. Dass man es dabei nicht einfach belassen konnte, ist einer von vielen Fehlern, die sich Rowling und die Drehbuchautoren hier geleistet haben.

Die Geschichte rund um den magiebegabten Credence Barebone mutet interessant an und könnte vielleicht für kommende Filme sehr spannend sein. Zumindest mag man sich dies noch denken, wenn man Teil 1 schaut und noch nicht die anderen beiden Teile gesehen hat. Colin Farrell als Graves (der eigentlich von Beginn an Grindelwald in einer anderen Gestalt ist) liefert eine solide Darstellung ab, die Figur und das Geheimnis hinter ihr, aber auch ihr Wert als Gegenspieler des Films, bleibt eher blass.

Und das hat sich für mich auch durch den gesamten Film gezogen. Ich habe damals das Screenplay vor dem Film gelesen und bis auf ganz wenige Details hat der Film das Drehbuch zu 100% umgesetzt. Dort gab es nicht mehr zu entdecken mit der Ausnahme einiger weniger Details zu Jacob. Mit anderen Worten bedeutet das für mich aber auch: Der Film plätschert zu häufig einfach so vor sich hin. Ein richtiges Momentum wird selten aufgebaut, die Charaktere bleiben alle flach. Von allen 3 Filmen hat Teil 1 noch das actionreichste Finale, was an sich schon unglaublich ist, dass die Reihe hier praktisch schon das gesamte Pulver verschossen hat. Und ein paar Sekunden bekommt man dann auch noch Johnny Depp als Grindelwald zu Gesicht, was man sich aber auch genau so gut hätte sparen können. Es war halt mal wieder so eine "Stecken wir Johnny in ein komisches Kostüm und packen etwas Make-Up drauf, färben ihm die Haare und schauen, was er daraus macht". Spoiler zu Teil 2: Er hat relativ wenig aus der Rolle gemacht, da Grindelwald für die restlichen beiden Teile viel mehr ein Plot-Device als ein vielschichtiger Charakter ist, der er eigentlich sein sollte. Da kann Johnny Depp nicht viel für, denn auch Mads Mikkelsen, der ihn in Teil 3 ersetzt hat, konnte der Rolle nicht viel mehr verleihen, auch, wenn er der Figur eine Eleganz verleiht, die Johnny Depp einfach nicht rüberbringen konnte. Aber auch Mads Mikkelsen ist kein richtiger Zauberer und kann eine Rolle nur so gut spielen, wie es die Autoren zulassen. Aber hier drifte ich nun etwas zu weit ab, denn zu den anderen beiden Teilen komme ich nun.



Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Einige Monate sind seit dem Vorfall des ersten Teils vergangen.

Von allen 3 Filmen vermutlich der Teil, der am meisten Story bietet und die meiste Substanz mit sich bringt, verliert Grindelwalds Verbrechen sich sehr schnell in über-komplizierte Subplots, die dadurch entstehen, dass man zu viele neue Charaktere in die Geschichte einbaut. Zeitgleich möchte man aber immer noch weitere Brücken zu Harry Potter schlagen. Teilweise, weil Rowling wohl wirklich vor hatte, hier einige Lücken zu schließen die in den Büchern und Filmen damals häufiger angesprochen wurden, teilweise aber auch einfach, um Nostalgiegefühle zu wecken. Es gibt ein Wiedersehen mit Hogwarts und ein paar bekannten Gesichtern wie einer jungen Minerva McGonagall. Ganz nett, aber ihr kurzer Auftritt ist nicht mehr als ein Gimmick. Solche Momente hat der Film oft. Der Film hat immer mal wieder Momente, wo der Zuschauer an Harry Potter erinnert werden soll und wenn es lediglich ein Name ist, der genannt wird wie zum Beispiel Leta Lestrange. Die wird doch bestimmt noch sehr wichtig für den Rest dieser Saga, so wie sie diesen Charakter aufbauen, oder? Seid nicht so ungeduldig und wartet mal das Ende des Films ab. Viel wichtiger aber: Der bereits jetzt legendäre Magier und Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, Albus Dumbledore, wird vorgestellt. Und da baut man erstmals die besagte Fehde und den Blutschwur zwischen Dumbledore und Grindelwald auf. Jude Law hat mir hier zu meiner Überraschung als Dumbledore ziemlich gut gefallen. Schauspielerisch kann man kaum wem vom Cast vorwerfen, nicht das allermeiste aus den Figuren rausgeholt zu haben. Erstmals wird aber auch mehr als eindeutig, dass Dumbledore von Grindelwald nicht nur fasziniert war, sondern sich auch in ihn verliebt hat. Dumbledores sexuelle Orientierung war aber auch schon lange vor den Filmen ein Thema, was man hier relativ behutsam, ohne aufgezwungen zu wirken, in die neuen Filme mit aufgenommen hat. Das größte Problem des Films selbst bleibt Grindelwald. Er bleibt blass, tritt kaum in Erscheinung. Warum wird Grindelwald so gefürchtet? Wir haben es hier mit einem der gefährlichsten dunklen Magier der Neuzeit zu tun und der Film selbst betitelt sich ja auch noch "Die Verbrechen von Grindelwald". Doch nur selten wirkt Johnny Depp als finsterer Zauberer furchteinflößend, wirkt mit seinen wasserstoffblonden Haaren und den verschiedenen Augenfarben eher befremdlich als böse.

Wie schon erwähnt verliert der Film sich in zu viele Sub-Plots. Natürlich baut man hier die Beziehung von Jacob und Queenie weiter aus, die hier zu einem tragischen Höhepunkt zum Ende des Films wird. In Vergessenheit gerät hier praktisch die komplette Charakterentwicklung von Credence, den man ja auch noch irgendwie im Film unterbringen musste und der dann irgendwie nach Teil 1 in Paris bei einer Zirkustruppe gelandet ist und sich, aus heiterem Himmel, mit einem Schlangenmaledictus namens Nagini angefreundet hat, die ebenfalls von dieser magischen Zirkustruppe als Attraktion missbraucht wird. Und hier muss man keine Bauklötzchen zählen um zu wissen, dass diese attraktive junge Frau einmal die Weggefährtin eines anderen, noch einmal deutlich gefährlichen dunklen Magiers, werden wird. Ein Charakter, der hier ebenfalls relevant und prominent aufgebaut wird, nur um in Teil 3 keinerlei Erwähnung mehr zu finden. Doch Credence ist das größere Problem. Was hat Rowling nur mit dem Jungen, hier gespielt von des in Kontroversen geratenen Ezra Miller, vor? Irgendwie muss man diese Figur doch sinnvoll in diese verstrickte Geschichte mit zu vielen Charakteren einbauen können. Und vielleicht haben J.K. Rowling und die Drehbuchautoren eine Lehrstunde bei J.J. Abrams (auch ein Zauberer, der gerne mit billigen Tricks arbeitet, um uns zu verzaubern, nur um von eigentlichen Schwächen abzulenken) genommen. Wenn Abrams aus Rey eine Palpatine machen kann, dann kann Rowling aus Credence auch einen Dumbledore machen. Als es Grindelwald endlich gelingt, das Vertrauen von Credence zu erlangen, offenbart dieser ihm in einem österreichischen Märchenschloss, Aurelius Dumbledore zu sein. Was hier nach einer geschickten Lüge und Manipulation seitens Grindelwald klingt, erweist sich im dritten Teil leider als ideenlose Realität.

Und irgendwo ist auch noch Newt am Start. Aber dessen Rolle ist in dem Film kaum von Bedeutung. Zwar möchte man seine Kindheitsfreundin Leta irgendwie als Love-Interest für ihn aufbauen (obwohl diese mit Newts Bruder Theseus verlobt ist und Newt eigentlich unsterblich in Tina, Queenies Schwester, verliebt ist), aber auch das will nicht so recht gelingen. Unter all den vielen Charakteren, die man größtenteils neu eingebaut hat, geht Newt irgendwie unter. Die Autoren wissen im gesamten Film nicht viel mit ihm anzufangen, obwohl er durchgehend präsent ist. Der Showdown, der mit einigen Überraschungen und dem Tod von Leta endet (den ihr Verlobter Theseus in Teil 3 schon wieder vergessen hat), verpufft beinahe als laues Lüftchen. Wurde in Teil 1 noch ein großes Spektakel zum Ende hin geboten, schwächelt Grindelwalds Verbrechen hier schon lange, bevor die Namen im Abspann über die Leinwand laufen.

Doch jetzt, wo Dumbledore endlich an das Objekt für den Blutschwur gekommen ist und diesen endlich brechen kann, steht einem epischen Kampf im dritten Film nichts mehr im Wege, oder? Oder?



Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse


Zeitlich ist der Film mittlerweile im Jahr 1932 angekommen, es ist also wirklich viel Zeit seit den Ereignissen des zweiten Teils vergangen. Dumbledores Geheimnisse wirft den Zuschauer relativ schonungslos in die Geschichte, indem wir mit ansehen müssen, wie ein mystisches chinesisches Wesen namens Qilin zwei Jungtiere gebärt und Newt aus genau diesem Anlass China besucht. Doch die Szene wird durch das auftauchen von Credence, der nur komplett Grindelwald verfallen ist, sowie seinen Schergen in ein Blutbad verwandelt, als die Mutter der Jungtiere ermordet wird und eines der Qilin-Babys von Credence entführt wird. Newt entdeckt bei der sterbenden Mutter aber, dass diese tatsächlich Zwillinge zur Welt gebracht hat. Hier darf dann in einer rührenden Szene auch endlich mal wieder Newt glänzen, der, nach wie vor, richtig gelungen von Eddie Redmayne gespielt wird. Die Qilin-Jungtiere werden zu einem wichtigen Plot-Device für so ziemlich den gesamten Film. Daher darf sich der Zuschauer dann auch drauf freuen, wenn Grindelwald, mittlerweile gespielt von Mads Mikkelsen, das gekidnappte Jungtier umbringt und später zu einem Zombie verzaubert. Das alles wird überraschend grafisch dargestellt, verfehlt seine Wirkung nicht und hätte ich, ehrlich gesagt, nicht gebraucht. Doch hier wird erstmals untermauert, wie skrupellos Grindelwald ist, auch, wenn seine Motivationen weiterhin schwer für uns greifbar sind, da die Filme ihn einfach nicht überzeugend aufgebaut haben. Mads Mikkelsen ist und bleibt für mich einer der herausragendsten Darsteller, die wir hier in Europa haben. In den großen Big Budget Produktionen verheizt man Mads Mikkelsen gerne als stereotypischen Bösewicht (Ausnahme ist hier noch Le Chiffre in Casino Royale, wo der Däne eine erinnerungswürdige Performance abgeliefert hat). Bei Dumbledores Geheimnisse durfte er sich etwas mehr entfalten, aber viel mehr als "Spiel ein bisschen die Rolle so, wie du Hannibal Lecter damals gespielt hast aber bitte als PG-13 Version" dürfte es als Regieanweisungen auf nicht gegeben haben. Ja, Mads Mikkelsen verleiht dem Charakter deutlich mehr Tiefe als Johnny Depp dazu in der Lage war. Auch wirkt Grindelwald gerissener und furchteinflößender, als es noch im Vorgänger der Fall war. Aber man darf sich auch hier keine Illusionen machen, die Beweggründe für Grindelwalds Handlungen sind schwer greifbar und die komplette Beziehung zu Dumbledore hat man auch nie ordentlich aufgebaut. Da helfen kleine Mini-Montagen aus der Jugend beider mächtiger Zauberer auch nicht weiter. Alleine daraus hätte man vermutlich eine Mini-Serie machen können. Aber die Probleme hatten bereits die Harry Potter Filme, wichtige Schlüsselmomente aus dem Buch, massiv wichtige Kapitel also, zu kleinen Mini-Montagen umzubauen.

Doch davon abgesehen hat mich die erste Filmhälfte ziemlich begeistert. Besonders in dem Moment, als es für die Charaktere nach  nach Berlin ging (wo dann auch Oliver Masucci als ICW-Obermotz Anton Vogel in Erscheinung tritt), war ich ein wenig an einen echten Spielberg-Blockbuster (als er noch solche gemacht hat) erinnert. Alles im Film ist pompös in Szene gesetzt und man bekommt auch mal einen besseren Einblick auf das Innenleben der Magiewelt. Zumindest etwas mehr, als man es bei Newts Abenteuer in den USA geschafft hat, uns diese Welt außerhalb von Hogwarts mal näher zu bringen. Das war ne lange Zeit gutes, solides Blockbuster-Kino. Doch ich wurde hier, ohne es zu merken, verzaubert. Nicht von J.J. Abrams sondern von J.K. Rowling und David Yates Ich habe mich von der Optik und Inszenierung ködern lassen. Was in Wahrheit nur darüber hinwegtäuschen soll, dass der Film eigentlich keine wirkliche Story, einen Plot, interessante Charaktere und ein echtes Ziel besitzt. Aber wir können uns ja noch immer auf einen epischen Showdown zwischen Dumbledore und Grindelwald freuen.

Am meisten Charakterentwicklung ist einmal mehr von Jacob zu sehen. Der einstige Comic-Relief-Charakter formt sich immer weiter zu einem heimlichen Helden. Dumbledores Pläne, die Charaktere durch die Weltgeschichte zu schicken ergeben keinen Sinn mit Ausnahme der geklonten Koffer, nehmen aber einen großen Platz der Handlung ein. Irgendwo will man dann auch noch die Brücke zwischen Albus und seinem Bruder Aberforth (der hier richtig gut von Richard Coyle gespielt wird) schlagen, ein Verhältnis, welches sich im letzten Harry Potter Buch und Film als deutlich kompliziert erwies. Aber kaum etwas davon wird irgendwie befriedigend oder zufriedenstellend in Szene gesetzt oder aufgelöst. Der Film wirkt besonders in den Szenen zwischen den beiden Dumbledore-Brüdern, als würden ganze Handlungsstränge fehlen, einfach aus dem Film geschnitten sein und es gibt diesmal keine Bücher, wo man diese verlorenen Handlungsstränge nachschlagen kann.

Und somit steuert der Film dann auch schon auf den Höhepunkt in Butan zu, wo sich unglaubliche Dinge ereignen. Grindelwald wurde von Anton Vogel in allen ihm zur Last gelegten Verbrechen frei gesprochen. Damit kommt Grindelwald seinem Ziel näher und kann nun selbst für den Vorsitz im ICW kandidieren. Leider wird dem Zuschauer ein detailreicherer Einblick in die politischen Machtverhältnisse der Magiewelt verwehrt, so, dass es ziemlich schwer für uns greifbar ist, wie diese Wahl genau abläuft und wie viel Macht dieser Vorsitzende bei seiner Ernennung dann tatsächlich auch besitzt. Da kommt dann das Qilin ins Spiel, was über magische Vorhersehung verfügt. Das Qilin entscheidet darüber, wer dieses Amt bekleiden darf. So verbeugt sich das Geschöpf vor der reinsten anwesenden Person, etwas, wie wir vorher im Film von Lally erklärt bekommen, ein äußerst seltenes Ereignis ist und schon lange nicht mehr passiert ist. Was den Ereignissen im Finale widerspricht. Niemand der Anwesenden wäre so rein, dass sich ein Qilin vor ihnen verbeugen würde. Zumindest habe ich das so verstanden, aber, wie erwähnt, die Filme haben sich nie besonders Mühe gegeben, irgendwas genauer zu erklären und hier haben wir kein 800 Seiten dickes Buch von Rowling, die diesen Details mehrere Kapitel widmen können. Hier kommt dann das geopferte Qilin von Grindelwald wieder zurück in die Handlung, welches er kurz vorher durch dunklen Zauber zurück ins Leben geholt, obwohl das Geschöpf nur noch eine leblose, manipulierte Hülle ist, die nach Grindelwalds Willen agiert. Er hat es von Anfang an so geplant und dafür brauchte er das magische Geschöpf.

In Butan fliegt der Schwindel dann aber überraschend schnell auf und Grindelwald und der korrupte Anton Vogel fliegen auf, als die Zwillingschwester des Qilin aus Newts Koffer gehüpft kommt (ich werde nun nicht auf das komplizierte Verwirrspiel mit den Koffern eingehen). Die Wahl wird wiederholt und dann tut das Qilin etwas, was absolut keinen Sinn ergibt und verbeugt sich vor Dumbledore. Da hätte ich es dem Film noch eher abgekauft, dass es sich vor den einzigen beiden wirklich reinen Seelen verbeugt, was entweder Newt oder Jacob wären. Jeder andere, erst recht Dumbledore und die Magie-Politiker, haben erstaunlich viel Dreck am stecken oder dunkle Geheimnisse. Alleine Dumbledores mehr als fragwürdige Vergangenheit in der Jugend mit Grindelwald würden ihn komplett diskqualifizieren, dass ein so magisches, heiliges Geschöpf ihn auswählen würde.

Aber das spielt ja auch keine Rolle, denn nun werden sich Dumbledore und Grindelwald endlich in einem längst überfälligen Kampf duellieren. Aber diesen Kampf gibt es nicht. Es gibt erneut eine Mini-Montage, die ein paar Sekunden andauert und es gibt einen kurzen Schlagabtausch der beiden mächtigen Zauberer.

Und Credence? Ja, der taucht auch noch auf und bestätigt noch einmal, dass Grindelwald alle hinter's Licht geführt hat. Irgendwie verkauft man uns dann auch noch, dass Credence, nun bekannt als Aurelius Dumbledore, der einzige Sohn von Aberforth Dumbledore ist, was dieser anscheinend schon lange wusste aber es ihn einfach nicht..... interessierte? Teil 2 hat hier irgendwas versucht aufzubauen, vielleicht müsste ich den Film noch einmal schauen, um dahinter zu kommen.

Je länger der Film andauerte, desto mehr verwandelte dieser sich in eine narrative Vollkatastrophe. Dass nach diesem erzählerischen Offenbarungseid bei einer Geschichte, die eigentlich eine menge Potential besitzt, die Leute hier nicht mehr nach zwei weiteren Fortsetzungen schreien, dürfte auch klar sein. Einen finalen Showdown zwischen Dumbledore und Grindelwald hat man wohl für einen weiteren Teil geplant. Somit enden Dumbledores Geheimnisse erneut, wie der Vorgänger, als Knallfrosch.

Am Ende kommt dann wenigstens die Main-Storyline zu einem glücklichen Ende. Jacob und Queenie finden endlich zueinander und heiraten. Tina, die man größtenteils aus dem Film geschrieben hat und man in den letzten Minuten von Teil 3 nochmal hergezaubert hat, ignoriert den vor sich dahin schmachtenden Newt fast komplett und somit geht auch die eigentlich ganz süße Beziehung, die sich in Teil 1 und Teil 2 anbahnte, den Bach hinunter.


Alle 3 Filme stehen sinnbildlich dafür, wofür viele neue Filme stehen, die auf mehrere Teile ausgelegt sind: Eine klare Vision und Richtung, in die eine Geschichte verläuft. Die gesamte Trilogie baut Plots auf, die zu nichts führen, führt Charaktere ein, die kurze Zeit später keine Rolle mehr spielen und baut Schicksale auf, die ebenfalls in zahlreiche Plot-Sackgassen führen. Die Rechnung wird am Ende gezahlt. Warner ist es nicht zu verübeln, die Reihe nicht fortzuführen. Und ich halte es für unwahrscheinlich, dass das je der Fall sein wird. Je nachdem, wie gut sich Rowlings Wizarding World als TV-Serie macht mit Harry Potter, könnte noch Hoffnung bestehen, die einstigen Ideen für die verbliebenen zwei Filme zu Phantastische Tierwesen irgendwie in einer TV-Serien, vielleicht einem Spin-Off, unterzubringen. Aber all zu große Hoffnungen sollte man sich da nicht machen. Die Chance hat man dann vielleicht auch bereits in insgesamt 3 Filmen sensationell verspielt.